04.12.2017, 00:05
Vor langer Zeit schenke mir jemand dieses Gerät, das mich nicht interessierte und daher gleich in einer dunklen Ecke verschwand. Vor ca. 30 Jahren entdeckte es unser Sohn und fragte, ob er die goldige Kiste für seine gerade gegründete Rockband verwenden dürfte. Die Rockband übte in einem Keller und eines Tages gab es einen Rohrbruch, der den Keller flutete. Beim nächsten Einschalten gab die Echolette ein Rauchsignal von sich... und landete wieder bei mir.
Da stand sie nun, bis sie vor kurzem von unserem Schwiegersohn entdeckt wurde, der in seiner Freizeit ebenfalls in einer Rockband spielt. Er bekam bei dem Anblick vor Freude ganz feuchte Augen und hätte sie gerne sofort mitgenommen. Aber seit den Rauchsignalen war ja nichts mehr passiert.
Nun ist ja bald Weihnachten und da habe ich mir gedacht: "das gute Stück repariere ich mal kurz" - und schon haben wir ein Weihnachtsgeschenk für den Schwiegersohn. Aber mit dem "kurz mal reparieren" wurde es nichts. Die Echolette hatte doch unter dem Wassereinbruch stärker gelitten, als ich gehofft hatte.
Inzwischen funktioniert sie wieder und wenn man sie richtig aufdreht, bewegen sich die Teppichfransen.
Da es in unserem Forum inzwischen auch musizierende Mitglieder wie z.B. die Beate gibt, dachte ich mir, ich schreibe mal etwas über das Gerät:
Der transistorisierte Leistungsverstärker: Der Kühlkörper mit den 2 x 2N3055 sitzt huckpack auf der Rückseite der Platine.
Ein Detailbild der Komponenten für die Überlastabschaltung:
Von links nach rechts die Transistoren T9 (2N3704), T8 (TIS43) und T7 (2N3702)
Darunter der Regler R17, mit dem die Schaltschwelle der Überlastabschaltung eingestellt werden kann.
Bei dem zweiten, vertikal stehenden Trimmregler handelt es sich um R3, mit dessen Hilfe die Mittenspannung der Endstrufe justiert werden kann. Laut Einstellvorschrift soll die Mittenspannung bei einer Oberspannung von +75V auf +39V justiert werden, also etwas höher als die halbe Oberspannung. Der Grund hierfür legt in der nicht vollkommen symmetrischen Aussteuerung der Endstufe. Durch diese "Fehljustierung" erreicht man, dass bei hoher Aussteuerung positive und negative Halbwellen ab der gleichen Amplitude geklippt werden.
Witzig finde ich die Stromversorgung:
Die 4 Röhren ECC83 werden mit Gleichspannung in Serienschaltung geheizt, benötigen also 4 x 12,6 V. Die transistorisierte Endstufe wird mit +75V betrieben. Für die Röhrenheizung werden die überschüssigen 25 V über den Vorwiderstand R104 vernichtet.
Als Gleichrichter verwendet man hier eine Graetzschaltung aus 2 Dioden 703D + 2 Dioden 703DR im Einpressgehäuse , die eigentlich für Drehstrom-Lichtmaschinen entwickelt wurden. Das nenne ich mal einen soliden Gleichrichter - den bekommt man nur mit einem Hammer kaputt.
Schlussbemerkung:
Nach diesen langatmigen Erklärungen wird sich der Leser fragen: "Wo lag nun eigentlich die Ursache für die Rauchentwicklung?"
Die Erklärung: Viele Elkos hatte viel zu hohe Leckströme und auf der Platine des Leistungsverstärker waren fast alle Transistoren zerstört, inclusive derer die für den Überlastschutz verantwortlich waren. Die 2N3055 hatten Kurzschluss. Die +75V Versorgung ist mit 6A abgesichert. Da kann man sich vorstellen, dass hohe Ströme flossen und so einiges überhitzt wurde.
Nachdem alle offensichtlich defekten Komponenten getauscht waren, und der Verstärker im Prinzip wieder prächtig funktionierte, stellte sich ein besonders diabolischer Fehler ein: Aus dem Lautsprecher kam sporadisch ein Knistern und Zischeln, das sich änderte, wenn man auf die Hauptplatine drückte.
