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Nordmende Carmen
#1
Ich will einmal ein außergewöhnliches Radio vorstellen - ein Nordmende Carmen in der"Ur-Version" von 1953.
Was ist daran außergewöhnlich? Nun, für MICH ist daran außergewöhnlich, daß das ein Radio ist, über das normalerweise niemand berichten würde, weil es so gewöhnlich ist. Also ICH würde blind daran vorbeilaufen, wenn es nicht gerade auf dem Müll stünde und rufen würde "nimm mich bitte mit".
Interessant ist das Radio mMn allenfalls für Menschen, die den Namen mit ihm teilen. Und genau deswegen habe ich auch viele Stunden in das Radio investiert bis es jetzt wieder wohnzimmertauglich ist. EIGENTLICH sollte meine Schwiegermutter (ratet, wie sie heißt..) es zum Geburtstag bekommen. Da hab ich es dann allerdings geschafft, die so gut wie fertige, schön gelungene Schellack-Politur im letzten Poliergang dermaßen zu zerstören, daß ich alles abschleifen und von vorn beginnen konnte Smiley19
Gut, nicht zuletzt sollte das Radio für mich auch "Übungsobkjekt" sein, gerade in Bezug auf's Gehäuse-Finish - also konnte ich gleich zweimal üben - SUPER...
Dann halt eben nicht Geburtstag, es gibt ja auch noch Weihnachten.

Über die technische Überholung gibt's nicht viel besonderes zu erzählen.
Zu Anfang ging mal GARNICHTS, schnell hatte ich aber raus, daß der Trafo primärseitig keinen Durchgang hatte. Hab am Anschlußdrähtchen gezogen und hatte es ohne Widerstand zu spüren in der Hand. Mist. Allerdings, Glück im Unglück, daß jemand das Radio schon auf 240V gestellt hatte. Der 220V Anschluß war noch völlig intakt, also kurzerhand den genommen. Danach kam zumindest mal "Leben", aber nicht lange und nicht gut. Der Siebelko hatte schon vorher optisch deutlich signalisiert, daß er gerne gewechselt würde, das war schon erledigt. Die deutlich über handwarm werdende (autsch, heiss) Selensäule wollte aber auch noch getauscht werden. Bevor sie anfangen konnte zu stinken, hab ich sie kurzerhand durch eine Silizium-Brücke neuer Bauart ersetzt. In Verbindung mit der gezwungenermaßen 220V-Einstellung gibt das ordentlich "Bumms" in der Anodenspannung: Primärseitig am AÜ 303V. Grenzwertig für ein Eintakt-Gerät, aber ich bin da ja schmerzfrei. 50er Jahre Geräte müssen das ab können und die EL84 ist ja auch nicht gerade als "Sensibelchen" bekannt, eher als der "2N3055" unter den Röhren Wink
Immerhin leuchtet die EM34 durch die leicht erhöhte Spannung so stark, daß sie gut zu erkennen ist solange nicht die Sonne direkt drauf scheint - also erspare ich mir den Tausch gegen die "Russin".
Entgegen meiner Gewohnheit habe ich bei diesem Gerät alle Kondensatoren getauscht (schließlich sollte das Radio "raus"), 3 "vergammelte" Röhren getauscht (zum Glück hab ich ein paar EC92 auf Vorrat, NOCHMAL danke an Jean), grob auf FM nach Gehör + Multimeter am Ratio abgeglichen et voilà: Spielt wie ne eins.
AM geht ohnehin nicht, WENN, dann wird das Radio UKW spielen, also stört mich das in diesem Fall auch null und ich hab den Fehler nichtmal ansatzweise gesucht, für sowas sind AM-Radios da. Schlagt mich...

