Radio-Bastler-Forum (RBF)

Normale Version: OWIN E31W (1931/32) instandsetzen
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Hallo zusammen,

bei diesem ersteigerten Chassis mit Aufdruck "31W" kann es sich nur um einen OWIN E31W aus dem Rundfunkjahr 1931/32 handeln. Leider ohne Gehäuse und Röhren, der "Rest" sieht aber komplett und unverändert aus.

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Der Originalröhrensatz ist auf den Fassungen notiert: RENS 1204, 2 mal REN 1004, Endrohr RES 134 und Gleichrichter RGN 354. Leider sind bei den meisten Röhren die Niethülsen an den Fassungen versprödet und abgebrochen. Man braucht Ersatz in ca 10 mm Länge. Wer hat Ideen? (M2-Schrauben möchte ich vemeiden)

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Nachdem der gröbste Dreck weg ist, sieht man die ersten Lagerschäden.

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Der geborstene Block muß neu gefüllt werden, an den Spulensatz muß man ebenfalls ran. Auf der Unterseite sieht es noch weitgehend original aus. 

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Störend sind die an den Haltern verlöteten Komponenten. Hier wurde wohl nachträglich Schluß gemacht mit Wackelkontakten. Ab Werk wurde nie verlötet, richtig? Da ich einen funktionierenden OWIN ohne Verlötung habe, neige ich dazu, das zurückzunehmen.

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Um Verschleißteile auszutauschen wäre ein Schaltplan gut. Leider sind die OWIN Geräte um 1930 schlecht dokumentiert, ein Schaltplan für E31W ist weder im rmorg, noch bei gfgf verfügbar. Sollte jemand einen solchen haben - eine Abbildung wäre schön.

Soweit ich den Apparat untersucht habe, handelt es sich um einen Zweikreiser mit gekoppelter Drehkoabstimmung, Schirmgitterröhre als  HF-Vorstufe, einem Audion (REN 1004 bzw. 904) mit manueller Rückkopplung und einem zweistufigen NF-Verstärker für 2 Wellen und Phono. In dieser Konfiguration hat OWIN eine ganze Reihe von Typen hergestellt. Für die Wellenumschaltung gibt es beim E31W einen dreistufigen Umschalter (Lang/Kurz/Tonabnehmer). Der HF-Eingang wird über eine achtstufige Antennenankopplung ohne Sperrkreis gespeist.
Sucht man mit diesen Eigenschaften und dem Röhrensatz, findet man zum E42W aus demselben Jahrgang einen Schaltplan, der in den wesentlichen Punkten übereinstimmt. E31W und E42W verwenden den gleichen Spulensatz und den gleichen Mehrfach-Umschalter. Sollte sich kein Schaltplan für E31W finden, wäre das eine Basis für die Aufarbeitung.

Als nächstes werden Trafo, Drossel und Drahtwiderstand geprüft.
...wird fortgesetzt
Alle Wicklungen des Netztrafos erwiesen sich als durchgängig, ebenfalls die der Drossel und der Widerstandsspule, die aus zwei verbundenen Drahtwiderständen mit 120 und 1250 Ohm einen Spannungsteiler bildet. Damit ist bei dem Chassis genügend Substanz vorhanden, um sich näher damit zu befassen.

Oberflächenrestaurierung

Da die komplette Oberseite ein Gemisch von öligen Staub und Rostbelägen überzieht und das Inspizieren der Teile so schlecht möglich ist, wurden alle Komponenten bis auf den Netztrafo ausgebaut. Nach der Reinigung löste sich teilflächig die dünne silberfarbene Chassisbeschichtung. Der darunterliegende Rostbelag wurde bis zum blanken Metall heruntergeschliffen.  

Auf eine komplette Neulackierung in frischer Silberfarbe wurde verzichtet, da diese nicht zu den gealterten Komponenten paßt. Das Weiterrosten wurde durch Versiegeln unterbunden und die Fehlstellen im Lack wurden der Alterspatina durch behutsames Ausbessern im Farbton angeglichen. Die rostigen Trafoblechpakete wurden komplett entrostet und mit trocknendem Firniß überzogen. Sie waren einmal schwarz lackiert, stellenweise noch sichtbar, aber hier erfolgte keine schwarze Neulackierung. Man soll dem Gerät Alter und Strapazen ansehen. Durch das Neuverlöten des Sammelblocks sprang auch hier die Farbe weg. Nach dem Auftragen wurde der frische Silberton mit einem Lasurton in Beige und Grau überzogen und dadurch nachgealtert.

