09.11.2017, 23:28
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.11.2017, 23:38 von radioljub01.)
Kürzlich erhielt ich eine Anfrage, bei der Restauration einer SIEMENS Großsuper-Schatulle 540 GWLK, also der seltenen Allstromversion dieses Gerätes behilflich zu sein. Da ich selbst Besitzer von mittlerweile zwei Schatullen 540WLK bin (eine hatte ich hier mal beschrieben), konnte ich nicht widerstehen und habe zugesagt. Ich wollte doch unbedingt wissen, inwieweit sich meine Wechselstromgeräte von der Allstromversion unterscheiden.
Hersteller: SIEMENS
Modell: Großsuper-Schatulle 540 GWLK
Baujahr: 1935-37
Röhrenbestückung: CK1, CF3, CB1, CF7, CL2, CY1, 1 x EU IX oder 2 x EUVII - je nach Netzspannung
Zwischenfrequenz: 129kHz
Stromversorgung: 110V, 125V, 150V, 220V Gleich- oder Wechselspannung
Wellenbereiche: LW, MW, KW
Bedienelemente: Lautstärke - Tonblende / Abstimmung / Wellenbereich
Gehäuse: Holz, schwarzer Schleiflack, versilberte Beschläge
Abstimmanzeige: Wellenlot (Milliamperemeter in der Kathodenzuleitung der geregelten ZF-Röhre CF3
Fabrik Nr. E 13771 S
Abmessungen: BHT: 39 cm x 52 cm x 37 cm
Gewicht: ca. 20 kg
Anfangszustand
Hier zunächst eine Auswahl der Bilder, die mir der Besitzer zukommen ließ:
Nachdem ich die Bilder gesehen hatte, kamen mir doch leichte Zweifel an der Weisheit des Entschlusses meine Hilfe anzubieten. Aber die Neugier siegte ..
Das Chassis wurde mir dann zugeschickt und sah so aus:
Offensichtlich hatte einer der Vorbesitzer die Gleichrichterröhre CY1 durch einen Selengleichrichter ersetzt und einen Teil der Kondensatoren aus der Sammelbox ausgelagert. Auch auf der Chassisunterseite sieht man noch zwei ausgelagerte Kondensatoren, einen durchgebrannten Widerstand (roter Pfeil) und einen zusätzlichen 10nF NIWATROP Wickelkondensator (blauer Pfeil) zwischen Anode und Schirmgitter der CL2 . Aber ansonsten sah eigentlich alles sehr schön original aus.
Schaltung
Ich zeige hier das Schaltbild aus Lange/Nowitsch, da es im Gegensatz zum originalen Siemens Service Schaltbild leichter zu überblicken ist und die Bauteilwerte angegeben sind (Im Originalschaltbild muss man immer parallel in die Stückliste schauen). Wie so häufig weichen die Werteangaben in Lange-Nowitsch von denen in der originalen Serviceanleitung ab - auch enthalten die ZF-Filter keine Festkondensatoren mit parallelgeschalteten Trimmern - sondern nur Trimmer... usw...
Auf MW und LW arbeitet das Gerät mit einem Bandfiltereingang - unumgänglich bei einer ZF von nur 129kHz wenn man eine ausreichende Spiegelfrequenzunterdrückung erreichen will. Nur auf KW verzichtete man auf ein Bandfilter - der Gleichlauf wäre zu schwer zu realisieren. Das Eingangsbandfilter und die ZF-Bandfilter sind in 2 Aluminium-Schachteln untergebracht. Die Seitenwände der Schachteln kann man nach oben ziehen und man erkennt sehr schön den sorgfältig geschirmten Aufbau: Links die beiden Kammern des Eingangsbandfilters, in der Mitte die Oszillatorkammer und rechts die ZF-Bandfilter in 2 übereinander liegenden Kammern.
Zunächst zum ganz links gelegenen 1.Kreis des Eingangsbandfilters: Ganz oben liegt die LW-Spule, darunter die hochinduktive Antennenspule, darunter auf einem Haspelkern die MW-Spule. Vor der MW-Spule liegt ein kleiner genieteter Glimmerkondensator. Dabei handelt es sich um den im Schaltbild oberhalb der MW-Spule liegenden 3,5pF Kondensator. Die Antennenankopplung an den Eingangskreis des Bandfilters erfolgt somit gemischt induktiv/kapazitiv, letzteres durch eben diesen Kondensator am Hochpunkt des MW-Kreises.