Nach langem Suchen habe ich den/die Fehler gefunden:
Die 4 keramischen Röhrenfassungen habe sehr stramme Kontaktfedern. Jedes Mal wenn man die Röhren zieht oder steckt wird die Platine extrem durchgebogen. Dies führte zu Haarrissen in den Leiterbahnen, insbesondere in der Nähe der Röhrenfassungen an den Übergängen zwischen dem verzinnten und dem blanken Teil der Leiterbahnen.
Die Suche nach diesen Schwachstellen hat mich einige Tage Arbeit gekostet - aber nun läuft der Verstärker sehr schön. Weihnachten kann kommen!
Da stand sie nun, bis sie vor kurzem von unserem Schwiegersohn entdeckt wurde, der in seiner Freizeit ebenfalls in einer Rockband spielt. Er bekam bei dem Anblick vor Freude ganz feuchte Augen und hätte sie gerne sofort mitgenommen. Aber seit den Rauchsignalen war ja nichts mehr passiert.
Nun ist ja bald Weihnachten und da habe ich mir gedacht: "das gute Stück repariere ich mal kurz" - und schon haben wir ein Weihnachtsgeschenk für den Schwiegersohn. Aber mit dem "kurz mal reparieren" wurde es nichts. Die Echolette hatte doch unter dem Wassereinbruch stärker gelitten, als ich gehofft hatte.
Inzwischen funktioniert sie wieder und wenn man sie richtig aufdreht, bewegen sich die Teppichfransen.
Da es in unserem Forum inzwischen auch musizierende Mitglieder wie z.B. die Beate gibt, dachte ich mir, ich schreibe mal etwas über das Gerät:
Hersteller: KLEMT
Typ: Vokalversätrker
Modell: Echolette M100
Baujahr: ca. 1968
Garantie Nr: 73587
Röhrenbestückung: 4 x ECC83
Transistorbestückung: BC116A, BC115, 2N4036, 2N2102, 2x2N3055, 2N3702, TIS43, 2N3704
Bedienelemente:
Front:
- links: 4 Lautstärkeregler mit Zugschaltern zum aktivieren des Hallausgangs (ganz links DIN-Buchse)
- rechts: Lautstärke und Klangregler
Gehäuse: Metall
Anschlussmöglichkeiten Rückseite:
- 2 parallel geschaltete Lautsprecherausgänge mit wählbarer Impedanz 3,5 ... 20 Ohm.
- Tonbandausgang (DIN-Buchse)
Typ: Vokalversätrker
Modell: Echolette M100
Baujahr: ca. 1968
Garantie Nr: 73587
Röhrenbestückung: 4 x ECC83
Transistorbestückung: BC116A, BC115, 2N4036, 2N2102, 2x2N3055, 2N3702, TIS43, 2N3704
Bedienelemente:
Front:
- links: 4 Lautstärkeregler mit Zugschaltern zum aktivieren des Hallausgangs (ganz links DIN-Buchse)
- rechts: Lautstärke und Klangregler
Gehäuse: Metall
Anschlussmöglichkeiten Rückseite:
- 2 parallel geschaltete Lautsprecherausgänge mit wählbarer Impedanz 3,5 ... 20 Ohm.
- Tonbandausgang (DIN-Buchse)
Die Schaltung:
Die Anodenspannungsversorgung habe ich zwecks besserer Leitungsverfolgung rot markiert.
Wie man sieht, hatte sich Klemt mal etwas ganz ungewöhnliches ausgedacht: Man verwendete nicht - wie andere Hersteller - im Vorverstärker Transistoren und im Leistungsverstärker Röhren, sondern genau umgekehrt. Neulich las ich irgendwo, dass die M100 Ladenhüter waren und daher nur kurzzeitig von Klemt gebaut wurden. Keine Ahnung warum - für meine Ohren klingen diese Verstärker sehr ordentlich.
Der M100 hat 4 Eingänge. Die Eingangssignale werden in den Trioden von Rö1 und Rö2 (beide ECC83) vorverstärkt, dann auf 4 individuelle Tonblenden R50, R53, R56, R59 und 4 individuelle Lautstärkeregler R62 ... R65 gegeben. Von dort werden die Signale verzweigt.
