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Projekt "Das hässliche Entlein"
#1
Hallo Radiofreunde,

die Idee spukte eigentlich schon seit längerer Zeit in meinen krausen Gehirnwindungen, aber nachdem nun 2500 NOS-Röhren - vorwiegend für die TV-Technik - zu mir fanden, reifte es langsam heran: "Das hässliche Entlein" - so der Projektname - sollte ein möglichst abgeranztes Radio sein, was eigentlich wegen des äußeren Zustandes niemand so recht haben möchte, ein Allerweltsgerät ohne nennenswerten Sammlerwert. Kosten sollte es auch nach Möglichkeit nicht viel, denn es sollte ja von vorn herein daran "gebastelt" werden bis die Heide wackelt, gegebenenfalls auch in der Schlachtkiste landen, falls das Projekt floppt.

Ach ja - die Puritaner mögen mir die nachfolgend dokumentierte Gewalttat an dem Radio bitte nachsehen. Es ist ja nicht kaputt - nur "anders" Angel Wer das nicht verkraften sollte, dem empfehle ich jetzt einen anderen Sender....Smiley59

Letzte Woche Sonntag in Münchweiler dann bei herrlichstem Wetter schlenderte ich über den Museumsflohmarkt und nahm zunächst einen SABA mit EL12-Endstufe ins Visier. Ganz nett - dachte ich mir so. Falls ich nichts Anderes finden sollte...
Dann aber stolperte ich fast über diesen Sonra "Erfurt II". Hmm, ein Allströmer, aber mit zwei ZF-Stufen und viel Platz auf dem Chassis sowie im Gehäuse. Preislich wurden wir uns schnell einig, für 30€ wechselte das Radio seinen Platz, hinein in den Kofferraum meiner LuxuslimoAngel

Daheim angekommen wurde das Gerät zunächst einmal grob vom Staub der Jahrzehnte befreit, ein erster prüfender Blick.... - ohhh, gefühlte 1000 Papierkondensatoren müssen einfach raus und neu. Wie sehr ich damit richtig lag, bewies mir mein selbstgestrickter Isolationstester. Nicht ein einziger Kondensator war noch "dicht".
       
Nach dieser Kur spielte das Radio, sogar recht ordentlich! Respekt, was die Leute "drüben" auf den Markt gebracht haben, das braucht sich ganz gewiss nicht zu versteckenSmiley14

Sooo, und nun sollte die "Metamorphose" beginnen. Mit diesem Projekt möchte ich nämlich beweisen, dass man mit ein wenig Talent und Geschick ein Radio durch den Umbau auf Fernsehröhren (0,3A Serienheizung) recht bemerkenswert leistungssteigern kann.

Die ursprüngliche Bestückung:
UCC85; UCH81; UF89; UBF89; UABC80; UL84; UM80
Als Gleichrichter war hier schon eine Siliziumdiode verbaut worden, vermutlich aber erst bei einer Reparatur. Damit war für mich das Gerät eh schon "verbastelt", heheheSmiley34

Als neue Röhrenbestückung sollte zum Einsatz kommen:
PCC85; ECH84; EF183; EF184; PABC80, PL508 - das Magische Fächer sollte beibehalten werden.

Begonnen wurde mit der Endstufe. Nach der Änderung auf eine Magnovalfassung und Neuberechnung des Kathodenwiderstandes hörte sich das schon sehr viel besser an. Die PL508 hat gegenüber der UL84 einfach "den längerem Atem". Impulsartige Spitzen werden jetzt bei größerer Lautstärke deutlich besser wiedergegeben. Die Kiste hat jetzt richtig "Bumms"...

Der ZF-Teil war das nächste Ziel. Mit zwei Spanngitterpenthoden sollte sich die Empfindlichkeit spürbar steigern lassen...
Mit der höheren Empfindlichkeit ging allerdings auch eine ungewollte Instabilität Richtung Selbsterregung einher. Das führte dazu, dass die zunächst angedachte EF184 in der zweiten ZF ebenfalls mit einer EF183 getauscht wurde. Als weitere Maßnahme verringerten größere Schirmgitterwiderstände die Schwingneigung. Da die Röhren andere Systemkapazitäten als die Originale aufweisen, musste der ZF-Zug auch noch komplett abgeglichen werden.

Die ECH84 wurde nach einem fehlgeschlagenen Versuch wieder in die Kiste zurück gelegt, aber eine ECH83 (ja, richtig gelesen) erwies sich als tauglich. Diese Röhre sollte ja für Autorradios entwickelt worden sein, ich finde die allerdings auch sehr oft in Fernsehgeräten in der Synchrontrennstufe. Und irgendwie benimmt sich die '83 auf dem RPG exakt wie eine '81. Seltsam, oder?
Nach einem kompletten Abgleich konnte ich mich zufrieden zurück lehnen. Die Kiste geht ja ab wie Schmids Katze...Smiley58

Die nächste Herausforderung war das Netzteil. Das Gerät sollte keinesfalls ein Allströmer bleiben. Ein "richtiger" Netztrafo musste her. In der Bastelkiste fand sich eine adäquate Basis, die "nur" andere Sekundärwicklungen brauchte. Also, schnell einmal berechnet, was so gebraucht wird. Der Heizkreis wurde dazu ebenfalls etwas anders aufgeteilt.
Einen Netztrafo wickeln ist eine Arbeit für Jemanden, der "Vadda und Mudda erschlagen hat". Aber er sollte ja auch ordentlich ausschauen und gut dimensioniert sein. Nun begann der letzte Akt der Verwandlung...
       
