17.02.2017, 10:16
Hallo Radiofreunde!
Ein Sammler-Freund aus meiner Region bat mich um Unterstützung bei der Reparatur eines BUSH VTR103.
Bei näherer Betrachtung fielen die Eigenarten dieses englischen Gerätes auf; ich entschloß, mich hier über diese und über die Reparatur zum berichten.
Hier einmal der Link zu der Seite bei RMO:
http://www.radiomuseum.org/r/bush_vtr103vtr_10.html
Die Vorgänger dieses Gerätes waren
> 1957 der MB60 mit 5 Röhren für LW, MW
> 1959 der TR82 mit 7 Ge-Trans. für LW, MW; hiervon gibt es Replikate ab 1997 und neuerdings sogar als DAB-Radio
alle im gleichen formschönen relativ voluminösen Gehäuse (343 x 273 x 95 mm !), in Großbritannien Kult, ein Muss für jeden Sammler.
Auf dem ersten Blick gab es am derzeitigen Zustand nicht viel zu beanstanden.
Bild 1 Vorderseite
Bild 2 Rückansicht
Bild 3 Innenansicht
Über Reparaturen wird in englischen Foren berichtet z.B. hier:
http://www.vintage-radio.com/recent-repa...tr103.html
Das Service-Sheet mit Schaltplan ist hier zu finden:
https://www.doctsf.com/documents/schemat...VTR103.PDF
Schaltungstechnisch entspricht das Gerät dem Stand der Technik um 1960.
Demontage des Chassis:
Es ist das große Skalenrad abzuziehen.
Das sollte ohne Gewalt anzuwenden geschehen; mit mehreren Fingern beider Hände rund um das Rad gleichzeitig wackelnd und ziehend das Rad abhebeln;
einfacher ist es mit dem Zeiger.
Der Kabelschuh des Antennenanschlusses ist von der sehr stabilen Teleskopantenne abzuziehen; der Antennenschaft ist nach oben zu ziehen.
Das Chassis wird von 4 gewaltigen Kreuzschlitz-Karosserie-Schrauben fixiert; schon kann das Chassis ohne klemmen an Ecken und Kanten herausgehoben werden.
Bild 4 Chassis von vorn
Die Beschriftung auf dem Dreko rechts Mitte gibt die Abgleichpunkte an. Die FM-Abstimmung erfolgt über Seilzug induktiv im Tuner.
Bild 5 Chassis von hinten
Das Chassis selbst ist aus 1 mm Aluminium; bestückt auf beiden Seiten. Dies ist durch die eigenartigen Lötpunkt-Durchführungen leicht möglich.
Bild 6 Lötpunkt-Durchführungen z.B. an den Transistoren
Es ist ein 25 mm langer Draht, der in einem Kunststoffröhrchen steckt und dieses ist in eine Bohrung des Chassis gepresst.
Die relativ großen Gebilde mit der roten und schwarzen Kappe sind Elkos mit 100 - 350 uF.
Die stabilen Potis haben 30 mm Durchmesser; an einem ist der Hauptschalter.
Interessant ist auch die Ausführung des Tastenschalters als Drehschalter, der aus einer früheren Radio-Generation stammt; die Kontakte sehen allerdings nicht zuverlässig aus.
Rechts und links sind spezielle Trimmer für AM-Eingang und -Oszillator angeordnet.
Bild7_Drehschalter.jpg (Größe: 133,8 KB / Downloads: 357)
Bild 7 Schalterbereich
In dem Gertät wurden die damals neuen Mullard-Legierungsdrifttransistoren AF114/115/116 in UKW-Tuner und ZF eingesetzt.
Diese hatten prinzipiell die gleichen Probleme wie die deutschen Valvo OC169/170/171; einen Kurzschluss zwischen Kollektor und Gehäuse
(es handelt sich um einen leitfähigen Whisker, der sich in der zum Schutz des Transistorwafers verwendeten Silikonverbindung bildet).
Der Lautsprecher lässt sich durch öffnen einer Schelle leicht entfernen; Anschlüsse vorher ablöten.
Für die Tests schließe ich immer einen externen Lautsprecher an.
Das Gerät wurde ursprünglich mit einer 9 V Kastenbatterie betrieben.
Ich fahre erst einmal mit einem Netzgerät die Spannung langsam bei Kontrolle des Stromes hoch, so können sich auch die Elkos wieder etwas formatieren.
Der Hauptschalter am Poti ist auch noch O.K.; bei anderen Kofferradios immer ein Problem.