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Im ausgebauten Zustand konnten die Komponenten eingehend untersucht und aufgearbeitet werden.

Drehko-Aggregat

Es handelt sich um einen Doppeldrehko auf fester gemeinsamer Achse mit zwei identischen Blechpaketen 600 pF. An der linken Seite ist der Stator zur Feinabstimmung schwenkbar, rechts fixiert. Die Abstimmung erfolgt über ein stirnseitig montiertes Seilgetriebe, das an der Unterseite nachjustiert werden kann, wenn der Seilzug sich ausgelängt hat. 

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Leider riß das originale Antriebsseil erst, nachdem das Aggregat neu justiert wieder auf dem Chassis saß. Also das ganze raus-rein von neuem. Am besten baut man gleich ein gut erhaltenes Retro-Seil aus den 60ern ein. Für diejenigen, die in die Verlegenheit kommen, ein neues Seil aufzulegen, sei hier eine Anleitung hinterlegt:

Das originale Textilseil ist 1 mm dick. Es werden 47 cm benötigt. Man beginnt mit dem Aufseilen, indem man auf halber Länge einen Knoten macht und das Seil von unten durch die Bohrung im Seilrad nach oben führt, am anderen Seilende legt man im Abstand von 10 mm ebenfalls einen Knoten an und führt es durch die zweite Bohrung nach oben. Dann überkreuzt man die Seilenden und führt sie nach unten über die Umlenkrollen zu den Aufrollwalzen und schraubt sie dort fest. Damit die Bewegung abläuft, muß das gegenäufig erfolgen. Die kleine Skizze verdeutlicht die Anordnung.

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Wichtig ist die Prüfung, ob der Rotor spielfrei läuft und keinen Kontakt zum Stator hat. Es zeigte sich, dass der linksseitige Rotor verzogen war und im Ganzen seitlich nachgedrückt werden mußte. Auch lief er nicht mehr mittig, die linke Seite zeigte Achsspiel und der Justierhebel klemmte. Diese Probleme lassen sich durch Nachjustieren der äußeren Lagerschraube beheben.  Die saubere Kontaktgabe an der isolierten Statorachse ist ebenfalls zu prüfen. Zwischen der Verschraubung und einer der Lötösen hatte sich ein hochohmiges Oxyd gebildet, das abgetragen werden mußte. Diese Probleme sind im eingebauten Zustand nicht erkenn- bzw. behebbar. 

Die Skala ist aus Kunststoff und demontierbar, sie läßt sich ggf. leicht nachfertigen. 

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Antennenspule/Eingangskreis
Das Spulenaggregat besteht aus zwei Hartpapierröhren, auf die Antennenspule und Eingangskreis verschachtelt angebracht sind und dem Wahlschalter für die Antennenanpassung. Man baut alles als eine Einheit aus. 

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Jede Spule und ihre Verbindungen wurde geprüft. Die Kreisspule für LW war an einem Ende lose und ein paar Windungen abgerollt, die Ränder der Spulenkörper versprödet, verformt und lädiert. Sie wurden nachgerundet, Fehlendes ergänzt und mit Harz verfestigt. Einige Lötösen waren verbogen - diese wurden so belassen, da sie beim Biegen leicht brechen. Aus demselben Grund ist der Wahlschalter vorsichtig zu behandeln. Die in das Hartpapier geklammerten Kontakte lockern sich leicht oder brechen am Lötende ab. Dies gilt generell auch für den alten, starr gewordenen Kupferdraht: möglichst wenig bewegen!  Abgebrochene Kupferdrahtenden sind stark oxydiert und sorgfält blank zu machen, sonst gibt es schlechte Lötverbindungen. Die textilen Isoschläuche sind hart geworden und brechen beim Biegen. Dagegen hilft eine vorsichtige Erwärmung und eine anschließende Auffrischung mit Leinöl.

Audion-/Rückkopplungsspulen
Der Audionkreis besteht aus in Serie geschalteten Luftspulen für Lang- und Mittelwelle, die auf zwei Spulenkörper verteilt sind. In einer der Spulen ist konzentrisch mit kleinerem Durchmesser die Rückkopplungsspule untergebracht. Der Ausbau ist möglich durch Lösen zweier Schrauben auf der Unterseite, die einen Quersteg halten (Die Schrauben bleiben an Ort und Stelle). Auch hier mußten die Spulenkörper an den unteren Rändern nachgebessert werden (eingeklebte Hartpapierstückchen), damit sie wieder angeschraubt werden konnten.