Erstens werden sie über die Summierwiderstände R66 ... R69 auf das Gitter des einen Triodensytems von Rö3 (unten) gegeben, und dann vorverstärkt über C37, R30 dem Ausgang zum Hallgerät zugeführt. Im Signalweg liegen die Schalter S1 ... S4. Diese werden betätigt indem man die Knöpfe der 4 Lautstärkepotis herauszieht. Es kann also gewählt werden, ob alle 4 oder nur einzelne Eingangssignale überlagert und dem Hallgerät zugeführt werden.
In der Ansicht von schräg unten erkennt man unter jedem der 4 Lautstärkeregler einen dicken Pfeil und 3 vertikale Striche. Der Pfeil ist das Symbol für "Herausziehen" und die 3 Striche für "Nachhall".
Außerdem werden die Signale (ohne dazwischen liegende Schalter) über die Summierwiderstände R75 ... R78 auf das Gitter der 2. Triodensystems von Rö3 gegeben, und dort sowie in einem System von Rö4 verstärkt.
Das vom Hallgerät zurück kommende Siganal wird über Entkopplungswiderstände ebenfalls auf das Gitter des 2. Triodensystems von Rö3 gegeben und somit dem unverzögerten Summensignal überlagert.
Auf das linke System von Rö4 folgt das Haupt-Klangregelnetzwerk mit den Reglern R89, R95, sowie der Haupt-Lautstärkeregler R93. Das gefilterte Signal wird im 2. Sytem von Rö4 weiterverstärkt, und über den Spannungsteiler R98 / R99 dem transistorisierten Leistungsverstärker übergeben. Der Verstärker weist keine Besonderheiten auf , und wird daher nicht im Detail beschrieben.
Interessant finde ich die Lösung, die man hier für eine Überlast-Abschaltung gewählt hat:
In der Emitterleitung des unteren 2N3055 (T5) liegt der Sense-Widerstand R21 mit 0,15Ohm. Übersteigt der Strom durch diesen Widerstand einen bestimmten Wert, so wird der Transistor T9 (2N3704) durchgesteuert. Damit wird auch der Unijunction Transistor T8 (TIS43) durchgesteuert -> die Lampe S6 in seinem Emitterpfad leuchtet - das ist die untere der beiden Lampen auf der rechten Seite der Frontplatte. Der TIS43 wurde hier übrigens, wie auch in allen anderen Schaltbildern, fälschlicherweise als Junction-FET gezeichnet.
Durch die hieraus resultierende Potentialverschiebung an der Basis von T7 (2N3702) wird letztendlich auch dieser durchgesteuert und legt den NF-Eingang des Leisungsverstärkers an Masse. Der Verstärker wird "stumm geschaltet" ... auf Neudeutsch: "gemutet".
Die Schaltschwelle der Überlast-Abschaltung kann durch den Trimmregler R17 in der Emitterleitung des 2N3704 eingestellt werden.
Nun fragt man sich, wie man denn den Verstärker wieder aktiviert? Das geht folgendermaßen: Man drückt auf den Knopf des Haupt-Lautstärkereglers. Dadurch schließt der Taster S6 Emitter und Gate 2 (unterer Anschluss) des TIS43 kurz (beide liegen dann auf Masse).
Nun muss man wissen, dass Unijunction Transitoren so ähnlich wie Thyristoren funktionieren. Sind sie erst einmal durchgeschaltet, verharren sie in diesem Zustand, bis man ihnen die Betriebsspannung wegnimmt. So auch hier beim TIS43. Wird er über Gate 1 (den oberen Anschluss) durchgesteuert, so bleibt solange in diesem Zustand, bis die Spannung zwischen Emitter und Gate 2 verschwindet.
Drückt man nun den Knopf des Haupt-Lautstärkereglers und der Verstäker ist sofort wieder übersteuert, so schaltet er sofort wieder ab. Man wird also im praktischen Fall so vorgehen, dass man die Lautstärke etwas zurücknimmt und erst dann den Knopf drückt. Liegt man dann unterhalb der Übersteuerungsschwelle, so läuft der Verstärker wieder und die rote Kontrolleuchte erlischt.
Unter der roten Leuchte und neben dem Lautstärkeknopf sieht man übrigens die gleichen Kasten-Symbole, die bei Klemt "Stummschaltung" bedeuten.
