Komische Sachen passsieren:
Bisher dachte ich, dass der Verfasser eines neuen Themas dieses nicht ausdrücklich abonnieren muss, um über neue Beiträge benachrichtigt zu werden. Anscheinend doch. Die Beiträge von Dietmar und Jupp vom 12.1. sah ich erst heute, als ich an meinem Thread weiterschreiben wollte. Ich hatte aber keine Email-Benachrichtigung erhalten.
Naja, Jupp, ich denke schon, dass sich die Lautsprecherstoffe gelöst hatten und dann jemand, der keinen besonderen Wert auf das Aussehen legte, sie irgendwie einklebte. In meinem Fall war dafür eine dicke Schicht Knochenleim verwendet worden. War das eine Arbeit den Stoff zu lösen!
Nun bin ich mit der Reparatur wieder ein Stück weitergekommen.
Kondensatorblock:
Als nächstes stand ja die Neubefüllung des Kondensatorblocks auf dem Programm. Was mich in diesem Zusammenhang immer total wurmt, sind folgende Punkte:
1. Beim VE301W ist die Kondensatorschachtel mit Hilfe von Schränklaschen am Gehäuse fixiert. Will man den Kondensator ausbauen, muss man diese Schränklaschen aufbiegen. Die sitzen aber unter der Käfigspule und unter dem Netztrafo. Also muss man zunächst einmal diese Komponenten abbauen. Es ist mir auch schon passiert, dass die Schränklaschen beim Wiederzusammenbau abbrachen.
2. Die Tatsache, dass man nach Entleeren des Gehäuses immer irgendwelche Arbeitsspuren daran sieht: Kleine Dellen, die man beim Heraushebeln der Kondensatorwickel im Blechgehäuse hinterlassen hat oder Abplatzer der Oberflächenbeschichtung (Verzinkung?) durch Verbiegen der Schachtel.
Nun wollte ich mal wissen, ob man diese Aktion nicht schonender und ohne Ausbau der Schachtel durchführen kann. Nach Ablöten aller Anschlussdrähte habe ich die 6 kleinen Haltelaschen des Pertinaxdeckels aufgebogen und den Deckel langsam hochgehebelt. Dabei wurde mit dem Lötkolben immer die Lötöse erhitzt, wo gerade ein von einem Kondensatorwickel von innen kommender Draht den Deckel festhielt. Kurz danach war der Deckel abgelöst.
Die unter dem Deckel liegende Teerschicht wurde vorsichtig mit einem kleinen Schraubenzieher zerbröselt. Schon sah man die Wickel. Glücklicherweise waren nicht alle Hohlräume zwischen den Wickeln mit Paraffin ausgegossen worden. In einigen Ecken steckte WATTE! Diese konnte man leicht herausziehen und danach problemlos die Wickel heraushebeln. So sah das dann aus:
Dann wurden die neuen Kondensatoren an die Unterseite der Pertinaxplatte gelötet, das Ganze mit ganz wenig Epoxidharz in die Box eingeklebt und die 6 Haltelaschen des Deckels wieder zurückgebogen. Dabei löste sich dann doch ein Fizzelchen der Oberflächenbeschichtung . Aber immerhin brach keine der Laschen ab - ist mir auch schon mal passiert.
Um die Box während des Klebvorgangs in der korrekten Form zu halten, wurden zwischen Box und Chassis 3 kleine Korken geklemmt.
Das Gehäuse wurde bei der ganzen Aktion kaum deformiert oder beschädigt und sieht (fast) genauso aus wie vorher. Dann wurden die Komponenten wieder angelötet - hier probeweise mit 2 Glimmerkondensatoren anstatt der schwarzen Rollis. Sieht aber blöd aus - werde ich wieder zurückwechseln.
Der neckische Nachttischlampenschalter wurde durch einen originalen Netzschalter ersetzt. Manchmal musste man mehrfach knipsen, bevor "das Licht anging". Das mishagte mir!
REN904:
Die metallische Beschichtung der REN902 alias AC2 machte keinen Kontakt mehr mit dem Sockelstift. Also wurde der Taillendraht abgewickelt und siehe da: er war an dem Punkt wo er im Röhrenfuß verschwindet abgerostet. Genau: ABGEROSTET! Es war nämlich ein Eisendraht. Erstaunlich was man in Notzeiten alles verwenden musste. Buntmetall war halt teuer. Zum Ersatz wurde ein Stück Schaltdraht um den zentralen Sockelstift gewickelt und dicht am Pressstoff-Röhrenfuß verlötet, seitlich hochgeführt, um die Taille gewickelt und mit Leitsilber mit der Metallisierung kontaktiert. Funktioniert! Wenn mich mal der Ehrgeiz packt, werde ich den Draht auf der Höhe des Röhrenfußes schwarz anpinseln. Man sieht nämlich, wo ich den Draht seitlich mit LOCTITE fixiert hatte.
