Radio-Bastler-Forum (RBF)

Normale Version: Akkord Pinguin U60, das Bauelemente-Knäul aufbröseln!
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Hallo Radiobastler!

Der Akkord Pinguin U60 war der erste UKW-Alltransistor von Akkord, noch im gleichen Gehäuse des Röhren-Gerätes Pinguin U59.
Auch das gleiche Chassis wurde noch benutzt mit freier Verdrahtung der neuen Bauelemente.
Immerhin war die Transistorversion fast ein Kilo leichter als das Röhren-Gerät, auch weil auf einen Netzanschluss verzichtet wurde.
Die Preise für Transistoren und Röhren lagen damals annähernd auf gleicher Höhe, trotzdem war der U60 etwas teurer.

Auf meinem Arbeitsplatz landeten in den letzten Wochen mehrere Akkord Pinguin U60.
Hier zwei Fotos von einem Gerät vor der Reparatur.
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Bild 1 Frontansicht

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Bild 2 Innenansicht
 
Nach Reinigung und grober Sichtung wurde das Chassis ausgebaut, der Original-Lautsprecher (60 Ohm!) über Kabel angeschlossen.
Als Stromversorgung werden 6 V über ein Strommesser bereitgestellt (Achtung, das Batterie-Anschlusskabel für den Minus-Pol ist hier rot und liegt an Masse).
Die Spannungsversorgung wird zuerst über den Umschalt-Kontakt der externen Stromversorgung geschleift; dieser wird gereinigt.

Einschalten durch Wellenschalter; der Strom liegt über 150 mA, viel zu hoch!
Es werden die Elkos C78/79/82 geprüft,  diese sind i.O.
Um weiter in die Prüfung einzusteigen ist die Lage der Bauelemente von Interesse. Dies ist bei der komplexen freien Verdrahtung des Pinguin U60 ein Problem.
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Bild 2 Chassis von vorn

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Bild 3 Chassis von hinten
 
Für die US-Ausführung wurde von der US-Importfirma versucht, Unterstützung zu geben. Diese Pläne beruhen auf Fotos und können die Bauelemente aufgrund der komplexen Anordnung über-/untereinander oder mit Isolierschlauch überzogen nicht trennen.
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Bild 4 Ein Lageplan für die US-Ausführung

Auch für die Grundeinstellungen des Gerätes wird ein Lageplan benötigt.
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Bild 5 Grundeinstellungen

Im Internet findet man einige Schaltpläne zu 3 verschiedenen Geräte-Variationen, alle sind mehr oder weniger schlechter Qualität oder treffen nicht für das am häufigsten anzutreffende Grundgerät zu. Am besten ist noch der erste Schaltplan bei RMO.

Ich habe mir die Mühe gemacht, aus den verfügbaren Schaltplänen einen korrigierten und für die Einstellarbeiten optimalen zusammenzustellen und auf dessen Grundlage die Bauelemente auf dem Chassis zu orten, insbesondere die für die Einstellungen notwendigen und als Lageplan zu zeichnen.
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Bild 6 Lageplan NF-Teil

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Bild 7 Lageplan ZF-Teil

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Bild 8 Lageplan HF-Teil (AM-Mischung)

Die Meßstelle L – M für den Arbeitspunkt des T1 im Tuner ist schwer zugänglich.

Das „Gebilde“, was im Schaltplan wie eine Batterie gezeichnet und mit 1,5/10 gekennzeichnet ist, ist ein STABILYT 10 der Firma Neumann auf Basis eines NiCd-Akkus. Es dient zur Stabilisierung der HF-Transistor-Arbeitspunkte.
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Bild 9 Stabilyt
 
Der Stabilyt sollte durch die Reihenschaltung von 2x Si-Diode in Richtung des Widerstandes R11 ersetzt werden, damit wieder parallel ca. 1,5 V abfallen. Die 2 Si-Dioden liefern aufgrund des geringen Stromflusses nur etwas über 1,3 V, was auch ggf. Nachstellungen erforderlich macht.