Der Strom pegelt sich bei Nennspannung auf 20 mA ein, was normal sein sollte. Bei UKW steigt der Strom auf 35 mA, was sicher nicht normal ist.
Am Lautsprecher ist nur leichtes Kratzen des Lautstärke-Potis zu hören.
Vor Beginn der detaillierten Tests und Fehlersuche werden Tasten-Kontakte, Schleifer an Drekos und Potis, soweit zugänglich, mit Kontaktspray behandelt.
Die NF-Stufen werden mit einem 1 kHz Signal beaufschlagt und auch die Transistorspannungen gemessen.
Die Transistoren sind ja gut zugänglich und die Elektroden mit Isolierschlauch gleicher Farbe überzogen.
Das NF-Teil ist i.O.
Als nächstes wurden bei AM die ZF-Transistoren mit einem ZF-Signal (470 kHz mit Modulation) über 5 nF ( bis 100 nF) beaufschlagt, von hinten nach vorn.
Die 2. und 1. ZF-Stufe (VT5 und VT4) verstärken, VT3 nicht.
Es gilt die Transistorspannungen zu messen; VT5 und VT4 sind O.K. bei VT3 (AM Oszillator/Mischer) gibt es kleine Abweichungen vom Soll nach oben.
Eh ich weiter an der Arbeitspunkteinstellung von VT3 oder am 1. ZF-Filter nach einem Fehler suche vertraue ich den Erfahrungen aus anderen Berichten und den meinen und konzentriere mich auf den VT3.
Bei den betreffenden Transistortypen fallen in der Regel immer die Oszillatoren für AM und FM aus.
Ich schneide den Transistor VT3 so ab, dass er auch wieder eingelötet werden könnte.
Mit der Diodenprüfung am entfernten Transistor ist kein Fehler erkennbar.
Ersatz für den ZF-Transistor ist einer der 2. Generation, ein AF105.
Eingelötet und schon arbeitet der neue Transistor! Es können sogar bei AM und FM prinzipiell Sender empfangen werden.
Bei AM schwingt etwas ab und zu, laut im hörbaren Bereich, es könnte ein Kondensatorproblem sein. Diese werden jetzt unter die Lupe genommen.
Alle großen Elkos mit roten und schwarzen Kappen C16, C44, C48, C51, C57 waren etwas ausgelaufen und hatten kaum noch Kapazität; sie wurden ausgetauscht.
Da der Empfang immer noch nicht zufriedenstellend war, wurden auch alle größeren schwarz vergossenen Kondensatoren der Firma HUNTS C42, C43, C52, C53, C50, C54, C55, C56 ausgewechselt. Einige waren schon aufgeplatzt.
Weiterhin wurde der Elko des Ratiodetektors C46 ausgewechselt.
Die kleineren des Typs C14, C15, C37, C40 sollen bei Bedarf später folgen.
Jetzt gibt es einen relativ guten Empfang bei AM; FM ist nur bei starken Sendern akzeptabel.
Der Ruhestrom ist jetzt bei AM unter 20 mA; bei FM leicht über 30 mA, davon entfallen auf den Tuner 15 mA! Hier gibt es einen neuen "Tatverdacht".
Der Tuner lässt sich nach entfernen der zwei oberen Muttern gut öffnen. Der untere Transistor auf der Leiterplatte ist der VT1. Die gemessenen Spannungen waren beim diesem fehlerhaft (Emitter nur 0,35 V!), die des VT2 waren korrekt.
Der Diodentest am VT1 AF114 war nicht auffällig, aber der Tausch gegen einen OC171 brachte den Durchbruch. Guter FM-Empfang bei nur 23 mA Ruhestrom!
Diesmal war es nicht der Oszillator, sondern der Vorverstärker.
Ein vollständiger Neuabgleich war nicht notwendig.
Da es die 9 V-Kastenbatterie nicht mehr gibt, können 6 x R20 Monozellen in 3 x 2er-Aufnahmen zusammengefasst werden, Platz gibt es ja dafür. Die Anschlüsse sind 13 mm Druckknöpfe (wie Anodenbatterien).
Ich habe als Provisorium zum Vorführen zusätzlich noch die Anschlüsse für eine 9 V 6LR61 Blockbatterie angelötet.
Leider haben die Wellenschalter-Tasten oben keine Beschriftung mehr; die Funktionen von links | UKW | MW | LW |.
Bild 8 Der "Englische Patient" im 2. Lebensabschnitt.