Lautsprecher:
Abschließend wurde noch der Lautsprecher repariert. Abgesehen von einem Loch im Membranenfalz, hatte sich die metallische Konus im Zentrum von der Membrane gelöst was zu fürchterlichem Geschepper führte. Lässt sich alles gut mit Pattex erledigen.
Leider war auch die Schwingzunge durch Rostansatz im Magnetspalt in ihrer Bewegung behindert. Also wurde die Region mit 1200er Nassschleifpapier gereinigt Das Schleifpapier wurde zuvor mit Knochenöl benetzt. Anschließend den Schleifschlamm mit in schmale Streifen geschnittenem Maler-TESA-Band herausgewischt. Die Oberfläche des TESA-Bandes ist so klebrig, dass wirklich alles daran haften bleibt und nachher Schwingzunge und Luftspalt richtig schön sauber sind.
Wer übrigens etwas mehr über die verschiedenen Lautsprechertypen und ihre Schwachstellen lernen möchte, dem empfehle ich den Artikel vom Dietmar (DiRu) über
Die Entwicklung der Lautsprecher Auf Seite 12 Abschnitt 4.4 steht da auch etwas über die Freischwinger!
Skalenrad:
Eine letzte Komponente hat mich auch eine Weile beschäftigt. Das gezahnte Alu-Skalenrad. Die Zähne sahen z.T wirklich erbärmlich aus. Das kam daher, dass einerseits die Antriebsachse sehr viel Längsspiel, und anderererseits das Skalenrad einen starken Seitenschlag hatte. So lief das Skalenrad auf einem Teil des Umfangs gerade noch so auf der Außenkante des Stahlritzels und wurde entsprechend schief abgenutzt. Ich habe mir dann den Spaß gemacht, einen Teil der Alu-Zähne mit der Nadelfeile nachzuarbeiten. Dann wurde die Skalenscheibe auf eine 6mm Achse geschraubt und auf der Drehbank gerichtet
Das Längsspiel der Antriebsachse wurde durch eine zwischen Seeger-Ring und Chassis-Seitenwand eingelegte Unterlegscheibe auf ein Minimum reduziert (rote Pfeile).
Abschließend wurden die Zähne mit Vaseline gefettet. Nun läuft alles butterweich.
Inbetriebnahme:
Nun wurde das Gerät mit einer der von DiRu spendierten RGN354 in Betrieb genommen.
Ich dachte, mich haut's um. Ich hatte mich garnicht mehr daran erinnert, wie diese Kisten brummen. Klar, früher brummten billige Radios - sozusagen als Einschaltkontrolle - es gab ja keine Skalenbeleuchtung, die den Betriebszustand signalisierte... und der Einschalter saß auf der Rückseite. Aber dass es so schlimm war, wusste ich nicht mehr. Daraufhin habe ich mal meinen vor Jahren reparierten VE301W von NORA eingeschaltet - und er brummte genauso. Dann habe ich mich daran erinnert, dass ich ja noch irgendwo einen VE-Lautsprecher herumzuliegen hatte. Angeschlossen, und oh Wunder, er brummte weniger. Klar, Vor vielen Jahren hatte ich ihn mal zerlegt und beim Wiederzusammenbau den Abstand zwischen Schwingzunge und Magnetspalt etwas weiter eingestellt. Damit wird er natürlich unempfindlicher und brummt logischerweise auch weniger.
Also ehrlich gesagt, nervte mich das Gebrumme. Um der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich natürlich mal den Entbrummer überprüft, der sich aber als intakt herausstellte. Die Wahl unterschiedlicher Erdpunkte fruchtete auch nichts.
Danach wurde probeweise die Heizung der REN904 und die heizungsmäßig parallel liegende RES164 mal aus einem stabilisierten Gleistromnetzteil mit 4V= versorgt. Ach was für eine Erholung - nichts brummt mehr!
Nun könnte man natürlich die vom Netztrafo des VE301 kommenden 4Veff~ gleichrichten und sieben und es mal damit probieren. Mit einer GRAETZ-Brücke und einem Siebelko von 4700µF stellten sich 3,8V leicht wellige Gleichspannung ein und es brummte entsprechend wenig.
Nun stellt sich die Frage, ob ich das einfach so lasse oder ob ich den Besitzer des Gerätes mal frage, wie er es lieber hätte: - original mit deutlichem Brumm oder nervenschonender mit wenig Brumm, aber "artfremden" Komponenten unter dem Chassis.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch erwähnen, dass die Brummproblamatik und andere Schwachstellen der VE301-Generation selbstverständlich schon häufiger in RMorg diskutiert wurden, z.B. in dem schönen
Beitrag vom Jacob Roschy.
Wenn man mal von all dem Gemeckere absieht, muss man aber ehrlicherweise zugeben, dass dieses einfache Gerät eigentlich mit meiner 20m Langdrahtantenne sehr ordentliche Empfangsergebnisse liefert. Und er klingt eigentlich auch garnicht so übel, da man bei Empfang eines Senders irgendwie über den Brumm "hinweghört".