Beginnen wir gleich mit der Bestandsaufnahme des Chassis. Leute, ich mochte dem Ivan wirklich nicht sagen, dass das Gerät im Prinzip ein Totalschaden ist. Selbst ich hätte hier keine weitere Reparatur für meine Zwecke ausgeführt. Das ist also ein typisches
"Ebay - hab die Schnauze voll-Radio"
Aber der Ivan ist mit viel Eifer an das Gerät gegangen. Er hatte es vorher noch an zwei Abenden in Hannover für die Funktionsprüfung vorbereitet.
Zunächst machen wir mal eine Bestandsaufnahme der Beschädigungen, die sofort ins Auge gefallen sind.
Die Skala ist in der Mitte gebrochen. war bei unserem Gehversuch nicht dabei.
Interessant, das Lautsprecherkonstrukt.
Hier wurde die Membrane kurzerhand entfernt. Der Korb mit Feldspule und Tontrafo wurde so gelassen und es wurde eine Schallwand mit einem kleinen permanent dynamischen Lautsprecher eingebaut.
Naja, bei der Lautstärke, als wir das Gerät in Betrieb nahmen, war er ja ausreichend.
Als Zweites fiel auf, der Drehko ließ sich nicht mehr bewegen. Sämtliche Gußteile der Halterung vom Friktionstrieb sind zerbrochen. Selbst die beiden Scheiben vom Friktionstrieb fehlen. Technisch ist der Drehko i. O. man muss nur mit der Hand abstimmen.
Hier kann man auch seitlich die Beschädigungen an den Gußhaltern sehen. Da ist nichts mehr zu retten.
Das Gerät war so weit betriebssicher hergestellt. Also lieh ich dem Ivan eine AL1 und der Funktionstest konnte starten.
Das Gerät empfing tatsächlich nach Reinigung des automatischen Wellenumschalters. Die Lautstärke konnte unseren kleinen Lautsprecher nicht überlasten. Es ging nur sehr leise. Trennschärfe usw. schien einigermaßen i. o.. Auch die Empfindlichkeit schien gegeben.
Aber die Lautstärke bereitete mir Sorgen. Ivan dreht am Tonblendenregler. Tatsächlich, Zimmerlautstärke wurde bei einigen wenigen europäischen Sendern erreicht.
Ich merkte, der Ivan hatte einen langen Arbeitstag und wurde müde. Ab jetzt benötigte ich auch für weitere Prüfmaßnahmen Ruhe. So war es dann Freitag Abend. Die Tür zu Werkstatt wurde verrammelt. Fehlersuche - Ende offen!
Vorher führte ich noch ein längeres Telefonat mit meinem guten Freund Detlef. Er machte mich auf einige Besonderheiten am Gerät aufmerksam.
Was mich besonders interessierte: Warum wurde der Ton plötzlich nach Drehen an der Tonblende lauter. Viele von uns kennen das. Hat ein Kondensator eine zu hohe Kapazität (auch durch Alterung), dann macht die Tonblende das Steuergitter der Tonröhre mehr oder weniger "dicht"
Ich lötete mal probeweise den grünen Kondensator aus - und siehe da, statt 2 nf war dort ein Kondensator mit 0,15µf verbaut.
Nach Einbau eines 2 nf Kondensators regelte die Tonblende wieder korrekt.
Trotzdem so ein Radio kann lauter!!! Ich besah mir die berüchtigte hochohmige Eisendrossel. Hier konnte man sehen, dass der Vorbesitzer wohl gemerkt hatte, dass die hochohmige Seite der Drossel unterbrochen war. Er hatte eine kleine Ecke vom Papier geöffnet. Wahrscheinlich sah er dann die feinen Windungen - und kapitulierte.
Ich hatte unlängst genau solch ein Problem mit Norbert_W' s Seibt Radio. In einem Telefonat erklärte mir Dietmar (DiRu) dass es sich bei diesen Konstrukten um sog. Spartrafos handelt. Man kann für diese Zwecke durchaus einen VE-NF-Übertrager aus dem alten VE verwenden. Nur muss man die beiden Windungen primär und sekundär in Reihe schalten. In unserem Falle hier ist die Verbindungsstelle der Mittenanzapf. Irgendwann gab es auf eBay ein Angebot solch eines Überträgers. Also einlagern - wer weiß.