Gruß Georg
Ein Sammler-Freund aus meiner Region bat mich um Unterstützung bei der Reparatur eines BUSH VTR103.
Bei näherer Betrachtung fielen die Eigenarten dieses englischen Gerätes auf; ich entschloß, mich hier über diese und über die Reparatur zum berichten.
Hier einmal der Link zu der Seite bei RMO:
http://www.radiomuseum.org/r/bush_vtr103vtr_10.html
Die Vorgänger dieses Gerätes waren
> 1957 der MB60 mit 5 Röhren für LW, MW
> 1959 der TR82 mit 7 Ge-Trans. für LW, MW; hiervon gibt es Replikate ab 1997 und neuerdings sogar als DAB-Radio
alle im gleichen formschönen relativ voluminösen Gehäuse (343 x 273 x 95 mm !), in Großbritannien Kult, ein Muss für jeden Sammler.
Auf dem ersten Blick gab es am derzeitigen Zustand nicht viel zu beanstanden.
Bild 1 Vorderseite
Bild 2 Rückansicht
Bild 3 Innenansicht
Über Reparaturen wird in englischen Foren berichtet z.B. hier:
http://www.vintage-radio.com/recent-repa...tr103.html
Das Service-Sheet mit Schaltplan ist hier zu finden:
https://www.doctsf.com/documents/schemat...VTR103.PDF
Schaltungstechnisch entspricht das Gerät dem Stand der Technik um 1960.
Demontage des Chassis:
Es ist das große Skalenrad abzuziehen.
Das sollte ohne Gewalt anzuwenden geschehen; mit mehreren Fingern beider Hände rund um das Rad gleichzeitig wackelnd und ziehend das Rad abhebeln;
einfacher ist es mit dem Zeiger.
Der Kabelschuh des Antennenanschlusses ist von der sehr stabilen Teleskopantenne abzuziehen; der Antennenschaft ist nach oben zu ziehen.
Das Chassis wird von 4 gewaltigen Kreuzschlitz-Karosserie-Schrauben fixiert; schon kann das Chassis ohne klemmen an Ecken und Kanten herausgehoben werden.
Bild 4 Chassis von vorn
Die Beschriftung auf dem Dreko rechts Mitte gibt die Abgleichpunkte an. Die FM-Abstimmung erfolgt über Seilzug induktiv im Tuner.
Bild 5 Chassis von hinten
Das Chassis selbst ist aus 1 mm Aluminium; bestückt auf beiden Seiten. Dies ist durch die eigenartigen Lötpunkt-Durchführungen leicht möglich.
Bild 6 Lötpunkt-Durchführungen z.B. an den Transistoren
Es ist ein 25 mm langer Draht, der in einem Kunststoffröhrchen steckt und dieses ist in eine Bohrung des Chassis gepresst.
Die relativ großen Gebilde mit der roten und schwarzen Kappe sind Elkos mit 100 - 350 uF.
Die stabilen Potis haben 30 mm Durchmesser; an einem ist der Hauptschalter.
Interessant ist auch die Ausführung des Tastenschalters als Drehschalter, der aus einer früheren Radio-Generation stammt; die Kontakte sehen allerdings nicht zuverlässig aus.
Rechts und links sind spezielle Trimmer für AM-Eingang und -Oszillator angeordnet.
Bild7_Drehschalter.jpg (Größe: 133,8 KB / Downloads: 357)
Bild 7 Schalterbereich
In dem Gertät wurden die damals neuen Mullard-Legierungsdrifttransistoren AF114/115/116 in UKW-Tuner und ZF eingesetzt.
Diese hatten prinzipiell die gleichen Probleme wie die deutschen Valvo OC169/170/171; einen Kurzschluss zwischen Kollektor und Gehäuse
(es handelt sich um einen leitfähigen Whisker, der sich in der zum Schutz des Transistorwafers verwendeten Silikonverbindung bildet).
Der Lautsprecher lässt sich durch öffnen einer Schelle leicht entfernen; Anschlüsse vorher ablöten.
Für die Tests schließe ich immer einen externen Lautsprecher an.
Das Gerät wurde ursprünglich mit einer 9 V Kastenbatterie betrieben.
Ich fahre erst einmal mit einem Netzgerät die Spannung langsam bei Kontrolle des Stromes hoch, so können sich auch die Elkos wieder etwas formatieren.
Der Hauptschalter am Poti ist auch noch O.K.; bei anderen Kofferradios immer ein Problem.