Die Kopplung zwischen den Hochpunkten des Eingangsbandfilters erfolgt durch einen einfachen, mit Rüschschlauch überzogenen Draht, der in einer Haarnadel endet.
In der 2. Kammer von links sieht man die Spulen des 2. Eingangskreises.
Zwischen beiden, mittig unterhalb der Abschirmwand die KW-Spule.
Die Spulenkerne sind z.T von unten her durch Löcher im Chassisboden erreichbar, teilsweise von oben her durch Löcher im Dach der Alu-Schachteln. Die oberen und unteren Basisplatten der Spulen tragen Glimmerplatten-Trimmkondensatoren.
In der Mischstufe arbeitet eine Misch-Oktode CK1. Zu erwähnen wäre, dass der abgestimmte Ozillatorkreis hier am Gitter 1 der CK1 liegt, während er in der Wechselstromversion des Gerätes 540WLK im Anodenkreis der ACH1-Triode liegt - letztere Schaltungsvariante ist hinsichtlich der Frequenzstabilität des Oszillators im Prinzip zu bevorzugen. Liegt der abgestimmte Kreis am Gitter einer geregelten Röhre kann es beim Regelvorgang durch Verschiebung der Raumladungsbereiche zu Änderungen der internen Kapazitäten und dadurch zu Frequenzverwerfungen kommen. Mehr zu dieser Thematik findet der Leser hier.
Die Oszillatorspulen, Padding-Kondensatoren und Parallel-Trimmer sind in der linken Kammer der zweiten Alu-Schachtel untergebracht- im Bild sieht man nur die KW-Oszillatiorspule; die MW- und LW-Spulen liegen dahinter. Die beidseits der KW-Spule liegenden dunkelgrünen Blöcke sind die Paddig-Kondensatoren für MW und LW: 1800pF für MW und 1800pF in Reihe mit 1000pF in Reihe für LW. Diese vergossenen Glimmerkondensatoren machen zwar einen sehr soliden Eindruck - trotzdem hatte der 1nF Kondensator nur noch 410pF; der 1800pF Kondensator war mit 1759p zwar noch werthaltig, wurde aber auch ausgetauscht.
Die Körper der ursprünglichen Padding-Kondensatoren waren keramische "Töpchen", die mit einer Vergussmasse verschlossen waren, die mir Rätsel aufgibt - sie ist so hart, dass man sie mit einer Reissnadel kaum ritzen kann. Wären das moderne Bauteile, hätte ich auf Epoxidharz getippt ... aber das gab es ja damals noch nicht.
Auf die Mischröhre folgt ein Bandfilter und eine geregelte ZF-Verstärkerstufe mit der CF3. Die Anode der CF3 ist nicht mit dem Hochpunkt der Primärseite das nachfolgenden Bandfilters verbunden, sondern liegt an einer Anzapfung derselben -> Verringerung der Kreisbedämpfung.
Zur Regelspannungserzeugung wird das ZF-Signal von der Anode kapazitiv auf eine Diodenstrecke der CB1 gekoppelt.
Die Demodulation des ZF-Signals erfolgt an der zweiten Diodenstrecke der CB1 die ihr Signal über die Sekundärseite des 2. Bandfilters erhält. In den folgenden Bildern sieht man noch einmal die Kammern in denen übereinander die beiden Bandfilter untergebracht sind.
Man erkennt auch die Glimmerfolien-Trimmkondensatoren auf den Spulenhalteplatten.
Die NF-Aufbereitung ist Standard - abgesehen von der Tatsache, dass die Einspeisung eines externen Audiosignals am Phonoeingang über einen Trenntransformator erfolgt. Da je nach Polung des Netzsteckers das Chassis auf "P" liegen kann, muss das Chassis im eingebauten Zustand natürlich berührungssicher sein.
Als Tonblende arbeitet eine Reihenschaltung aus 50nF und einem Regler von 50kOhm von der Anode der Endröhre CL2 nach Masse. Für den Regler hat man sich eine ganz spezielle Lösung einfallen lassen. Er besteht aus einer Reihenschaltung von 6 gewickelten Drahtwiderständen mit den Werten:
2,05 - 3,67 - 6,24 -11,6 - 23,3 - 49 kOhm.
