22.07.2019, 22:15
Lang Lang ists her, das ich mich mal wieder melde, hab schon fast ein schlechtes Gewissen
Ich möchte Euch hier von einem Philips A43 aus dem Jahre 1941 berichten, welches mir aus unbekannter Quelle zugelaufen ist und dann zwei Jahre ein staubiges Dasein in einem Regal fristete, da ich es schlicht und einfach vergessen habe Beim Aufräumen entdeckte ich es wieder und denk mir so "fast 80 Jahre... lässte das jetzt so wie es ist, oder versuchst Du dem Ding wieder Leben einzuhauchen ?" Na komm...wenigstens mal reinkucken
Um es vorweg zu nehmen: Ich bewundere die Arbeit, die manche Forenkollegen bei der Restauration an den Tag legen, mit Kondensatoren auskochen und neu befüllen und wat nich noch alles , ich persönlich bin aber eher der "Funktionsmensch" Puristen mögen daher diesen Beitrag bitte übergehen
Jetzt aber los
Die Ausgangssituation stellt sich folgendermassen dar:
Bakelitgehäuse stumpf geworden, aber alle Knöppe noch da, Skalenscheibe hat einen Riss also im Grossen und Ganzen durchaus gut.
Innenleben staubig, aber soweit man das beurteilen kann unverbastelt und das in 78 Jahren hier und da mal was repariert wurde ist auch völlig im Rahmen:
Soo, nun erstmal die Röhren durchmessen:
CY2 hat Faden-Kathoden Schluss
ECF1 hat zwar gute Werte, ist aber, wie ich später feststellen musste, klopfempfindlich
E1R (ECH3 Ersatz) scheint laut Messgerät auch ok zu sein, ist aber tatsächlich recht unempfindlich
CBL1 ist als einzige wirklich gut dabei
Ok, mal kucken, ob man an sowas noch rankommt
Und dann die dicke Überraschung: CY2 und ECH3 in der Bucht für 9 und 2 Euronen, ECF1 bei BTB für 4,95 NOS
Unglaublich... es ist einfacher Röhren aus der Zeit des 2WK zu bekommen (sogar in NEU), als den schönen, in den späten 70ern vom Konfirmationsgeld gekauften Sony oder Akai Receiver mit einem customized IC wieder zu beleben
Die Vorwiderstände sind etwas ranzig, gefühlt würde ich mal sagen, jemand hat versucht, das Ding mal an 220V zu betreiben , ansonsten halt Staub. Dem aufmerksamen Beobachter wird vielleicht aufgefallen sein, das das Lautstärkepoti einen angeknabbelten Rand hat, da war schonmal jemand bei. Und natürlich sind alle Leitungen bröselig und müssen neu. Die folgenden Bilder lasse ich mal für sich sprechen:
Wie schon geahnt, das Poti hats komplett hinter sich (Bilder vom Innenleben erspare ich Euch, sind leider total unscharf geworden)
Also muss Ersatz her, ein altes Chassis dient als Organspender. Leider ist dieses Poti überdreht worden (wie schafft man sowas??) also zerlegen
Reinigen, Anschlagpinöpel einlöten und mit M1,2 wieder zusammenschrauben:
Hierzu benötigten wir schweres Gerät
Der Schalter wird gereinigt, eine gebrochene Niete durch M2 + Mutter ersetzt und die ganze Baugruppe zusammengefügt:
Nu gehts ans Reinemachen, alles strippen und einmal feucht durchwischen
Die Filter hab ich in Frieden gelassen, mit die feinen Drähtskes war mir das zu heikel
Der Wellenbereichsschalter allerdings musste einer Revision unterzogen werden. Alle Kontakte schwarz angelaufen und die Betätigungsmimik wurde bei einem früheren Reparaturversuch um 180 Grad verdreht aufgesetzt. Hat ne Weile gedauert, bis ich dahinter gekommen bin
Mit Glasfaserstift werden die Schleifkonakte gereinigt, das Gehäuse wird einmal mit Drahtbürste übergedrehmelt:
Stichwort Erneuerung der Verdrahtung, hier verbergen sich für den unbedarften Bastler einige Fussangeln:
Hier war keiner besoffen oder ist seinem natürlichen Spieltrieb gefolgt, es handelt sich hier um einen 3,5 pF Kondensator, der wichtig für die Regelung ist, also aufpassen und nicht gleich alles rausraken
Ein steter Quell der Freude sind auch Widerstände mit Kappenanschlüssen, selbige neigen zu Rissen um dann völlig willkürlich Probleme zu verursachen, nicht immer ist es so offensichtlich wie hier:
So, jetzt gehts an den Zusammenbau
Drehko, Gitterableitwiderstand und Koppelkondensator der CBL an ihrem Platz:
und das Innenleben:
Es sollte klar sein, das vom ehemaligen Innenleben so gut wie nichts überlebt hat ausser einem Sikatrop und den Glimmerkondensatoren. Eine Sache allerdings fand ich ausserordentlich bemerkenswert: Alle Widerstände < 10K hatten durchweg zu niedrige Werte, nur die darüber lagen, wie man es ja schon kennt, Meilenweit über dem Sollwert.