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Für den Wiederaufbau eines stärker beschädigten Spulensatzes sind Verschaltung und Induktivitäten der einzelnen Spulen im folgenden Bild festgehalten.

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Röhrenfassungen

Bei vier von fünf Röhrenfassungen waren die Hohlnieten an den Bohrungen im Chassisblech versprödet und gebrochen. Das Herausbohren der Reste ist bei diesem Fassungstyp sehr mühsam, daher wurden neben 3 mm- auch 2,5 mm-Messing-Hohlnieten verwendet.  

Kondensator-Sammelblöcke

Der Sammelblock enthält die großen Kondensatorpakete für die Glättung und Stützung von Anoden-, Schirmgitter- und anderen negativen Vorspannungen. Da der Block geplatzt war, müssen alle Wickel gegen neue Kondensatoren getauscht werden. Für die großen Kapazitäten über 1 uF wurden Elektrolytkondendatoren mit 550 V- Spannungsfestigkeit eingebaut, die übrigen mit 650 Volt. Die innere Beschaltung ist dem Verdrahtungsplan zu entnehmen.

Zum Ausbau des Blocks muß die Halterleiste für die sechs Widerstände erst abkontaktiert werden. Nach Ausbau bietet der Blechkasten einige Informationen: Hersteller ist "FK" (wer kennt die Firma?), das Produktionsjahr ist mit 03/31 (März 1931) an einer der Befestigungslaschen angegeben, am unteren Rand befinden sich die Nominalwerte von 5 der 7 enthaltenen Kondensatorpakete. Die Herstelltechnik der Papier-Rollkondensatoren war 1931 erst 3 Jahre alt, es lohnt sich ein Blick in den inneren Aufbau. Die enthaltenen Flachwickel erinnern stark an die Bauweise von Frako.

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Ein kleiner Block, ebenfalls "F.K." gestempelt, enthält nur einen 0,1uF-Kondensator, Prüfspannung 1,5 kV, bei den anderen erwähnten Typen sind 2 enthalten. Der Kondensator hat Wachs ausgekocht und wurde durch ein neues hochwertiges Teil mit 1,5 kV Betriebsspannung ersetzt.

Einzelkondensatoren

Das Gerät enthält 5 in Haltern steckbare Rollkondensatoren in Kunststoffröhrchen mit aufgedruckten Nominalwerten und zwei weitere mit Lötenden (ohne Aufdruck, defekt). Alle Kondensatoren waren zu ersetzen. Eine Möglichkeit zur unsichtbaren Instandsetzung ist für die steckbaren Teile gegeben. Siehe folgenden Beitrag unter Tipps und Tricks.

Widerstände

Es handelt sich um eine steckbare Ausführung (Dralowid) mit Aufdruck auf der textilen Ummantelung. Es sind fast ausnahmslos Hochohmwiderstände, über die Zeit ist ihr Widerstandswert weiter angestiegen. Welche davon zu ersetzen sind, wird sich bei der Inbetriebnahme zeigen.   Leider waren die Widerstände (und Kondensatoren) nachträglich in die Halter eingelötet worden. Das wurde zurückgenommen. Für eine zuverlässige Kontaktgabe sollte ein gründliches Reinigen der vernickelten Kontaktflächen ausreichen.

Sicherheitsmerkmale

Das Gerät enthält nur einen einpoligen Netzschalter, keine automatische Abschaltung der Netzspannung bei Öffnung der Rückwand (vgl. dagegen E11W), die vorgeschriebene Zugentlastung wird durch eine textile Schlaufe am zweipoligen Netzkabel sichergestellt. Es fehlt eine Tülle an der Duchgangsstelle des Netzkabels durch das Chassisblech. Diese Dinge wurden von der damals geltenden VDE-Norm von wechselspannungsbetriebenen Geräten gefordert. Eine Feinsicherung sichert gegen Überstrom ab. Sie ist in die Gewindehülse eingearbeitet, die zur Netzspannungsvorwahl in eine der 4 mit Spannungen gekennzeichneten Buchsen an der Chassisrückwand eingeschraubt wird. Bei lange schlecht gelagerten Geräten wie diesem müssen alle erwähnten Teile von Korrosionsschichten befreit werden, bis ein einwandfreier Netzkontakt sichergestellt ist.  Da diese Hülse öfter zu fehlen scheint, hier eine Abbildung:

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Vorsicht: diese Netzspannung führende Kontaktleiste ist mit geringem Abstand an das Metallchassis genietet, kontrollieren, dass beim Bauen keine Schrauben, Unterlegscheiben oder andere leitenden Teile zwischen der Iso-Leiste und dem Chassisblech hängen geblieben sind: Kurzschlußgefahr, es kann im ungünstigen Fall Netzspannung auf das Chassis gelangen!

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Verdrahtungsplan

Für den Gerätetyp E31W ist kein Schaltplan verfügbar. Ein Netzplan der Komponenten und der gefundenen Verdrahtung wurde beim Aus- und Wiedereinbau der aufzuarbeitenden Komponenten erstellt. Für die Erstellung des Schaltplans war diese Vorarbeit unumgänglich. Die Verdrahtung des Geräts erschien unberührt, die Verdrahtung wurde mit ähnlichen Typen verglichen und erscheint in der vorliegenden Form plausibel. Korrekturvorschläge werden gerne entgegengenommen.

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Schaltplan

Bei Owin war es üblich, auch bei geringfügigen Variationen eines Grundschaltplans einen neuen Gerätetyp zu bilden. Während der Produktion wurden auch undokumentierte Änderungen gemacht. Es zeigte sich, das der Typ E31W viele Gemeinsamkeiten mit den Typen E32w und E42W hat.
Eine große Hilfe war der Restaurierungsbericht zum L32W von Pierre im französischsprachigen cfp-forum: Remise en route du poste OWIN L32W.
Mit seinen Vorarbeiten zu diesem Typ konnten u.a. die Nominalwerte der Komponenten mit den gefundenen Werten abgeglichen und ein Schaltplanentwurf zügig erstellt werden. Die eingetragenen Spannungen sind vorläufig als Orientierungswert eingetragen und stammen aus Pierre's Inbetriebnahme des L32W - sie müssen bei der Inbetriebnahme noch verifiziert werden.

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Schaltung

Geradeausempfänger mit einer Schirmgitterröhre als Hochfrequenzverstärker für Lang- und Mittelwelle und der Universaltriode REN1001 (REN904) als Audion. Die Endröhre wird von einer weiteren Triode angesteuert. Zwischen den Stufen Widerstands-Kondensatorkopplung. Ein Lautstärkeregler im NF-Teil war noch unüblich, das besorgte die Antennenanpassung. Nachteil: Der Pegel des Phonoeingangs mußte extern eingestellt werden. Wollte man den Phonoeingang nutzen, mußte der Kurzschließer entfernt werden.  Die E-Geräte enthalten keinen eingebauten Lautsprecher. Einen hochohmigen Kopfhörer anzuschließen ist zwar möglich, aber abzuraten wegen der durchfließenden Anodenspannung. Für die Endröhre gibt es nur einen vierpoligen Sockel, so daß fünfstiftige Nachfolgeröhren der RE134 nicht einzubauen sind.
Typisch für viele OWIN-Modelle ist die achtstufige Antennenanpassung für verschiedene Antennen. Bei diesem Modell erfolgt die Gleichrichtung einpolig, analog zur Schaltung des E11W mit einer Drossel und Stabilisierung im masseseitigen Zweig.

Bedienung

Die Bedienelemente der OWIN E-Gerätetypen um 1930/31 sind immer gleich angeordnet: Mittig ein Abstimmknopf mit Untersetzung zur Feineinstellung des Trommelantriebs. Die metrische Skala ist beleuchtet. Links neben der Trommel Justierhebel für den Vorkreis. Links angeordnet die Antennenanpassung, mit der auch die Empfangslautstärke geregelt werden konnte. Darunter eine Schaltwippe für den Netzschalter.  Rechts das Einstellrad für die Rückkopplung und darunter ein dreistufiger Wählhebel: Mittelwelle - Phono - Langwelle.

Zustand nach Restaurierung

Die Restaurierungsphase ist damit fast abgeschlossen. Ein Nachbau des einfachen Gehäuses ist geplant.
Vor der Inbetriebnahme steht nun die Suche nach passenden Röhren bzw. Anfertigung von Ersatz-Röhren.