Tonblende_2.jpg (Größe: 186,36 KB / Downloads: 976)
Steht der Regler am Rechtsanschlag, berührt der Schleifer keinen der Widerstände (Position "offen" im folgenden Bild) -> geringste Höhenabsenkung. Steht er am Linksanschlag berührt der Schleifer direkt die nach oben zeigende Lötfahne ohne zwischengeschalteten Widerstand -> größte Höhenabsenkung.
Reparatur
Die 3 Sammelkondensatoren und alle Rollenkondensatoren wurden neu befüllt
Hierzu wäre zu bemerken, dass der große Sammelkondensator im vorliegenden Gerät die Werte 8 + 32 + 8 + 4 + 4µF enthielt, obwohl in der Originaldokumentation als auch bei Lange-Nowitsch anstatt des 32µF Siebkondensators nur 8µF angegeben sind. Die MKP 630V Kondensatoren, die ich üblicherweise verwende, passen gerade so in die Schachtel.
Großer_Sammelkondensator_original.jpg (Größe: 221,32 KB / Downloads: 981)
Großer_Sammelkondensator_neu_befüllt.jpg (Größe: 227,38 KB / Downloads: 979)
RC-Platte: Ersatz des durchgebrannten Widerstandes und Neubefüllung der Elkos auf der Unterseite
D_SIEMENS_540GWLK_R_Platte_vor_Reparatur.jpg (Größe: 225,76 KB / Downloads: 981)
D_SIEMENS_540GWLK_R_Platte_nach_Reparatur.jpg (Größe: 198,48 KB / Downloads: 982)
D_SIEMENS_540GWLK_C_Platte_nach_Reparatur.jpg (Größe: 197,87 KB / Downloads: 999)
Der Kathodenelko der CF7 war explodiert - sah man von der Oberseite der Platte garnicht.
Ersatz der Padding-Kondensatoren
Eingesetzt wurden jetzt JAHRE Glimmerkondensatoren 1030pF und 1030+780pF parallel = 1810pF. Ein Größenvergleich der alten und neuen Padding-Kondensatoren:
Nietenbruch im Lautstärke-Poti
Nun wurden noch einmal alle Kondensatoren und Widerstände überprüft, die Gleichrichterröhre CY1 eingesetzt und die Spannungen beobachtet. Alle Spannungen ein wenig zu hoch, aber keine absurden Werte. Trotzdem sagte das Radio keinen Ton, es sei denn man tippte direkt das Steuergitter der CF7 an. Wo versickerte die NF? -> im Lautstärkeregler-Poti. Im Prinzip war es ja ein Glücksfall, dass ich die Doppeleinheit bestehend aus Lautstärkeregler und Tonblende zerlegen musste. Sonst hätte ich nie erfahren, wie der oben beschriebene Tonblendenregler von innen aussieht. Hier mal einige Bilder von dieser Einheit, montiert und zerlegt:
Man sieht im zerlegten Zustand, dass die eine Bronzefeder so verdächtig lose im Poti lag. Die kleinen Ms-Hohlnieten hatten auf der einen Seite ihre Köpfchen verloren. So hatte sich die Bronzefeder gelöst und die Kontaktierung zwischen der Widerstandsbahn und der gegenüber liegenden Kontaktbahn war unterbrochen. Die abgerissenen Köpfchen der Hohlnieten kullerten lose im Poti herum und sahen aus wie kleine Unterlegscheiben. Glücklicherweise konnte man mit Hilfe von M1,4 Schräubchen wieder alles zusammensetzen.
Gebrochener Schleifer.jpg (Größe: 107,67 KB / Downloads: 957)
--------------------------------------------------------------------------
Nun funktionierte das Gerät zwar wieder, aber die Empfindlichkeit liess noch zu wünschen übrig. Also wurde ein Neuabgleich vorgenommen. Ehrlich gesagt war ich zu faul, die überkritisch gekoppelten Bandfilter beim Abgleich wechselseitig zu bedämpfen - aber es ging auch mit Maximumsabgleich recht ordentlich.