Skala und neues Skalenseil aufgelegt:
Und unter Überwachung der Stromaufnahme angefeuert:
Und es lebt wieder
Empfang ist zwar noch sehr mässig, aber die neuen ECH und ECF waren noch nicht da. Nachdem ich diese bekommen und eingesetzt hatte, gabs noch einen kompletten Neuabgleich,
dann bis zum Sonnenuntergang warten und staunen. Echt klasse, wie gut der Empfang ist... Radio China, Russische und Polnische Sender auf Mittel und Kurzwelle... gar kein Problem.
Hätt ich so nicht erwartet, muss ich ehrlich zugeben.
Hier nochmal mit den neuen Röhren:
Bleibt noch das Gehäuse, aus Bakelit, recht stumpf und unansehlich. Im Radiomuseum hat wer "Nevr Dull" empfohlen, das hab ich mir mal kommen lassen und es an einer versteckten Stelle ausprobiert... stinkt wie 10 Füchse aber scheint gut zu funktionieren. Muss ich mal an einem ruhigen Tag auf dem Balkon ausprobieren.
So, nu ist erstmal gut. Ich hoffe, Euch macht der Beitrag soviel Spass beim Lesen wie er mir beim Schreiben gemacht hat
Wie das mit dem Gehäuse ausgeht werde ich Euch noch wissen lassen
Ich möchte Euch hier von einem Philips A43 aus dem Jahre 1941 berichten, welches mir aus unbekannter Quelle zugelaufen ist und dann zwei Jahre ein staubiges Dasein in einem Regal fristete, da ich es schlicht und einfach vergessen habe Beim Aufräumen entdeckte ich es wieder und denk mir so "fast 80 Jahre... lässte das jetzt so wie es ist, oder versuchst Du dem Ding wieder Leben einzuhauchen ?" Na komm...wenigstens mal reinkucken
Um es vorweg zu nehmen: Ich bewundere die Arbeit, die manche Forenkollegen bei der Restauration an den Tag legen, mit Kondensatoren auskochen und neu befüllen und wat nich noch alles , ich persönlich bin aber eher der "Funktionsmensch" Puristen mögen daher diesen Beitrag bitte übergehen
Jetzt aber los
Die Ausgangssituation stellt sich folgendermassen dar:
Bakelitgehäuse stumpf geworden, aber alle Knöppe noch da, Skalenscheibe hat einen Riss also im Grossen und Ganzen durchaus gut.