Zum Abschluß das Chassis blitzblank geputzt, das war zum Glück kein größeres Problem. Kein Raucherradio und auch kein Rost - selten sowas Smile

Das Gehäuse war da schon deutlich widerspenstiger. Vorsichtshalber die Schallwand ausgebaut, die sollte ja nicht leiden. Der Messing Zierrahmen ging leider nicht problemlos ab und mit Gewalt wollte ich es nicht versuchen, also blieb er dran. Was ich dann später gelernt hab: DAS ist ein Elend, da drumrum ne Ballenpolitur zu machen, ich kann Euch sagen...
Die Reste an Altlack nach Andreas' bewährter Verdünner-Methode abgewischt und das Gehäuse mit feinem Schmier-Gel [sic] behandelt. Zierstreifen sind auflackiert oder geklebt, die mußten leider dran glauben Sad
Ergo, mit Tesafilm die entsprechenden Stellen beidseitig abgeklebt und mit Lackstift neue Zierstreifen aufgebracht - das ging wunderhübsch. Mit dem Pinsel die erste Schicht Schellack zum grundieren drauf und SCH......ade, der Lackstift ist offensichtlich alkohol-löslich. Die folgenden nicht-jugendfreien Passagen erspare ich Euch. Immerhin, wieder was gelernt, alles wieder abgeschliffen und -gelöst, neuen Tesa drauf und mit dem Pinsel Goldlack aus der Sprühdose aufgetragen. Hat natürlich nicht GANZ so toll geklappt wie vorher (war ja klar) aber gut genug. Zumindest war DER Lack jetzt alkohol-beständig, gottseidank. Nach schier unendlich vielen Poliervorgängen (doppelt so viele als nötig gewesen wäre, s.o.) bleibt das Radio jetzt wie es ist.

Schnell die Schallwand wieder rein und das Gerät verheiratet - nicht ohne Schrauben zusammensuchen zu müssen (Ich tue die Kleinteile eines Radios immer extra alle zusammen in eine Dose, bloß wenn man DIE dann im Chaos nicht mehr findet, dann ist doof...)
Nach langem Suchen sogar Bodenpappe und Rückwand wieder gefunden und das Radio in die gute Stube zum probelaufen und "gutheissen durch die Frau" getragen. Auf dem Eßtisch nochmal einen Nachabgleich durchgeführt und bei der Gelegenheit gerade noch daran gedacht, den Anschluß für den 7000Ohm Lautsprecher abzukleben - Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Immerhin liegen da ja auch die vollen 300V an - autsch.
Tja, hätte ich nie gedacht, daß ich mal SO viel Mühe in ein Carmen stecke, aber jetzt ist alles zusammen und morgen steht das Gerät dann unter dem Baum Smile

   
   

PS: Bilder von innen hab ich gerade keine Sad
Gruß,
Uli
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#2
Klasse, Uli Smile

"Besonders" ist ja immer SEHR relativ. Mir egal jedenfalls, ich finde dieses Radio wunderschön,
und wenn es auch so gut spielt wie es aussieht => HERZLiCHEN GLüCKWUNSCH Smiley53

Mir gefällt's (sehr gut) Thumbs_up

Beste Grüße, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#3
Hi Uli,
sehr schönes Exemplar, schon das zweite in der Runde. Wink

http://radio-bastler.de/forum/showthread...ght=carmen
Viele Grüße 
Philipp
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#4
Jo, aber DU hast Dir das freiwillig angetan Wink
Ich hätte hier EIGENTLICH noch ein paar dutzend Radios stehen, die ich viel lieber machen würde als ein Carmen. Aber was tut man nicht alles...

Peter: Danke für die Blumen.
SCHÖN isses ja, aber das sind soooo viele Radios! Von denen spielen allerdings auch viele (Prinzip bedingt) deutlich besser als dieses oder irgendein Carmen. Darum bevorzuge ich die dann, wenn ich die (Aus)wahl habe, Und die habe ich...
Gruß,
Uli
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#5
Sehr hübsch kommt sie jetzt daher, die flotte Carmen! Man könnte sagen, sie ist eine Landpommeranze, ohne den besonderen Flair der Damen des Hochadels. Aber wir wissen doch Alle: Die einfachen Menschen sind meist die Besten!