Was mich noch ärgert ist das Wellenlot (siehe hier und hier), also das mA-Meter, das in der Kathodenleitung der geregelten ZF-Röhre CF3 liegt. Im Gegensatz zur Wechselstromversion des Gerätes, wo man mit einen Widerstandswert von ca. 1100 Ohm arbeitet, hat es in der Allstromversion einen Widerstand von nur 30 Ohm.
Dieses Instrument hängt beim Betrieb immer am oberen Anschlag. Nur während das Gerät noch hochfährt, also die CF3 noch nicht vollen Kathodenstrom zieht, sieht man beim Abstimmvorgang noch einen deutlichen "Dip". Kann man natürlich ändern, indem man die Schirmgitterspannung der CF3 etwas zurücknimmt. Da werde ich mir noch etwas einfallen lassen, bevor das Gerät an den Besitzer zurückgeht.
Letztenendes wurde noch von dem mitgelieferten Ersatzteilspender-Chassis eines 540WLK die gesamte Skalenfront auf das reparierte Allstromchassis umgesetzt. Die Mechanik ist identisch.
Bezüglich des Rostbefalls des Chassis bin ich so vorgegangen: Größere Flächen wurden mit Schleifflies behandelt, schwer zugängliche Stellen mit einem Glasfaserpinsel. Danach wurde alles mit Knochenöl abgerieben. Nun sind die Rostaufbrüche eher schwarz als rost-rot und fallen weniger unangenehm ins Auge.
Eine konstruktive Besonderheit des 540 GWLK besteht darin, dass die Fassungen der Röhren CK1, CF3 und CF7 auf Gummipuffern ruhen. Diese sind natürlich über die Jahre verhärtet und zerfallen. Unglücklicherweise sind die Fassungen nicht mit Schrauben sondern mit Nieten auf dem Chassis befestigt. Um die Nieten nicht durch Schrauben ersetzen zu müssen, wurden für die Reparatur Kabeldurchführungen von ungefähr der richtigen Größe aus Gummi verwendet, an einer Stelle radial geschlitzt und unter die Röhrenfassungen geschoben. Nicht ganz so schön wie die ursprünglichen Silent-Elemente, aber sie erfüllen ihren Zweck.
So sieht der Siemens 540 GWLK nun aus... und wartet auf den Einbau auf das restaurierte Gehäuse. Um diese Arbeit kümmert sich der Eigentümer selbst.
Einige dieser Bilder findet man auch in RMorg.
Hersteller: SIEMENS
Modell: Großsuper-Schatulle 540 GWLK
Baujahr: 1935-37
Röhrenbestückung: CK1, CF3, CB1, CF7, CL2, CY1, 1 x EU IX oder 2 x EUVII - je nach Netzspannung
Zwischenfrequenz: 129kHz
Stromversorgung: 110V, 125V, 150V, 220V Gleich- oder Wechselspannung
Wellenbereiche: LW, MW, KW
Bedienelemente: Lautstärke - Tonblende / Abstimmung / Wellenbereich
Gehäuse: Holz, schwarzer Schleiflack, versilberte Beschläge
Abstimmanzeige: Wellenlot (Milliamperemeter in der Kathodenzuleitung der geregelten ZF-Röhre CF3
Fabrik Nr. E 13771 S
Abmessungen: BHT: 39 cm x 52 cm x 37 cm
Gewicht: ca. 20 kg
Anfangszustand
Hier zunächst eine Auswahl der Bilder, die mir der Besitzer zukommen ließ:
Nachdem ich die Bilder gesehen hatte, kamen mir doch leichte Zweifel an der Weisheit des Entschlusses meine Hilfe anzubieten. Aber die Neugier siegte ..
Das Chassis wurde mir dann zugeschickt und sah so aus:
Offensichtlich hatte einer der Vorbesitzer die Gleichrichterröhre CY1 durch einen Selengleichrichter ersetzt und einen Teil der Kondensatoren aus der Sammelbox ausgelagert. Auch auf der Chassisunterseite sieht man noch zwei ausgelagerte Kondensatoren, einen durchgebrannten Widerstand (roter Pfeil) und einen zusätzlichen 10nF NIWATROP Wickelkondensator (blauer Pfeil) zwischen Anode und Schirmgitter der CL2 . Aber ansonsten sah eigentlich alles sehr schön original aus.