Innenleben staubig, aber soweit man das beurteilen kann unverbastelt und das in 78 Jahren hier und da mal was repariert wurde ist auch völlig im Rahmen:
Soo, nun erstmal die Röhren durchmessen:
CY2 hat Faden-Kathoden Schluss
ECF1 hat zwar gute Werte, ist aber, wie ich später feststellen musste, klopfempfindlich
E1R (ECH3 Ersatz) scheint laut Messgerät auch ok zu sein, ist aber tatsächlich recht unempfindlich
CBL1 ist als einzige wirklich gut dabei
Ok, mal kucken, ob man an sowas noch rankommt
Und dann die dicke Überraschung: CY2 und ECH3 in der Bucht für 9 und 2 Euronen, ECF1 bei BTB für 4,95 NOS
Unglaublich... es ist einfacher Röhren aus der Zeit des 2WK zu bekommen (sogar in NEU), als den schönen, in den späten 70ern vom Konfirmationsgeld gekauften Sony oder Akai Receiver mit einem customized IC wieder zu beleben
Die Vorwiderstände sind etwas ranzig, gefühlt würde ich mal sagen, jemand hat versucht, das Ding mal an 220V zu betreiben , ansonsten halt Staub. Dem aufmerksamen Beobachter wird vielleicht aufgefallen sein, das das Lautstärkepoti einen angeknabbelten Rand hat, da war schonmal jemand bei. Und natürlich sind alle Leitungen bröselig und müssen neu. Die folgenden Bilder lasse ich mal für sich sprechen:
Wie schon geahnt, das Poti hats komplett hinter sich (Bilder vom Innenleben erspare ich Euch, sind leider total unscharf geworden)
Also muss Ersatz her, ein altes Chassis dient als Organspender. Leider ist dieses Poti überdreht worden (wie schafft man sowas??) also zerlegen
Reinigen, Anschlagpinöpel einlöten und mit M1,2 wieder zusammenschrauben:
Hierzu benötigten wir schweres Gerät
Der Schalter wird gereinigt, eine gebrochene Niete durch M2 + Mutter ersetzt und die ganze Baugruppe zusammengefügt:
Nu gehts ans Reinemachen, alles strippen und einmal feucht durchwischen
Die Filter hab ich in Frieden gelassen, mit die feinen Drähtskes war mir das zu heikel
Der Wellenbereichsschalter allerdings musste einer Revision unterzogen werden. Alle Kontakte schwarz angelaufen und die Betätigungsmimik wurde bei einem früheren Reparaturversuch um 180 Grad verdreht aufgesetzt. Hat ne Weile gedauert, bis ich dahinter gekommen bin
Mit Glasfaserstift werden die Schleifkonakte gereinigt, das Gehäuse wird einmal mit Drahtbürste übergedrehmelt:
Stichwort Erneuerung der Verdrahtung, hier verbergen sich für den unbedarften Bastler einige Fussangeln:
Hier war keiner besoffen oder ist seinem natürlichen Spieltrieb gefolgt, es handelt sich hier um einen 3,5 pF Kondensator, der wichtig für die Regelung ist, also aufpassen und nicht gleich alles rausraken
Ein steter Quell der Freude sind auch Widerstände mit Kappenanschlüssen, selbige neigen zu Rissen um dann völlig willkürlich Probleme zu verursachen, nicht immer ist es so offensichtlich wie hier:
So, jetzt gehts an den Zusammenbau
Drehko, Gitterableitwiderstand und Koppelkondensator der CBL an ihrem Platz:
und das Innenleben:
Es sollte klar sein, das vom ehemaligen Innenleben so gut wie nichts überlebt hat ausser einem Sikatrop und den Glimmerkondensatoren. Eine Sache allerdings fand ich ausserordentlich bemerkenswert: Alle Widerstände < 10K hatten durchweg zu niedrige Werte, nur die darüber lagen, wie man es ja schon kennt, Meilenweit über dem Sollwert.
Skala und neues Skalenseil aufgelegt:
Und unter Überwachung der Stromaufnahme angefeuert:
Und es lebt wieder
Empfang ist zwar noch sehr mässig, aber die neuen ECH und ECF waren noch nicht da. Nachdem ich diese bekommen und eingesetzt hatte, gabs noch einen kompletten Neuabgleich,
dann bis zum Sonnenuntergang warten und staunen. Echt klasse, wie gut der Empfang ist... Radio China, Russische und Polnische Sender auf Mittel und Kurzwelle... gar kein Problem.
Hätt ich so nicht erwartet, muss ich ehrlich zugeben.
Hier nochmal mit den neuen Röhren:
Bleibt noch das Gehäuse, aus Bakelit, recht stumpf und unansehlich. Im Radiomuseum hat wer "Nevr Dull" empfohlen, das hab ich mir mal kommen lassen und es an einer versteckten Stelle ausprobiert... stinkt wie 10 Füchse aber scheint gut zu funktionieren. Muss ich mal an einem ruhigen Tag auf dem Balkon ausprobieren.
So, nu ist erstmal gut. Ich hoffe, Euch macht der Beitrag soviel Spass beim Lesen wie er mir beim Schreiben gemacht hat
Wie das mit dem Gehäuse ausgeht werde ich Euch noch wissen lassen
Die klimatischen Bedingungen in der Hölle sind sicherlich unerfreulich,
aber die Gesellschaft dort wäre von Interesse.
aber die Gesellschaft dort wäre von Interesse.