Prima gemacht, Schwiegermutti wird sich bestimmt freuen.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#6
Ja ich glaube da wird sich Carmen freuen wenn sie Carmen sieht Smiley58

Wieso Uli hast du die Politur verschissen?? Möchtest du uns aufklären, ich muß das auch noch Probieren, deshalb frage ich und möchte die Fehler anderer nutzen um nicht den gleichen zu machen. Danke.
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#7
Hallo Uli

Nun mach das Gerät mal nicht so runter: UKW Teil mit 2 x EC92, Bandbreite schaltbar, Kurzwellenlupe - das ist doch schon mal eine Ansage.

Im Ernst: die machen trotz nur einem Lautsprecher Freude, wenn wieder in Stand gestellt.

Viele Grüsse, Walter
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#8
Hallo Uli,

das ist doch ein schönes und originelles Weihnachtsgeschenk. Nicht eben High-Tech aber schon alltagstauglich.

Die 7 kOhm Lautsprecher klemme ich übrigens immer ab und schließe die Buchse stattdessen an den Niederohm-Ausgang des AÜ (parallel zum Lautsprecher) an. Irgendjemand reißt doch wieder den Aufkleber ab und benutzt den "Falschen Ausgang".

Schöne Weihnachten
Günther
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#9
Hallo Uli,

was sehen meine entzündeten Augen... Wir hatten ja schon darüber gesprochen. Da hast Du aber eine schöne Arbeit abgeliefert. Hast eben im Sommer schön aufgepaßt. Ich bin da richtig stolz auf Dich!

Ich denke, Carmen wird sich über die Carmen sehr freuen.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#10
Ja, die Carmen freut sich.
Die schaltbare Bandbreite hat glaube ich nur das Nachfolgemodell. Die hier hat noch nicht einmal eine Ferritantenne! Und 2 EC92 sind auch nicht besser
als 1 ECC85...
Die Abklebung habe ich großzügig direkt auf dem Chassis, also durch die Rückwand abgedeckt, angebracht. Wird schon halten Smile
Dietmar, die Politur zerstören geht ganz einfach, indem man zu lange mit zu viel Politur im Ballen auf der fast fertigen Fläche poliert. Insbesondere wenn man dem ganzen evtl noch zu wenig Zeit zum trocknen gegeben hat. Dann löst man den Schellack wieder an und rubbelt ihn weg. Blöde Sache. Welche der Faktoren bei mir zum Tragen kamen bzw ausschlaggebend waren kann ich nicht mit Sicherheit sagen. In diesem Fall ist weniger mal wieder mehr. Das einzige was man zur Not reichlich benutzen darf ist offensichtlich das Polieröl Smile


Bzgl Bandbreite: Edit meint, ich sei blind und Recht hat sie!
Ich hab gar nicht richtig auf den Tastensatz geschaut, DA kann man die Bandbreite umstellen.
Ich kenne es vom Nachfolgemodell als Zugschalter am LS-Poti, als dieser nicht vorhanden war hab ich nicht weiter gesucht. Und beim Basteln war natürlich die Scheibe ab, so daß das auch nicht ins Auge gefallen ist...
Gruß,
Uli
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#11
Danke Uli, da ist das so wie beim Sprühdosen Lackieren, da meinst du hier fehlt noch ein bischen Farbe und schon läuft die Brühe Smiley53
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#12
Hallo Dietmar,

nein, ganz so ist das nicht. Was ich im Sommer nicht so demonstrieren konnte ist die Abschlußlackierung. Ich hatte dem Uli schon am Telefon gesagt. Man kann einige Aufträge in einem Gang machen. Durch das mit verwendete Polieröl geht auch mehr, als wenn man so auftragen würde. Nur irgendwann ist der gesamte Auftrag zu dick. Folge, der Ballen zieht den frisch aufgetragenen Schellack auf und entstehen tiefe Riefen. Das Resultat ist dann, dass man noch einmal anfangen muss. Das ist natürlich ärgerlich. Also, nicht zu viel machen. Immer mal aufhören. Was denkst Du wohl, warum ich bei mir im Keller immer das Bier bereit stehen habe?Big Grin
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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