Schaltung
Ich zeige hier das Schaltbild aus Lange/Nowitsch, da es im Gegensatz zum originalen Siemens Service Schaltbild leichter zu überblicken ist und die Bauteilwerte angegeben sind (Im Originalschaltbild muss man immer parallel in die Stückliste schauen). Wie so häufig weichen die Werteangaben in Lange-Nowitsch von denen in der originalen Serviceanleitung ab - auch enthalten die ZF-Filter keine Festkondensatoren mit parallelgeschalteten Trimmern - sondern nur Trimmer... usw...
Auf MW und LW arbeitet das Gerät mit einem Bandfiltereingang - unumgänglich bei einer ZF von nur 129kHz wenn man eine ausreichende Spiegelfrequenzunterdrückung erreichen will. Nur auf KW verzichtete man auf ein Bandfilter - der Gleichlauf wäre zu schwer zu realisieren. Das Eingangsbandfilter und die ZF-Bandfilter sind in 2 Aluminium-Schachteln untergebracht. Die Seitenwände der Schachteln kann man nach oben ziehen und man erkennt sehr schön den sorgfältig geschirmten Aufbau: Links die beiden Kammern des Eingangsbandfilters, in der Mitte die Oszillatorkammer und rechts die ZF-Bandfilter in 2 übereinander liegenden Kammern.
Zunächst zum ganz links gelegenen 1.Kreis des Eingangsbandfilters: Ganz oben liegt die LW-Spule, darunter die hochinduktive Antennenspule, darunter auf einem Haspelkern die MW-Spule. Vor der MW-Spule liegt ein kleiner genieteter Glimmerkondensator. Dabei handelt es sich um den im Schaltbild oberhalb der MW-Spule liegenden 3,5pF Kondensator. Die Antennenankopplung an den Eingangskreis des Bandfilters erfolgt somit gemischt induktiv/kapazitiv, letzteres durch eben diesen Kondensator am Hochpunkt des MW-Kreises.
Die Kopplung zwischen den Hochpunkten des Eingangsbandfilters erfolgt durch einen einfachen, mit Rüschschlauch überzogenen Draht, der in einer Haarnadel endet.
In der 2. Kammer von links sieht man die Spulen des 2. Eingangskreises.
Zwischen beiden, mittig unterhalb der Abschirmwand die KW-Spule.
Die Spulenkerne sind z.T von unten her durch Löcher im Chassisboden erreichbar, teilsweise von oben her durch Löcher im Dach der Alu-Schachteln. Die oberen und unteren Basisplatten der Spulen tragen Glimmerplatten-Trimmkondensatoren.
In der Mischstufe arbeitet eine Misch-Oktode CK1. Zu erwähnen wäre, dass der abgestimmte Ozillatorkreis hier am Gitter 1 der CK1 liegt, während er in der Wechselstromversion des Gerätes 540WLK im Anodenkreis der ACH1-Triode liegt - letztere Schaltungsvariante ist hinsichtlich der Frequenzstabilität des Oszillators im Prinzip zu bevorzugen. Liegt der abgestimmte Kreis am Gitter einer geregelten Röhre kann es beim Regelvorgang durch Verschiebung der Raumladungsbereiche zu Änderungen der internen Kapazitäten und dadurch zu Frequenzverwerfungen kommen. Mehr zu dieser Thematik findet der Leser hier.
Die Oszillatorspulen, Padding-Kondensatoren und Parallel-Trimmer sind in der linken Kammer der zweiten Alu-Schachtel untergebracht- im Bild sieht man nur die KW-Oszillatiorspule; die MW- und LW-Spulen liegen dahinter. Die beidseits der KW-Spule liegenden dunkelgrünen Blöcke sind die Paddig-Kondensatoren für MW und LW: 1800pF für MW und 1800pF in Reihe mit 1000pF in Reihe für LW. Diese vergossenen Glimmerkondensatoren machen zwar einen sehr soliden Eindruck - trotzdem hatte der 1nF Kondensator nur noch 410pF; der 1800pF Kondensator war mit 1759p zwar noch werthaltig, wurde aber auch ausgetauscht.