Der Strom pegelt sich bei Nennspannung auf 20 mA ein, was normal sein sollte. Bei UKW steigt der Strom auf 35 mA, was sicher nicht normal ist.
Am Lautsprecher ist nur leichtes Kratzen des Lautstärke-Potis zu hören.
Vor Beginn der detaillierten Tests und Fehlersuche werden Tasten-Kontakte, Schleifer an Drekos und Potis, soweit zugänglich, mit Kontaktspray behandelt.
Die NF-Stufen werden mit einem 1 kHz Signal beaufschlagt und auch die Transistorspannungen gemessen.
Die Transistoren sind ja gut zugänglich und die Elektroden mit Isolierschlauch gleicher Farbe überzogen.
Das NF-Teil ist i.O.
Als nächstes wurden bei AM die ZF-Transistoren mit einem ZF-Signal (470 kHz mit Modulation) über 5 nF ( bis 100 nF) beaufschlagt, von hinten nach vorn.
Die 2. und 1. ZF-Stufe (VT5 und VT4) verstärken, VT3 nicht.
Es gilt die Transistorspannungen zu messen; VT5 und VT4 sind O.K. bei VT3 (AM Oszillator/Mischer) gibt es kleine Abweichungen vom Soll nach oben.
Eh ich weiter an der Arbeitspunkteinstellung von VT3 oder am 1. ZF-Filter nach einem Fehler suche vertraue ich den Erfahrungen aus anderen Berichten und den meinen und konzentriere mich auf den VT3.
Bei den betreffenden Transistortypen fallen in der Regel immer die Oszillatoren für AM und FM aus.
Ich schneide den Transistor VT3 so ab, dass er auch wieder eingelötet werden könnte.
Mit der Diodenprüfung am entfernten Transistor ist kein Fehler erkennbar.
Ersatz für den ZF-Transistor ist einer der 2. Generation, ein AF105.
Eingelötet und schon arbeitet der neue Transistor! Es können sogar bei AM und FM prinzipiell Sender empfangen werden.
Bei AM schwingt etwas ab und zu, laut im hörbaren Bereich, es könnte ein Kondensatorproblem sein. Diese werden jetzt unter die Lupe genommen.
Alle großen Elkos mit roten und schwarzen Kappen C16, C44, C48, C51, C57 waren etwas ausgelaufen und hatten kaum noch Kapazität; sie wurden ausgetauscht.
Da der Empfang immer noch nicht zufriedenstellend war, wurden auch alle größeren schwarz vergossenen Kondensatoren der Firma HUNTS C42, C43, C52, C53, C50, C54, C55, C56 ausgewechselt. Einige waren schon aufgeplatzt.
Weiterhin wurde der Elko des Ratiodetektors C46 ausgewechselt.
Die kleineren des Typs C14, C15, C37, C40 sollen bei Bedarf später folgen.
Jetzt gibt es einen relativ guten Empfang bei AM; FM ist nur bei starken Sendern akzeptabel.
Der Ruhestrom ist jetzt bei AM unter 20 mA; bei FM leicht über 30 mA, davon entfallen auf den Tuner 15 mA! Hier gibt es einen neuen "Tatverdacht".
Der Tuner lässt sich nach entfernen der zwei oberen Muttern gut öffnen. Der untere Transistor auf der Leiterplatte ist der VT1. Die gemessenen Spannungen waren beim diesem fehlerhaft (Emitter nur 0,35 V!), die des VT2 waren korrekt.
Der Diodentest am VT1 AF114 war nicht auffällig, aber der Tausch gegen einen OC171 brachte den Durchbruch. Guter FM-Empfang bei nur 23 mA Ruhestrom!
Diesmal war es nicht der Oszillator, sondern der Vorverstärker.
Ein vollständiger Neuabgleich war nicht notwendig.
Da es die 9 V-Kastenbatterie nicht mehr gibt, können 6 x R20 Monozellen in 3 x 2er-Aufnahmen zusammengefasst werden, Platz gibt es ja dafür. Die Anschlüsse sind 13 mm Druckknöpfe (wie Anodenbatterien).
Ich habe als Provisorium zum Vorführen zusätzlich noch die Anschlüsse für eine 9 V 6LR61 Blockbatterie angelötet.
Leider haben die Wellenschalter-Tasten oben keine Beschriftung mehr; die Funktionen von links | UKW | MW | LW |.
Bild 8 Der "Englische Patient" im 2. Lebensabschnitt.
Gruß Georg