Das Netzteil wurde schaltungstechnisch weitestgehend beibehalten, allerdings mussten Lade- und Siebelkos (alle noch in hervorragendem Zustand!), sowie die Siebwiderstände von ihrer Originalposition weichen, damit für den Trafo Platz geschaffen werden konnte. Ein kompletter Haltewinkel wurde dabei überflüssig und entfernt.
Nun konnte der Trafo am Chassis befestigt und verdrahtet werden. Der erste Test - ein Heiztest - verlief positiv, alle Heizspannungen erreichten die Sollwerte, bis hierher hat also die Berechnung schonmal gepasst...
Nun kam der Anodenspannungsgleichrichter ins Spiel. Die vorgefundene Si-Diode wurde nach Anbringen zweier zusätzlicher Lötösen am Trafo plaziert. Die Messung der Anodenspannung verlief dann wie erwartet, das Radio lebte voll auf.
       
Zu guter Letzt wurden Chassis und Gehäuse wieder miteinander "verheiratet".

Wer weiß? Vielleicht wird ja aus dem "Hässlichen Entlein" doch am Ende noch der wunderschöne Schwan... Dietmar??Wink
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#2
Tolles Projekt (insbesondere da viele Stadardröhren immer seltener werden) und sehr schöner Bericht!

Dabei finde ich das Radio ganz hübsch, also doch mehr Schwan als Ente Wink
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#3
Herby Du bist verrückt!! Smiley14 Nur schade das ich jetzt die schöne Schallwand mit dem originalen Stoff nicht für meinen Erfurt 2 bekommen kann! Smiley18

   
Freundliche Grüße
und
guten Empfang
Hennes

Guten Empfang gibt es nur mit genügend Lötzinn auf der Rolle!
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#4
Hochinteressante Idee, super geschrieben und interessant gemacht. Solche Beiträge könnte ich immer lesen Big Grin

Bin mal gespannt, wie das Teil in natura aussieht...
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#5
Ich kannte das Projekt ja schon von meinem Besuch Mitte dieser Woche bei Herbert. Dennoch: beeindruckend ! Smiley32

Und sehr schön geschrieben, man fiebert förmlich einer Fortsetzung (?) der Story entgegen.

Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#6
Ein wirklich schönes Projekt, meinen Respekt!

Eine Frage habe ich aber noch, warum PCC 85, wäre die PCC 88 nicht die bessere Wahl gewesen?

Beste Grüße
Peter
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#7
Ja mein lieber Schwan, ich weiß jetzt nicht Herby wie ich dir helfen kann. Das sieht doch weitestgehend OK aus. Naja der Stoff, mmmh irgendwie mmmh trotz Fleck gefiel mir der alte besser...
Bilder von dem Deckel und der Seite haben wir noch nicht gesehen, da ist gewiß der Hund begraben....
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#8
Hallo allerseits,

zunächst einmal ein dickes Dankeschön für die netten Worte zu dem ProjektSmiley34

Tja - in der Gehäuseoberseite liegt in der Tat der Hund begraben. Die ist halt ganz schön vermackt und verdellert. Das müsste eben richtig etwas dran getan werden. Der LS-Stoff muss auch gereinigt werden, scheint so, als hätte das Radio lange Zeit bei Rauchern gestanden.

Warum keine PCC88? Nun - als Erstes einmal drückte die Zeit etwas, das Radio sollte heute in Linsengericht auf der Radiobörse vorführfähig sein. Den UKW-Tuner hätte ich bis dahin nicht mehr geschafft zu modifizieren. Aber das kann ja noch werden - schaun mer mal. Das ist aber schon ein tieferer Eingriff, denn es muss die Anodenspannung angepasst und die Störstrahlungsneutralisation eingestellt werden. Dann muss mit einer Verschiebung des ganzen Bandes nach unten gerechnet werden, da die PCC88 etwas höhere Kapazitätswerte als die PCC85 hat. Also wird auch noch ein kompletter Tunerabgleich notwendig.
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#9
Hallo Herby Smile

Respekt, tolle Sache, wo Du Dich da rangetraut hast, find' ich echt cool!
Und das Radio gefällt mir sowieso richtig gut.

Beste Grüße, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#10
Ja dann Herby, mach mal Bilder der verdellten Geschichte, ich schaue mir es an oder Gehäuse zu mir, aber Zeit brauche ichSmiley14
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#11
Dem Wunsche komme ich gerne nach....

   
   
   

Schaut schon schlimm aus, wie ich meine...Smiley19 (Und das sind nur bösesten Macken...)

Ach... - wäre schon schön, wenn man das wieder hin bekäme... Angel
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#12
Hallo Herby,
Vielen Dank für diesen tollen Bericht. Umbauten solcher Art sind das interessante an unserem Hobby.
Da hoffe ich ich, das mit der Gehäuseüberholung, das ganze die Krönung bekommt. Thumbs_up
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#13
Wenn das Furnier noch ganz ist: Ab mit dem Lack und versuchen, was sich mit Wasser und Bügeleisen retten lässt.
Ansonsten halt neu furnieren. Ist doch kein Problem. Also.. für MICH schon, für Dich sicher nicht Wink
Gruß,
Uli
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#14
Sehr geil, Herbert!
Viele Grüße, Mark

Radioten aller Länder, vereinigt euch!
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