Vorerst suchte ich weiter den markanten Stromverbraucher. Dazu trennte ich am Punkt A die Versorgung der Endstufe auf.
Es flossen dort ca. 130 mA anstelle 6 mA, was auf einen Defekt der Gegentaktendstufe hinweist. Der betreffende Einstellregler R39 ist noch original lackiert.

Zum Test der einzelnen Transistoren trennte ich die Basis-Anschlüsse ab und maß die Spannungsabfälle über den beiden Ausgangs-Drossel-Wicklungen.
Den als fehlerhaft erscheinenden Transistor ersetzte ich durch einen guten gebrauchten gleichen Typs, aber nicht mit ausgesuchter gleicher Charakteristik. Äquivalente Pärchen sind nur noch schwer zu bekommen.
Mit R39 wird der Ruhestrom den vorgeschriebenen 6 mA angenähert. Die Gesamt-Ruhestromaufnahme beträgt jetzt ca. 25 mA, was normal sein sollte.

Auf Mittelwelle hat man schon guten Empfang, die Ton-Qualität ist nach Gehör gut. Mit dem Oszillograf konnten bei Einspeisung eines Sinussignales keine Verzerrungen erkannt werden.
Der andere Messpunkt B-C im NF-Teil wird kontrolliert und ggf. nachgestellt.

Vor der Suche nach dem UKW-Empfang werden die Kontakte des Tastenschalters und des Drehkondensators (Masse) mit Kontaktspray behandelt.
Nachdem alle Messpunkte, bis auf L-M im Tuner, kontrolliert bzw. nachgestellt wurden wird wieder der UKW-Empfang geprüft; diesmal erfolgreich!
Das ist günstig, denn der Zugang zum Tuner ist nur bei Ausbau des Drekos mit Seilzug möglich.

Hier der überarbeitete Schaltplan.
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Bild 10 aktueller Schaltplan

Ich hoffe einen nützlichen Beitrag geschrieben zu haben, da diese Geräte noch häufig unrestauriert auf dem Markt angeboten werden.

Gruß Georg
da hast du dir viel Mühe gemacht! Du hast nicht zufällig die Skala gescannt? Ich hätte 2 Exemplare mit zerblätterter Skala.
Hallo Georg,

vielen Dank für diesen hervorragenden Bericht.
Deine Arbeit macht uns die Fehlersuche und Reparatur wesentlich leichter.

Gruß
Wilhelm
Hallo Georg,

vielen Dank für den sehr ausführlichen Bericht.

Ich besitze noch das Vorgänger-Modell Pinguin U59.
Dieses war ja bekanntlich das letzte Röhren-Gerät von Akkord.

Herzliche Grüße
Robert
Hallo Jupp!

Die Skala des Akkord Pinguin U60 habe ich gescannt. Die Schärfe ist nicht berauschend, wahrscheinlich wegen der Materialstärke.
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Das Foto sieht schon besser aus, du mußt nur noch den Maßstab korrigieren.
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Gruß Georg
das is toll! danke! damit werde ich mir was basteln :-)
Sehr schöner , aufwendiger Bericht. Eigentlich sieht es doch recht übersichtlich im Gehäuse aus.
Alles räumlich schön getrennt. Platinen sind oft ziemlich stark verbaut und wärmeempfindlich.

Gruß Frank
Ja aber Platinen (gedruckte Schaltung) gibt es erst ab dem Pinguin U61.
Gruß Georg
...sehr interessanter Bericht Georg,
Radios der Firma Akkord, waren schon immer etwas Besonderes...
Viele Grüße,
Rolf
Hallo Georg,
bist du sicher, daß hier: (Achtung, das Batterie-Anschlusskabel für den Minus-Pol ist hier rot und liegt an Masse). Da es sich durchweg um Germanium-Transistoren handelt, die ja PNP sind, denke ich, daß auch hier ist der Plus rot aber eben an Masse. Das sieht man auch aus den Elkos, die mit PLuspol an Masse gezeichnet sind.
Hallo Alfred!
Schau doch mal auf den Schaltplan.
Gruß Georg