Nun ein paar Detailbilder der Verdrahtung: Hier zunächst ein Blick von oben auf das ausgebaute Chassis.
Unten im Bild die weißen Plastik-Stellrädchen der erwähnten 4 Vorverstärker-Tonblenden. Diese sind natürlich auch dann erreichbar, wenn das Chassis nicht ausgebaut ist: Das Gehäuse hat oben einen Deckel, der herausgeklappt werden kann, sodass die Tonblenden im Betrieb bedient werden können.
Unten im Bild die weißen Plastik-Stellrädchen der erwähnten 4 Vorverstärker-Tonblenden. Diese sind natürlich auch dann erreichbar, wenn das Chassis nicht ausgebaut ist: Das Gehäuse hat oben einen Deckel, der herausgeklappt werden kann, sodass die Tonblenden im Betrieb bedient werden können.
Oben im Bild der Rippenkühlkörper für die 2 Stück 2N3055 des Leistungsverstärkers.
Das Chassis von unten:
Der transistorisierte Leistungsverstärker: Der Kühlkörper mit den 2 x 2N3055 sitzt huckpack auf der Rückseite der Platine.
Ein Detailbild der Komponenten für die Überlastabschaltung:
Von links nach rechts die Transistoren T9 (2N3704), T8 (TIS43) und T7 (2N3702)
Darunter der Regler R17, mit dem die Schaltschwelle der Überlastabschaltung eingestellt werden kann.
Bei dem zweiten, vertikal stehenden Trimmregler handelt es sich um R3, mit dessen Hilfe die Mittenspannung der Endstrufe justiert werden kann. Laut Einstellvorschrift soll die Mittenspannung bei einer Oberspannung von +75V auf +39V justiert werden, also etwas höher als die halbe Oberspannung. Der Grund hierfür legt in der nicht vollkommen symmetrischen Aussteuerung der Endstufe. Durch diese "Fehljustierung" erreicht man, dass bei hoher Aussteuerung positive und negative Halbwellen ab der gleichen Amplitude geklippt werden.
Witzig finde ich die Stromversorgung:
Die 4 Röhren ECC83 werden mit Gleichspannung in Serienschaltung geheizt, benötigen also 4 x 12,6 V. Die transistorisierte Endstufe wird mit +75V betrieben. Für die Röhrenheizung werden die überschüssigen 25 V über den Vorwiderstand R104 vernichtet.
Als Gleichrichter verwendet man hier eine Graetzschaltung aus 2 Dioden 703D + 2 Dioden 703DR im Einpressgehäuse , die eigentlich für Drehstrom-Lichtmaschinen entwickelt wurden. Das nenne ich mal einen soliden Gleichrichter - den bekommt man nur mit einem Hammer kaputt.
Schlussbemerkung:
Nach diesen langatmigen Erklärungen wird sich der Leser fragen: "Wo lag nun eigentlich die Ursache für die Rauchentwicklung?"
Die Erklärung: Viele Elkos hatte viel zu hohe Leckströme und auf der Platine des Leistungsverstärker waren fast alle Transistoren zerstört, inclusive derer die für den Überlastschutz verantwortlich waren. Die 2N3055 hatten Kurzschluss. Die +75V Versorgung ist mit 6A abgesichert. Da kann man sich vorstellen, dass hohe Ströme flossen und so einiges überhitzt wurde.
Nachdem alle offensichtlich defekten Komponenten getauscht waren, und der Verstärker im Prinzip wieder prächtig funktionierte, stellte sich ein besonders diabolischer Fehler ein: Aus dem Lautsprecher kam sporadisch ein Knistern und Zischeln, das sich änderte, wenn man auf die Hauptplatine drückte.
Nach langem Suchen habe ich den/die Fehler gefunden:
Die 4 keramischen Röhrenfassungen habe sehr stramme Kontaktfedern. Jedes Mal wenn man die Röhren zieht oder steckt wird die Platine extrem durchgebogen. Dies führte zu Haarrissen in den Leiterbahnen, insbesondere in der Nähe der Röhrenfassungen an den Übergängen zwischen dem verzinnten und dem blanken Teil der Leiterbahnen.
Die Suche nach diesen Schwachstellen hat mich einige Tage Arbeit gekostet - aber nun läuft der Verstärker sehr schön. Weihnachten kann kommen!
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
Harald