...wird fortgesetzt
...weiter geht es nun mit der Inbetriebnahme. Die Abbildung zeigt das aufgearbeitete Chassis mit Röhren bestückt.

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Der Originalröhrensatz ist auf den Röhrenfassungsplatten aufgedruckt (RENS1204, REN1004, REN1004, RES134, RGN354). Diese Röhren sind heute mit brauchbarer Restfunktion schwer zu bekommen und wenn, ist ihr Zustand oft schlecht: lockere Sockel, schlecht passende und korrodierte Stifte mit wackelnden Anschlüssen, fehlende oder schlecht reparierte Metallisierung, nicht zuletzt: reduzierte Emissionswerte. Die damals neuen OWIN-Fassungen aus Pertinaxscheiben sind auf Röhren mit federnden Kontaktstiften eingestellt. Vor allem die hochbauende Schirmgitterröhre muß sich vollständig einstecken lassen, andernfalls läßt sich der Anodendraht nicht anschrauben und das Chassis nicht einschieben.

Im Schaltplan ist eine Liste von Ersatztypen aufgeführt, die z.T. noch in einsatzfähigem Gebrauchtzustand beschafft werden können. Die Pentode REN1204  und die Triode REN1004 wurden schon früh durch Vergleichs- und Nachfolgetypen ersetzt (REN904, A4110) und sind heute noch beschaffbar. Für das Audion wurde eine metallisierte REN904 von TFK aus der Nachkriegszeit (Domkolben, System der AC2 ohne Domkontakt) eingebaut, für die NF-Vorverstärkung eine ältere REN904 mit einer Metallgaze-Anode. Bei der Auswahl der Audionröhre sollte man beachten, das der ausgedrehte Drehko nicht am Glaskolben anstoßen darf. Die Einweg-Gleichrichterröhre RGN354 mit 0,3A Heizstrom kam 1930 heraus und hat ebenfalls einige Ersatztypen, z.B. 1802 (Philips). In das Chassis wurde ein schon gut genutztes Telefunken-Exemplar der 354 eingesteckt. Es liefert etwa 200V bei einem Spannungsabfall von etwa 100 V im Betrieb mit allen Röhren. Ein neuwertiger Gleichrichter dürfte deutlich mehr liefern.

RE134

Für die selten und teuer gewordene Endröhre RE134 wurde ein Ersatztyp RE134-E aus einer US-Strahlröhre 3B4 (DL98) hergestellt. Mit der nachfolgend abgebildeten Testschaltung wird die Pentode als Triode beschaltet, Heiz-und Anodenspannung werden begrenzt, die Beschaltung läßt sich in einem 4-Stift-Sockel zusammen mit einer 7-Pin-Fassung unterbringen. 

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Das Einsockeln bietet keine Herausforderungen. 

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Wer noch etwas für die Optik tun will, kann einen passenden Glaskolben aufkleben.

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Mit dieser Ersatzröhre ließ sich am Empfänger ein Freischwinger mit ca 2000 Ohm problemlos in guter Lautstärke betreiben. 


Schaltplan-Update

In der bereits gezeigten Schaltplan-Rekonstruktion habe ich die von Pierre Genet an seinem L32W gefundenen Spannungswerte erst mal übernommen, allerdings kam hier ein Ersatz für den Doppeldiodengleichrichter zum Einsatz, der eine zu hohe Anodenspannung lieferte, was zur Anpassung von Widerstandswerten führen mußte. Mit einem - schon etwas müden - Originalgleichrichter in Einwegtechnik ergeben sich bei meinem Exemplar deutlich niedrigere Betriebsspannungswerte (bei 220V~ am Stelltrafo).  In den Schaltplan wurden die gefundenen Werte eingetragen:

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Wiederbelebung

Bevor man an das Einschalten geht, ist der Aufbau nachzukontrollieren. Eine neue Netzzuleitung ist erforderlich, da die Isolierungen der alten hart und brüchig geworden sind und bei Bewegungen brechen. Der originale Netzstecker passt meistens an ein Trenntrafo; ggf. muss eine alte Steckdose ohne Schutzkontakt zwischengeschaltet werden. Die Sicherungshülse wird in die 220-Volt-Buchse eingeschraubt.

