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Wasserschaden
#1
Hallo Freunde,

ja, wenn ich mit unseren saarländischen Freunden zu tun habe, dann liegen immer Freude und auch Leid sehr dicht beeinander. Leid, immer, wenn es um Michel's Gehäuseruinen geht.

Michel schrieb mir vor längerer Zeit schon, dass er sich solch ein tolles Sachsenwerk-Kinoskalengerät über eBay ersteigert hat. Es ist ein recht wertiges Gerät mit einer AD 1 in der Endstufe. Aber es nutzt nichts, das wohl vorher einwandfreie Gehäuse wurde auf dem Transport beschädigt. Es erhielt einen Wasserschaden.  Ich hoffe, Michel berichtet hier mal.

Als Jupp mir das Gehäuse brachte, ging mir sofort durch den Kopf, was macht man denn da wieder.

Die Hälfte der Oberfläche wurde vom Furnier her durch Nässe entleimt. Das Furnier beginnt sich dann sofort zu kräuseln und wird rissig. Michel sagte mir neulich, na dann stelle ich es ins Regal nach oben, da sieht man das dann nicht.

Ich weiß, dass er immer an seinen Geräten hängt, daher tue ich mir die Reparatur an.

Man sollte bei solchen Schäden, wenn das Furnier noch soweit i. O. ist, also noch nicht verfault, versuchen, durch Verleimung und starke Pressung hinterher die Stabilität wieder her zu stellen. Vorab: Das ist schwieriger als neu furnieren. Aber bei solch alten Geräten sollte man möglichst das Furnier erhalten.

Wir haben hier einige kleine Fehlstellen. Da das furnier großflächig angelöst ist, hat es keinen Zweck, hier mit eingespritztem, verdünnten Holzleim zu arbeiten. Die Kraft des Losen und welligen furnier ist zu stark. Es würde spätestens bei der Lackierung zu Blasenbildung kommen.

Wie ich euch das mal dargestellt habe, muss man wirklich das Furnier mit einem Spachtel großflächig anheben. Und zwar vorsichtig von innen nach außen. Dann wird mit einem Spachtel großzügig Ponal zwischen Furnier und Grundholz gebracht. Die Stellen, die versorgt sind, werden mit dem Finger abgeklopft. Hört sich etwas hohl an, dann ist dort eine Luftblase, die sich später anhebt.

Es nutzt nichts, ganz vorsichtig mit dem Spachtel bis zu dieser Stelle vordringen und nachleimen.

Nun muss alles wieder sorfältig in Position gebracht werden. Achtung, es darf keine Überlappungen geben. Auch muss vermieden werden, dass sich Holzsplitter unter das Furnier schieben.

Man legt jetzt eine Kunstoffolie unter ein Brett und preßt das Brett mit Zwingen auf die Reparaturstelle. Nach ca. 10 Minuten wird noch einmal geöffnet und der überschüssige Leim mit einem feuchten Lappen abgewischt und nicht kapitulieren, die Rißstellen wellen sich natürlich ganz schnell wieder.

Ist jetzt alles soweit versorgt, dann wird das Brett unter Verwendung sämtlicher in der Werkstatt befindlichen Zwingen fixiert. So fest anziehen, bis nichts mehr geht.

Das Resultat, ja das zeige ich Euch dann im 2. Teil

Hier mal das beschädigte Furnier

   

   

Der Holzleim muss bis in die letzte Ecke kommen. Egal, wie.

   

Probeweise die Zwingen ansetzen und nach 10 Minuten wieder abnehmen. Dann mit dem Finger die Partien abklopfen.

Klingt es irgendwo hohl, nochmal die Stelle aufnehmen und leimen.

   

   

Nun muss so stark wie Möglich das furnier verpreßt werden. Jetzt bleiben die Zwingen einen Tag.

   
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
Je nach Gerät würde ich auch von unten noch ein Brett einspannen, als Widerlager - manche Radiogehäuse sind dick und stabil, manche weniger... Nur so als Anmerkung. Außerdem werden natürlich Abdrücke der Schraubzwingen im Holz vermieden, auch wenn man die nur sieht, wenn man nachher ins Gehäuse "kriecht".
Gruß,
Uli
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#3
Hallo Freunde,

ja, Uli, es ist gut, dass Du dieses Thema mal aufgreifst. Die Problematik ist die folgende: Ist das Grundholz zu dünn ausgeführt, verzieht es sich gerne durch die Zwingen. Dann wird die besagte Furnier-Instandsetzung n i c h t funktionieren. Denn jetzt schafft man verleimte Wellen ins Furnier. Klar, es ist ja keine Stabilität vorhanden.

Man muß sich also ein Einlegebrett zurecht sägen, dass man von unten gegen das Grundholz bringt. Solch eine Sandwich-Form. Dann kann da nicht passieren.

