Liebe Freunde,
vor mehr als 5 Jahren hat hier ein früheres RBF - Mitglied mit dem Benutzernamen "AXEL" einen wunderschönen Bericht zur Restauration eines Telefunken D860WK geschrieben, bis dann am 9.2.2016 sein letzter Beitrag zu diesem Thema erschien. Seitdem ist hier nichts mehr passiert und AXEL erscheint nur noch als Gast.
WIRKLICH SCHADE!
Seit 4 Jahren besitze ich nämlich so ein Gerät und ein Erfahrungsaustausch wäre wirklich hilfreich. Ich habe mich entschlossen keinen neuen Thread zu beginnen, sondern meine speziellen Arbeiten in den ursprünglichen Thread einfließen zu lassen. Ich denke, dass dies im Interesse aller Mitglieder ist. Immerhin handelt es sich um das gleiche Gerätemodell und es wäre ja unsinnig, wenn man an 2 Stellen nach Informationen suchen sollte.
Hier zunächst ein Bild von meinem Gerät im Fundzustand. Es stand damals im Regal und Details sind nicht so genau erkennbar - aber eine Gesamtansicht des Gerätes findet man ja in den früher von Axel eingestellten Bildern, ebenso wie unter dem
Modell D860WK in RMorg.
Und so wüst sieht es in meiner Werkstatt aus, wenn das Riesentrumm in Arbeit ist:
Das Gehäuse sieht eigentlich ganz manierlich aus und das war auch der Grund warum ich das Gerät damals für einen für meine Verhältnisse hohen Preis von der Witwe eines verstorbenen Radiosammlers hier in der Gegend erstanden hatte.
Was schon damals ins Auge fiel, waren 2 deutliche Druckstellen im Furnier. Inzwischen habe ich die übrigens mit Hilfe von Möbelwachs ganz gut kaschieren können. Einige abgeplatzte Stellen in der Lackierung erschienen mir nicht so schlimm. In der ersten Verliebtheit schaut man eben über vieles hinweg.
Hier mal zu den offensichtlichen Schwachstellen:
- Kein Empfang, aber starkes Brummen... immerhin, der Lautsprecher funktionierte.
- Die EM11 war vollkommen tot
- Der Skalenzeiger hing fest.
Aber solche Kleinigkeiten entmutigen einen ja nicht.
Also wurde das Chassis ausgebaut und zunächst nach der Ursache des Brummens geforscht.
Vor dem Entfernen das Chassis muss man - wie schön öfter bemerkt - den Skalenzeiger vom Skalenseilzug lösen. Eine unangenehme Arbeit, die nur mit Hilfe eines langen 5,5 mm Steckschlüssels und viel Geduld gelingt.
Dann müssen noch viele Drähte abgelötet werden, die von den Skalenbereichslampen und den seitlichen Umschaltern an eine Lötösenleiste unter dem Chassis führen. Die Drähte sollte man tunlichst vorher farblich markieren, sonst gibt es später Tränen!
Hier einige Bilder des Chassis, die ich übrigens auch bei RMorg unter dem Modell hochgeladen habe.
Der Grund für den immensen Brumm war schnell gefunden: Es waren die tauben Netzelkos, die dann neu befüllt wurden. Und schon funktionierte das Radio!
So weit war auch Axel in seiner Funktionsbeschreibung gediehen. Aber zwischen Funktionieren und Funktionieren können eben doch noch viele Stunden Arbeit liegen.
Natürlich wurden im nächsten Arbeitsgang die ganzen Rollenkondensatoren neu befüllt. Das Radio funktionierte immer besser, nur stimmte die Skaleneichung überhaupt nicht. Jetzt wurde es unangenehm.
Die Oszillatorkreise
Beim Betrachten der Verdrahtung fällt ja diese Spulen - Kondensatorplatte ins Auge:
Hier sieht man die Paralleltrimmer der 3 Oszillatorkreise Pos. Nr. 57, 58 und 59 sowie den Paralleltrimmer in der Abstimmung der Feststationstasten Pos. Nr. 146. Hierzu das entsprechende Schaltbild.