Die alten Röhren langsam an die Wiederaufnahme des Betriebs gewöhnen. Man kann mit dem Stelltrafo die Netzspannung hochfahren oder notfalls mit Vorschaltlampe beginnen, das gesamte Radio in Betrieb zu nehmen. Beim Einschalten leuchtet die Lampe erst etwas heller und geht dann in ein konstantes Glimmen über. Es wird mit allen Röhren und angeschlossenem Lautsprecher eine Verbrauchsleistung von 30 W gemessen. Am Stelltrafo wurden für die weiteren Prüfungen 220V~ eingestellt, das Radio kann aber problemlos mit der normalen Netzspannung 230 V betrieben werden. Der Netztrafo wird gerade lauwarm.

NF-Baugruppe

Das Funktionieren des NF-Teils ist schnell geprüft: Lautsprecher polrichtig anschließen, Wellenschalter auf Mitte stellen, mit 220V-Quelle verbinden, einschalten und mit dem Ohr vor dem Lautsprecher ein ganz leichtes Brummen aus dem Lautsprecher abwarten.  Nun den Kurzschließer am Phonoeingang entfernen: das Brummen eines offenen Steuergitters ist vernehmbar, die Zuleitung ist handempfindlich. Nähert man sich mit einem Prüfsummer dem heißen Phonoeingang, ertönt dessen Pfeifton, bei Vollkontakt bringt der Freischwinger volle Leistung. Mit einer im line-out regelbaren Audioquelle am Eingang kann man sich von einem verzerrungsfreien Klangeindruck überzeugen. Der Freischwinger klingt mit dieser Endstufe nicht nur laut, sondern hat auch einen frischen, ausgewogenen Klang. Erstaunlich ist, wie brummarm die direktgeheizte Endröhre arbeitet. Es kommt kein Entbrummer zum Einsatz (beim VE301 konnte ich damit nur ein Brumm-Minimum erzielen), sondern eine in Wicklungsmitte auf Masse liegende Heizwicklung.


Vorstufe und Audion

Im nächsten Schritt kann man Vor- und Audionröhre einstecken und prüfen, ob das Audion korrekt arbeitet. Ist das Prüfsummergeräusch im Lautsprecher hörbar, wenn der Prüfstift an den Antenneneingang gehalten wird?  Ist das der Fall,  arbeiten die Stufen schon mal zusammen und es gibt keine groben Unterbrechungen. Nun können wir uns, da es auf LW nichts zu empfangen gibt, vom Antenneneingang mit einem modulierten Trägersignal oder einem Heimsender von Stufe zu Stufe vorantasten und die Empfindlichkeit mit Antennen-Stufenschalter und Rückkopplungsregler an einem auf etwa 10 - 50 µV abgeschwächten Signal prüfen. Wenn das Audion korrekt arbeitet, steigert sich die Empfindlichkeit vor dem Einschwingen enorm, die Bandbreite des verstärkten Signals nimmt ab und die Trennschärfe nimmt zu.

Gehäuse-Nachbau

Ein genaues Bild des Gehäuses vermitteln aktuelle Abbildungen der noch verbliebenen kompletten Originalgeräte. Eine Gehäusenachbildung sollte neben den Originalmassen nach den damals verwendeten Holzarten erfolgen sowie dieselbe Konstruktion zugrunde legen. Ein rötlich-brauner Nußbaum mit schlichter Fladerung und dünnes Schälfurnier unter 1 mm, durchgehend oder mittig gespiegelt, sind durch Abbildungen nachgewiesene Originalfurniere.  Die Sockelleiste ist massiv, aber schlicht und etwa 3-4 mm dick.
Für den Rohbau wurden massive Eichentafeln astfrei auf eine von Dicke von 10-mm gehobelt und für die Seiten, den Boden und die Deckplatte verwendet, mit dickeren Tafeln sind die Außen- und Innenmaße nicht erreichbar. Den oberen Abschluß bildet ein Rahmen, der wie unten in die Seiten eingenutet ist. Auf den Rahmen ist die Deckelplatte aufgedoppelt. Die Frontplatte hat nur eine Stärke von 6 mm, andernfalls würden nur zu kurze Achsstummel der Bedienelemente herausragen.  Die Klebung kann mit Knochenleim erfolgen, was die Reparaturfähigkeit erhöht.