Hier in unserem Fall war das natürlich nicht nötig, das Grundholz ist schon recht dick im Durchmesser. Da drückt nichts weg.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#4
Hallo, Andreas,
so ein hübsches Gehäuse lohnt sich sehr zu restaurieren. Es wird ein wunderschönes Radio werden.
Gruß,
Ivan
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#5
Hallo Ivan,

ja, diesen Sachsenwerk hätte ich auch sofort genommen. Das Gehäuse konnte wieder soweit hergestellt werden.

@ alle

Michels Radiogehäuse konnte wieder gerettet werden. Mit gerettet meine ich, das originale Furnier konnte erhalten werden.

Wenn man die Zwingen von dem Gehäuse abnimmt, gibt es immer eine Überraschung. Entweder eine gute oder eine schlechte. Hier in unserem Falle kann man eher von einer guten sprechen. Das Furnier hat sich wieder völlig stabilisieren lassen. Fehlstellen wurden ausgespachtelt. Wenn man sich das alte Furnier ansieht, dann  sieht man die schöne Maserung. Diese verleiht dem Gerät seine hochwertige Optik. Ich war also froh, dass ich bis hierher gekommen bin.

Das weitere Vorgehen sieht so aus: Ich nehme eine Sprühdose mit Schnellschliffgrund. Dieses aus zweierlei Gründen. 1. die retuschierten Spachtelstellen sollen versiegelt werden. 2. ich kann durch leichtes Einsprühen beurteilen, ob ich noch Furnierteile mit Retuschierstift einfärben muss. Natürlich kann ich auch mit Stahlwolle von den vorher retuschierten Stellen Farbe weg nehmen. Wasser o. Ä. ist nicht eine so gute Wahl.

Nach einigen farblichen Änderungen an den Reparaturstellen wurde zunächst nochmals mit Schnellschliffgrund gesprüht. Nach Abtrockenen kamen mehrere Schichten Schellack-Politur zum Einsatz. Nun erst durfte mit Bimsmehl (Achtung - scheuert!) gearbeitet werden. Die Unebenheiten ließen sich sehr schön verfüllen. Es entstand eine durchgehende glänzende Fläche. Das schadhafte Furnier erscheint auf dem Dild leicht dunkler (Fleck). Mit dem bloßen Auge fällt das aber kaum auf. Der übrige Lack auf dem Gehäuse soll erhalten bleiben. Ich habe ihn aufpoliert und danach mit Holzöl behandelt. Nun kommt es darauf an, dass die obere Schicht sich optisch einfügt. D. h. sie darf nicht mehr und nicht weniger glänzen als der Rest des Gehäuses.

Jetzt gilt es abzuwarten, bis der Schellack sich in den Poren setzt. Dann muss evtl noch einmal mit Bimsmehl nachbehandelt werden. Aber schon jetzt läßt sich sagen, das Gehäuse ist gerettet. Puh, bis hierher war das viel Arbeit. Mehr, als wenn man neu furniert hätte.

Hier weitere Bilder:

So sah das Furnier nach Abnehmen der Zwingen aus.

   

   

Hier mal der Schnellschliffgrund zum sprühen und Retuschierstift. Bitte nur sprühen. nicht streichen! Das Zeug enthält Lösungsmittel. das gesamte Retuschieren wäre auf einen Pinselstrich dahin!

   

Hier mal der Gesamteindruck vom Gehäuse von oben von vorne. Nach, ich denke der Michel wird zufrieden sein.

   

   

   

Das Gehäuse wird jetzt erst mal einige Zeit abgestellt. Dann kommt die Endbehandlung. Die Kamera ist unerbittlich in ihrer Darstellung. Wenn man so mit bloßen Augen auf das Gehäuse sieht, kann man nicht mehr viel erahnen vom Wasserschaden.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#6
Hallo, Andreas,
Die Kamera fängt Dinge an, die das bloße Auge nicht kann. Und hier kann man ein sehr präzises Bild sehen. Ich glaube, trotz des großen Aufwands ist für Lackieren ohne Kompressor der Schellack ohne Alternative.
Gruß,
Ivan
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#7
Das sieht mega aus, hätte nicht gedacht das man es so schön hin bekommt.
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#8
Hallo Andreas,

Das sieht ja mal wieder super aus was Du da hinbekommen hast. Wenn ich das Resultat mit dem Bild am Anfang vergleiche ist das einfach toll was Du da wieder gezaubert hast -Respekt!
Viele Grüße
Semir
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"Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wußte das nicht, und hat es gemacht."
(Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)
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#9
Hallo Stefan und Semir,

ach das habe ich doch schon letztes Jahr gerichtet. Ja, das Gehäuse sah schon sehr beschädigt aus. Aber ich konnte es wieder richten. Danke für Euer Lob!
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#10
Hallo Andreas, bei dir sieht immer alles so einfach aus....
Du bist eben ein richtiger Profi und Künstler.
Immer guten Empfang und viele Grüße - Uwe
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