Bei Wahl der Feststationstasten (nur für MW und LW!) wird übrigens die HF - Vorverstärkung mit der EF13 übersprungen. Bei der Feststationsoption geht man davon aus, dass hier starke Regionalsender empfangen werden - da benötigt man keine Vorverstärkung.
Diese unschuldig aussehenden 4 Trimmkondensatoren waren ALLE defekt. Unglücklicherweise war nicht nur die Kontaktierung der Stellschraube mit der Metallisierung des Rotors unterbrochen, sondern die "Metallisierung" war auch überhaupt nicht mehr metallisch leitend. Nun kennt man das ja schon und weiß, dass man hier mit Leitsilber den Rotorsektor nachmalen und mit der Schraube kontaktieren kann. Hatte ich
hier und
hier schon mal beschrieben.
Nein, es war noch viel übler. Die Nieten des Stators hatten auch keinen Kontakt mehr mit der Stator - Metallisierung. Witzig, oder? Vermutlich war auch die Statormetalisierung weg - oxidiert.
Da half nur noch der Einbau neuer Trimmkondensatoren. Glücklicherweise hatte ich ganz ähnliche im Fundus. So sah das hinterher aus:
Die beiden vertikal in der Pertinaxplatte stehenden keramischen Töpfchen-Kondensatoren des Hersteller HESCHO sind übrigens noch intakt und innerhalb weniger Prozent werthaltig
Die in den Abschirmbechern sitzenden Paralleltrimmer der Vor- und Zwischenkreise habe ich bisjetzt noch garnicht überprüft. Diese Arbeit steht also noch aus. Allerdings habe ich hier schon einmal einen Gleichlaufabgleich mit dem Oszillator vorgenommen und der ergab zufriendenstellede Resultate. Also scheinen die dort verbauten Trimmkondensatoren noch in Ordnung zu sein.
An diesem Punkt der Reparaturarbeiten könnte man also feststellen, dass das Gerät wieder funktionierte... und zwar mit ganz hervorragender Empfindlichkeit, vor allem auf dem KW - Bereich, wo sich aufgrund der tageszeitabhängig teilweise sehr dichten Senderbelegung die Funktion der Bandbreitenverstellung sehr vorteilhaft auf die Sendertrennung auswirkt.
Die Feststationstasten
Im Zusammenhang mit den Arbeiten am HF - Teil wurde natürlich auch die korrekte Funktion der Feststationstasten überprüft. Abgesehen von anfangs schlechter Kontaktgabe des Tastensatzes, war hier aber alles in bester Ordnung. Restliche Kontaktprobleme wurden mit Hilfe von KONTAKT 600 beseitigt. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Zuordnung der Tasten zu bestimmten Skalenabschnitten. dazu gibt es ein schönes Bild in der Bedienungsanleitung:
Es ist also nicht so, dass man mit jeder der 9 Tasten den ganzen Skalenbereich der MW oder LW überstreichen kann, sondern nur bestimmte Untersegmente. (Taste 10 ist übrigens für die Umschaltung von Radio - auf Plattenspielerwiedergabe vorgesehen)
Die Tasten 1 und 2 sind nur für die Voreinstellung von Sendern im mittleren Bereich der LW vorgesehen, die Tasten 3 bis 9 für unterschiedliche Bereiche der MW.
Das Gehäuse
Wie schon eingangs erwähnt, hatte das Furnier an der Frontseite des Gehäuses zwei unschöne Druckstellen, die sich aber mit Möbelwachs und einer Behandlung mit FERNOL für dunkles Holz gut verstecken liessen.
Was mich aber auf die Dauer viel mehr störte waren helle Ausblühungen auf der Oberfläche des seitlichen metallischen Skalenrahmens. Ich habe mehrfach versucht, diese durch vorsichtiges betupfen und Abwischen mit etwas Öl zu kaschieren - ohne Erfolg.