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Das Foto zeigt das polierte Gehäuse. Knöpfe und Beschläge sind Kopien. Sollten die vorderen Einstellknöpfe fehlen, gestaltet sich die Suche nach Ersatz schwierig. Sie wurden neben den OWIN E-Modellen u.a. auch bei den folgenden Modellen von Ideal Blaupunkt ab ca 1928 verwendet: A 3 (1928/29), MA 3, NR III(1928). 

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Bei den Innenmassen sind die Abmessungen des komplett aufgebauten Chassis zu beachten, damit dessen Einbau komplikationslos erfolgen kann. Das Chassis ist mit versenkten 4 M4-Schrauben am Bodenbrett angeschraubt.

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Die Rückwand ist wie im Original aus Eisenblech mit rechteckigem Lochmuster. Sie wird unten in die Nut zwischen Chassis und Isolierstreifen eingesteckt und oben angeschraubt.

Noch mehr Details gibt es auf meiner folgenden Doku-Seite: OWIN E31W - Rekonstruktion
Lieber Karl-Heinz

Hiermit möchte ich meine größte Hochachtung aussprechen!
Sehr gut gemachte Restauration und ebenso die detaillierte Beschreibung. Hut ab, kann ich nur sagen....

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So nebenbei:
Du nennst dich "Audion" nach einer der nachhaltigsten Erfindungen in der Radiotechnik, gemacht 1906 von Lee de Forest USA.
Wird auch in der Neuzeit immer wieder gerne für Radiobastelprojekte verwendet, weil mit wenig Aufwand ein Röhrenempfänger zu realisieren ist. Dabei ist das Verhältnis Aufwand zum Ergebnis unschlagbar....
Leider macht man öfters keinen Unterschied zwischen einem Audion und einem Anodengleichrichter. Beide arbeiten nach unterschiedlichen Gesetzen.

Allgemein bekannt:
Das Audion beinhaltet eine Diodengleichrichtung an der Gitter-Katodenstrecke bei gleichzeitiger NF-Verstärkung. Kennzeichen ist die RC-Gitterkombination am Steuergitter. Nachteil: hat einen rel. kleinen Austeuerbereich wo die Verzerrungen gering sind.

Hier im OWIN wird jedoch die Anodengleichrichtung angewendet. Am Steuergitter wird eine kleine neg. Vorspannung angelegt, so dass die Krümmung der Ia/Ug Kennlinie (=Unlinearität) an der Anode die amplitudenmodulierte HF in eine NF verwandelt! Kennzeichen: Keine RC-Gitterkombination. Vorteil: Kann besser größerer Antennenspannungsunterschiede verarbeiten. Nachteil: ist deutlich weniger empfindlich gegenüber dem Audion.

Gruß, Wolfgang
Danke Wolfgang für Deinen Kommentar! 
Ich sah in dieser Schaltung vordergründig ein Rückkopplungsaudion, fragte mich allerdings auch, warum hier die Gitterkombination, wie ich sie auch z.B. vom VE301 kenne nicht anzutreffen ist. Nun wird mir klar, dass die negative Gittervorspannung bei dieser "Anodengleichrichtung" der entscheidende Punkt ist. Bei diesem Owin messe ich ca -2 V- am Gitter, das liegt im "krummen Bereich" der 904.
Hallo Karl-Heinz,

eine hervorragende Arbeit und ein hochinteressanter, ausführlicher Restaurationsbericht. Smiley20
Das Gehäuse ist Dir auch außerordentlich gut gelungen.
Danke euch beiden für das positive Feedback.
Das sind zwar nicht so meine Geräte aber dieser Bericht mit allem drum und dran ist schon allererste Sahne! Respekt.
Hallo, Karl-Heinz,
Eine sehr aufwendige Restauration und einen Bericht auf ebenso höchstem Niveau! Respekt!
Ich habe seit langem nicht so eine Beschreibung so gern gelesen! Nochmals Applaus!
Hallo, Karl-Heinz,

oh, das gefällt mir, was Du da gemacht hast,
vor allem der Neubau des Gehäuses ist beeindruckend,
ganz großes Kino! Thumbs_up Thumbs_up Thumbs_up

Viele Grüße,
Rolf
Ja, da kann ich mich nur anschließen.
Toller Bericht und speziell das Gehäuse ist der Knaller
...also ich bin auch sehr angetan von dem Projekt ! Sehr sehr hübsch !