Die Körper der ursprünglichen Padding-Kondensatoren waren keramische "Töpchen", die mit einer Vergussmasse verschlossen waren, die mir Rätsel aufgibt - sie ist so hart, dass man sie mit einer Reissnadel kaum ritzen kann. Wären das moderne Bauteile, hätte ich auf Epoxidharz getippt ... aber das gab es ja damals noch nicht.
Auf die Mischröhre folgt ein Bandfilter und eine geregelte ZF-Verstärkerstufe mit der CF3. Die Anode der CF3 ist nicht mit dem Hochpunkt der Primärseite das nachfolgenden Bandfilters verbunden, sondern liegt an einer Anzapfung derselben -> Verringerung der Kreisbedämpfung.
Zur Regelspannungserzeugung wird das ZF-Signal von der Anode kapazitiv auf eine Diodenstrecke der CB1 gekoppelt.
Die Demodulation des ZF-Signals erfolgt an der zweiten Diodenstrecke der CB1 die ihr Signal über die Sekundärseite des 2. Bandfilters erhält. In den folgenden Bildern sieht man noch einmal die Kammern in denen übereinander die beiden Bandfilter untergebracht sind.
Man erkennt auch die Glimmerfolien-Trimmkondensatoren auf den Spulenhalteplatten.
Die NF-Aufbereitung ist Standard - abgesehen von der Tatsache, dass die Einspeisung eines externen Audiosignals am Phonoeingang über einen Trenntransformator erfolgt. Da je nach Polung des Netzsteckers das Chassis auf "P" liegen kann, muss das Chassis im eingebauten Zustand natürlich berührungssicher sein.
Als Tonblende arbeitet eine Reihenschaltung aus 50nF und einem Regler von 50kOhm von der Anode der Endröhre CL2 nach Masse. Für den Regler hat man sich eine ganz spezielle Lösung einfallen lassen. Er besteht aus einer Reihenschaltung von 6 gewickelten Drahtwiderständen mit den Werten:
2,05 - 3,67 - 6,24 -11,6 - 23,3 - 49 kOhm.
Tonblende_2.jpg (Größe: 186,36 KB / Downloads: 976)
Steht der Regler am Rechtsanschlag, berührt der Schleifer keinen der Widerstände (Position "offen" im folgenden Bild) -> geringste Höhenabsenkung. Steht er am Linksanschlag berührt der Schleifer direkt die nach oben zeigende Lötfahne ohne zwischengeschalteten Widerstand -> größte Höhenabsenkung.
Reparatur
Die 3 Sammelkondensatoren und alle Rollenkondensatoren wurden neu befüllt
Hierzu wäre zu bemerken, dass der große Sammelkondensator im vorliegenden Gerät die Werte 8 + 32 + 8 + 4 + 4µF enthielt, obwohl in der Originaldokumentation als auch bei Lange-Nowitsch anstatt des 32µF Siebkondensators nur 8µF angegeben sind. Die MKP 630V Kondensatoren, die ich üblicherweise verwende, passen gerade so in die Schachtel.
Großer_Sammelkondensator_original.jpg (Größe: 221,32 KB / Downloads: 981)
Großer_Sammelkondensator_neu_befüllt.jpg (Größe: 227,38 KB / Downloads: 979)
RC-Platte: Ersatz des durchgebrannten Widerstandes und Neubefüllung der Elkos auf der Unterseite
D_SIEMENS_540GWLK_R_Platte_vor_Reparatur.jpg (Größe: 225,76 KB / Downloads: 981)
D_SIEMENS_540GWLK_R_Platte_nach_Reparatur.jpg (Größe: 198,48 KB / Downloads: 982)
D_SIEMENS_540GWLK_C_Platte_nach_Reparatur.jpg (Größe: 197,87 KB / Downloads: 999)
Der Kathodenelko der CF7 war explodiert - sah man von der Oberseite der Platte garnicht.