Also wurde zähneknirschend der Lautsprecher demontiert und danach die gesamte Frontplatte ausgebaut - viele Schrauben!
Leider waren die korrodierten Partien des Skalenrahmens selbst nach dieser Arbeit nicht zugänglich. Es mussten auch noch die Skalenscheiben ausgebaut werden. ... sehr vorsichtig! Die Skalenscheiben werden beidseitig mit metallischen Spangen im Skalenrahmen gehalten; letztere sind mit langen M3 Schrauben mit dem Skalenrahmen verschraubt. Diese Schrauben waren stark korrodiert und ließen sich kaum noch bewegen.
Aus Angst, versehentlich die Skalenscheiben oder den Lautsprecherstoff zu besprühen, habe ich davon abgesehen, WD40 zu verwenden. Es wurde Nähmaschinenöl auf die Gewinde der Schrauben aufgetupft und das Gewinde von der freien Seite mit einer kleinen Schneidkluppe nachgeschnitten. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen! Danach konnte man nun endlich die Skalenscheiben beiseite legen und hatte die korrodierten Stellen vor sich.
So sieht die Frontplatte nach Demontage der Skalenscheiben und Lichleisten aus:
Auf der linken Seite hat der Rahmen zwar auch kleine Korrosionspuren, auf der rechten Seite ist es aber schon auffallend häßlich.
Jetzt habe ich mich schon gefragt, um welches Metall es sich hierbei handelt und wie man die Korrosionsspuren beseitigt. Aluminum oder Zink - Spritzguss. Wahrscheinlich eher letzteres. Will man die Rahmenteile von der Frontplatte entfernen, muss man wieder einige Schrauben lösen. Aber tut man das nicht, riskiert man bei der Reinigung eine Beschädigung des Lautsprecherstoffs.
Ich bin noch am Überlegen.
Lichtleisten
An den Lichtleisten die für die Flutlichtbeleuchtung der Skalenscheiben zuständig sind, wurden schon häufig die Glühbirnen gewechselt. Ursprünglich wurden hier Kugelkopfbirnen mit 6,3V / 0,3A eingesetzt. Gerichtete Lichtabstrahlung in Richtung der Skalenscheiben wurde durch Tauchlackierung der Birnenunterseite erreicht. Inzwischen sieht man hier ein buntes Mischmasch von Birnen. Funktioniert zwar auch, aber die Skalenscheiben werden nur noch recht müde beleuchtet.
Da muss ich mal schauen, wo ich noch mehr von diesen Kugelkopfbirnen herbekomme.
Skalenscheiben
Die Scheiben sind zwar intakt, aber von der Rückseite recht schmutzig. Ich traue mich aber nicht sie zu reinigen. Offenbar wurde das von einem meiner Vorgänger bereits versucht. Mit dem Erfolg, dass die Schrift teilweise verwischt ist.
Der totale Knüller ist aber die Beschriftung.
Auf dem Übersichtsbild fällt einem noch nichts auf- abgesehen davon, dass die Schrift der KW - Skala viel heller ist, als die der anderen:
Bei näherer Betrachtung sieht man, dass es da die Stationsnamen
AFN - Berlin, NWDR und Rias Bln. gibt.
Diese Skalenscheiben wurden offenbar nach Kriegsende an die neue Senderlandschaft angepasst.
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Als erste Arbeit steht nun erst einmal die Reinigung / Lackierung der Seitenteile des Skalenrahmens an.
Dann bin ich immer noch dabei, den ZF - Abgleich zu optimieren. Seitdem ich den
PG2 Generator vom MichaelM habe, kann ich nun auf die 468 KHz Zwischenfrequenz wobbeln, aber leider läuft beim Variieren der Bandbreite immer noch das Abstimmmaximum etwas weg. Das ist zwar kein gravierender Fehler - aber es stört mich eben.
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So, dabei will ich es erst einmal belassen