Gruß Ingo
... allen herzlichen Dank für das überaus positive Feedback.
Ein sehr schöner Bericht. Thumbs_up
Alle Arbeitschritte, und das waren hinsichtlich der vorgefundenen Substanz ja nicht wenige, sind gut nachvollziehbar dargestellt, das Lesen hat Spaß gemacht.
Am meisten beeindruckt hat mich jedoch der Nachbau des Gehäuses und -nicht zu vergessen- der Rückwand. Absolut professionell, zählt zum Besten, das ich jemals gesehen habe. Ein Radio, dem man viele künftige Betriebsstunden wünscht und auch zutraut.
... wo Ihr sichtlich Spaß an Gehäusenachbauten habt, kann ich mich nicht zurückhalten, Euch einen weiteren Owin zu zeigen, der als ersteigerter Schrott eine Restauration und ein neues Gehäuse erhielt. Die Technik ist Baujahr 1929/30, der Nachbau aus 2020:

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E11W mit Gehäusenachbau. Die Preßstoff-Frontplatte mit Beschlägen ist original.

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Die Rückseite hat eine Besonderheit: Beim Aufschrauben der Rückwand wird das Gerät automatisch zweipolig vom Netz getrennt! Die Rückwand aus Lochblech ist auch eine Kopie. Die schönen Rändelschrauben sind noch erhalten geblieben.

Im Auftritt viel breiter als der spätere E31 wurde auf der Leiptiger Messe ein kleiner passender Beistelltisch mit eingebautem Lautsprecher für den E11 angeboten. Manche andere (US-)Hersteller taten das ebenso. Zur technischen Restauration des E11 ist alles gesagt: siehe Beitrag von Heinz Mann, außerdem hatte ich dazu eine eigene Doku erstellt.
Hallo Karl-Heinz,

eine sehr gelungene Restauration! Smiley32
Aber ein i-Tüpfelchen wäre noch. Die kunstoffmäßig aussehende Leitung zur 1204 hätte ich auch in eindrähtig gewebeüberzogen ausgeführt.
Eindrähtig Leitungen PVC mit Gewebeüberzug gibt es ja mittlerweile auch.

Gruss
Debo

[attachment=132698]
Hallo Debo, ja, sieht kunststoffmäßig aus, ist aber ein alter Gummischlauch, der schon dran war. Eine schlanke Gewebehülle hätte ich auch noch...
Hallo Karl-Heinz,

es ist unglaublich. Ich habe mich über die Jahre auch viel mit Holzbearbeitung befaßt. Aber soweit bin ich dann doch nicht gegangen. Ich hatte auch den E11W. Den hatte ich einem Freund für die Abnahme der Gehäusemaße überlassen.
Dann hatte er Probleme mit seinem Schuppendach und das Gehäuse stand länger im Regen. Das war völlig ruiniert. Um mich da nicht weiter zu ärgern, gab ich das Chassis dann weiter. Dann war der Fall für mich erledigt. Ich war enttäuscht, aber manches läßt sich nicht ändern. Heute sammle ich diese Geräte gar nicht mehr so. Sie sollten technisch etwas anspruchsvoller sein.

Aber hier mal mein größtes Lob für Deine Arbeiten. Alles ist sehr mustergültig! Die Furnierungen sind sehr schön. Auch technisch kann ich nur sagen, richtig toll.
(06.02.2024, 16:10)audion schrieb: [ -> ]... wo Ihr sichtlich Spaß an Gehäusenachbauten habt, kann ich mich nicht zurückhalten,....

Neee, bitte nicht zurückhalten! Immer her mit Gehäusebildern. Ich mache auch manchmal "Chassis Totalneuaufbau", aber Gehäuse - nein. Das würde ich mir schon noch zutrauen, aber wenn man keine Räumlichkeiten für Holzbearbeitung und Lackierung hat, die Arbeiten schlecht mal ruhen lassen kann ohne das alles im Weg ist, dann nicht. Nicht zu vergessen der Säge- und Schleifstaub der sich ohne Absauganlage überall absetzt.
Da nehme ich Radios fast nur wenn ich am Gehäuse nix machen muss. Smiley57
Ist aber nur meine Meinung - kann jeder anders sehen und machen wie er kann und will.

Gruss
Debo
[quote="Andreas_P" )
.... Um mich da nicht weiter zu ärgern, gab ich das Chassis dann weiter. Dann war der Fall für mich erledigt.
[/quote]
Hallo, Andreas,
es kann sein dass das hier dein Chassis ist. Big Grin
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