Mit diesem Übertrager habe ich dann die Schaltung versucht wieder flott zu bekommen.
Also wurde der Übertrager zunächst mit Prüfstrippen provisorisch angeschlossen - und ging gut, die Kiste brüllt wieder. Natürlich kamen die Ohmwerte nun nicht genau hin. Hier wurde mit Widerständen nachgeholfen.
Ich zeige euch hier mal die geöffnete defekte Drossel. Die Drähtchen sind sehr fein und von außen schon einige male durch. Also hier ging nichts mehr!
Wenn man dann länger hört, merkt man noch andere Mängel. Detlef warnte mich schon vor. Man muß das Bandfilter 2 öffnen. Die darin enthaltenen Kondensatoren habe ich gar nicht erst geprüft. Sie wurden ersetzt.
Achtung! Hinter der bandfilterplatte befindet sich der 20 nf-Kondensator vom Steuergitter der AC2. Als der dann noch ersetzt wurde, war der Ton perfekt. Es gab jetzt nichts mehr zu meckern.
Das hier ist das Bandfilter 2.
Ein korrekter Abgleich ist nun an beiden ZF-Bandfiltern möglich.
Nun mußte ich mir Gedanken machen, wie man denn nun den Ve-Übertrager ins Gerät baut. Man könnte seine langen Haltebleche etwas kürzen, umbiege, Löcher bohren und dann auf das Chassis schrauben. Das fand ich etwas unelegant. Ich maß den alten Drosselkern und verglich mit dem VE-Übertrager die Maße. Nach abbohren der beiden Haltebleche paßt nämlich der VE-Körper fast genau in den Rahmen der alten Eisendrossel. Ha, das ist ein Ersatz - perfekt!
Nun wollte ich auf's Ganze gehen. Ich überprüfte noch mal genau sämtliche Widerstände des Gerätes lt. Schaltbild. Der Kordelwiderstand der Kathodenkombination der AH1 hatte fast einen doppelt hohen Ohwiderstand als im Schaltbild angegeben. Auf diesem Wege ersetzte ich gleich die übrigen Kordelwiderstände. das hatte zweierlei zur Folge: Ein leichtes Grundrauschen währen des Betriebes verschwand plötzlich.
Aber das Fatale: Das Gerät koppelte unheimlich. Ich schloß erst auf einen Abgleichfehler. Nein, das Koppeln war so stark, dass man fast nur noch einen dumpfen Pfeiton aufnehmen konnte.
Beim Berühren mit der Meßgerätespitze des Abschirmmantels der AH1 stellte ich eine gewisse Empfindlichkeit fest. Dies darf nicht sein, weil die Abschirmungen ja mit dem Chassis verbunden sind.
Tja, der Sockel der AH1 wurde wohl mal nachträglich verklebt. Der Abschirmmantel der Röhre war nicht mehr mit dem umgelegten Massedraht über dem Röhrensockel in Verbindung. Ich reinigte eine Stelle von dem Draht und die Röhre bekam einige Wicklungen Kupferdraht spendiert. Jetzt war der Mantel wieder korrekt mit Masse verbunden. Das Gerät bietet jetzt ungetrübten Hörgenuss.
Leider nicht für lange. Der kleine Lautsprecher hat seinen Geist aufgegeben. Der Tontrafo war fleißig am Zwitschern. Das Gerät wird zur Zeit an meinem Prüflautsprecher betrieben.
Wichtige Information für Ivan. Der Detlef sagte gestern im Telefonat zu mir, eine Skala hat er, einen kompletten Drehko auch. Wir müssen dann nur noch sehen, wie wir das Problem mit dem Lautsprecher lösen. Das blöde ist ja, dass er oben als Halterung des Skalenaufbaues dient. Mal sehen, ob Detlef da noch etwas findet. Der Lautsprecher kann ruhig völlig schlecht im zustand sein. Dann überhole ich den wieder.
Diesen Schrott gebe ich Ivan dann wieder mit:
Also, es geht noch weiter mit dem Radio. Ich hoffe, Euch nicht zu sehr mit diesem langen Bericht genervt zu haben.