Ersatz der Padding-Kondensatoren
Eingesetzt wurden jetzt JAHRE Glimmerkondensatoren 1030pF und 1030+780pF parallel = 1810pF. Ein Größenvergleich der alten und neuen Padding-Kondensatoren:
Nietenbruch im Lautstärke-Poti
Nun wurden noch einmal alle Kondensatoren und Widerstände überprüft, die Gleichrichterröhre CY1 eingesetzt und die Spannungen beobachtet. Alle Spannungen ein wenig zu hoch, aber keine absurden Werte. Trotzdem sagte das Radio keinen Ton, es sei denn man tippte direkt das Steuergitter der CF7 an. Wo versickerte die NF? -> im Lautstärkeregler-Poti. Im Prinzip war es ja ein Glücksfall, dass ich die Doppeleinheit bestehend aus Lautstärkeregler und Tonblende zerlegen musste. Sonst hätte ich nie erfahren, wie der oben beschriebene Tonblendenregler von innen aussieht. Hier mal einige Bilder von dieser Einheit, montiert und zerlegt:
Man sieht im zerlegten Zustand, dass die eine Bronzefeder so verdächtig lose im Poti lag. Die kleinen Ms-Hohlnieten hatten auf der einen Seite ihre Köpfchen verloren. So hatte sich die Bronzefeder gelöst und die Kontaktierung zwischen der Widerstandsbahn und der gegenüber liegenden Kontaktbahn war unterbrochen. Die abgerissenen Köpfchen der Hohlnieten kullerten lose im Poti herum und sahen aus wie kleine Unterlegscheiben. Glücklicherweise konnte man mit Hilfe von M1,4 Schräubchen wieder alles zusammensetzen.
Gebrochener Schleifer.jpg (Größe: 107,67 KB / Downloads: 957)
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Nun funktionierte das Gerät zwar wieder, aber die Empfindlichkeit liess noch zu wünschen übrig. Also wurde ein Neuabgleich vorgenommen. Ehrlich gesagt war ich zu faul, die überkritisch gekoppelten Bandfilter beim Abgleich wechselseitig zu bedämpfen - aber es ging auch mit Maximumsabgleich recht ordentlich.
Was mich noch ärgert ist das Wellenlot (siehe hier und hier), also das mA-Meter, das in der Kathodenleitung der geregelten ZF-Röhre CF3 liegt. Im Gegensatz zur Wechselstromversion des Gerätes, wo man mit einen Widerstandswert von ca. 1100 Ohm arbeitet, hat es in der Allstromversion einen Widerstand von nur 30 Ohm.
Dieses Instrument hängt beim Betrieb immer am oberen Anschlag. Nur während das Gerät noch hochfährt, also die CF3 noch nicht vollen Kathodenstrom zieht, sieht man beim Abstimmvorgang noch einen deutlichen "Dip". Kann man natürlich ändern, indem man die Schirmgitterspannung der CF3 etwas zurücknimmt. Da werde ich mir noch etwas einfallen lassen, bevor das Gerät an den Besitzer zurückgeht.
Letztenendes wurde noch von dem mitgelieferten Ersatzteilspender-Chassis eines 540WLK die gesamte Skalenfront auf das reparierte Allstromchassis umgesetzt. Die Mechanik ist identisch.
Bezüglich des Rostbefalls des Chassis bin ich so vorgegangen: Größere Flächen wurden mit Schleifflies behandelt, schwer zugängliche Stellen mit einem Glasfaserpinsel. Danach wurde alles mit Knochenöl abgerieben. Nun sind die Rostaufbrüche eher schwarz als rost-rot und fallen weniger unangenehm ins Auge.
Eine konstruktive Besonderheit des 540 GWLK besteht darin, dass die Fassungen der Röhren CK1, CF3 und CF7 auf Gummipuffern ruhen. Diese sind natürlich über die Jahre verhärtet und zerfallen. Unglücklicherweise sind die Fassungen nicht mit Schrauben sondern mit Nieten auf dem Chassis befestigt. Um die Nieten nicht durch Schrauben ersetzen zu müssen, wurden für die Reparatur Kabeldurchführungen von ungefähr der richtigen Größe aus Gummi verwendet, an einer Stelle radial geschlitzt und unter die Röhrenfassungen geschoben. Nicht ganz so schön wie die ursprünglichen Silent-Elemente, aber sie erfüllen ihren Zweck.
So sieht der Siemens 540 GWLK nun aus... und wartet auf den Einbau auf das restaurierte Gehäuse. Um diese Arbeit kümmert sich der Eigentümer selbst.
Einige dieser Bilder findet man auch in RMorg.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
Harald