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Telefunken 875 WK Zeesen
#1
Hallo Freunde,

schon länger ging mir durch den Kopf, ich würde gerne für meine Sammlung einen Telefunken Zeesen überholen und für meine Sammlung haben. Der Telefunken Zeesen wurde in 2 Variationen gebaut. Die 1. Variante, also die frühere, war der TFK-Zeesen 875, die 2 Variante, die neuere war der 975. Beide Geräte gab es in der Wechselstromausführung und in der Allstromausführung. Die oben befindliche Skala war bei der Variante 1 3 farbig. Die 2. Variante hatte eine Skala mit durchgehend grüner Schrift, die bei Beleuchtung grünlich schimmert.

Hat die 1. Ausführung noch Topfsockelröhren und einen Schattenzeiger, hat die 2. Ausführung Stahlröhren und eine EM11 als mag. Auge. Diese Geräte haben eine Besonderheit. Davon dann mehr.

Mit meinem Vorhaben im Hinterkopf fand ich einen Telefunken-Zeesen 875 WK für sage und schreibe 20 Euro als Sofort-Kaufen-Preis bei ebay. Auch ein Preisvorschlag war noch möglich. Das Gerät gefiel mir auf Anhieb sehr gut. Es sah sehr gut erhalten aus. Also erst mal betrachten. Aja, natürlich fehlte bei dem Preis der Lautsprecher und der Netztrafo war auch entfernt. Ich schwankte: An sich weigere ich mich, so eine Fledderei noch zu unterstützen. Andererseits für den Kaufpreis. Aber Strafe muss sein, also machte ich einen noch niedrigeren Preisvorschlag. Niemals wäre ich auf den Gedanken gekommen, solch ein gut erhaltenes Gerät zu schlachten.

Ich mußte im Keller nicht lange suchen. Einen Netztrafo mit der Fassung für die Gleichrichterröhre hatte ich sofort zur Hand. Dumm nur, da gehört eine AZ11 rein. Weiteres Manko, die Heizspannung für die Röhren beträgt 6,3 Volt. Also reduzierte ich die Windungen auf beiden Seiten (Mittalanzapfung) auf 4,5 Volt. Mittlerweile traf das Gerät super verpackt ein. Der Verkäufer war übrigens ein Japaner, oder Chinese. Das Übliche. Nachdem der Netztrafo präpariert war, ging die Suche nach einem Lautsprecher los. Die Lautsprecher haben in diesen Geräten 3 Löcher für die Befestigung. Vor der Lautsprechern ist eine dünne Pappwand. Die Schrauben dringen in das "Lattengestell" ein.
Ein amerikanischer, elektrodynamischer Lautsprecher paßte sehr gut in der Gerät.

Ich wollte ihn erst umspritzen, aber man kann ja ruhig sehen, dass der Lautsprecher nicht mehr original ist. Bei den Mondpreisen für solche Telefunken-Lautsprecher ist ein Originalersatz nahezu ausgeschlossen. Auch das geänderte Netzteil paßt gut in das Radio.

Wenn Ihr auf die Bilder schaut. Diese Geräte haben einen wartungsfreundlichen Aufbau. Wenn man die 3 Stopfen von der Blende abzieht, kommt man an 3 Holzschrauben. Löst man die, kann man an sämtliche Teile vom Chassis. Das ist sehr gut gelöst. Aber man muss das wissen. Bei meinen 1. Gerät dieser Ausführung löste ich die Schrauben, die das Chassis auf den Leisten hält. Sämtliche Seile mußten entfernt werden. Als das Chassis raus war, sah ich das Geheimnis. Der spätere Wiedereinbau war eine Quälerei.

Sollte etwas mit den Seilzügen nicht funktionieren, lötet man den Netztrafo ab. Jetzt kann man das komplette Rahmenteil ausbauen. Auch sehr wartungsfreundlich. Vom Radiomuseum.org druckte ich mir die Unterlagen vom Radio aus und es sollte los gehen. Der dicke Netzelko auf dem Netztrafo wurde durch 2 Kleinelko's aus neuer Produktion ersetzt. Diese paßten bequem unter den Netzteilaufbau. Die Anschlüsse des alten Elko's wurden gekappt. Er dient nur noch der Optik. Nun ging es los, die gekappten Kabel wurden mit den entsprechenden Anschlüssen am Netzteil und am Lautsprecher verbunden.

Das Gerät war ja auch seiner Röhren beraubt. Also gab es jetzt Ersatz. Ich war neugierig und legte mal Spannung über den Regel-Trenntrafo an das Gerät. Und - ja es hatte sofort "gelebt". Wie wäre es, wenn man nun noch die Antenne einstöpselt? Es gab ein lauteres Knacken. Nicht mehr. Also, ZF funktioniert und den Oszillator mal ans Oszilloskop. An sich fast überflüssig. Mittel und Langwelle haben 2 Hescho-Keramikkondensatoren. Eine Routinemessung ergab, beide haben ihre Kapazität praktisch verloren. Diese beiden wurden ersetzt und auch gleich noch der Verlängerungskondensator der Kurzwelle. Tatsächlich, der Oszillator funktionierte wieder auf allen 3 Bereichen. Und der Empfang? War da aber eher leise. Alles abbrechen und Kondensatortausch. Ich habe - wie üblich - sämtliche Teerkondensatoren ersetzt.  Danach war der Ton etwas kräftiger. Kein Wunder, auch die Koppelkondesatoren waren ja neu.

Nun prüfte ich zunächst den ZF-Verstärker. 3 Versteller reagierten. Ein Versteller zeige keine Reaktion. Man kann diese auch gut mit dem Oszilloskop beobachten. Ich schließe das immer an der Signaldiode an. In den Bandfiltern befanden sich keine Keramischen Hescho's. Die dort vorhandenen Kondensatoren sahen noch sehr gut aus, trotzdem entschloß ich mich beide in dem Bandfilter zu ersetzen. Sie müssen mit einem Cuttermesser heraus geschnitten werden.

Nun habe ich wieder den ZF-Verstärker durch gemessen. Alle 4 Spulen ließen sich einwandfrei abgleichen. Aber irgendetwas war hier noch faul. Jetzt fand ich es: Am Schirmgitter der AF3 lag eine viel zu niedrige Spannung an. Ich weiß ja, das prüft man als Erstes! Nach Ersatz des 20 Kiloohm-Widerstandes hat das Gerät einen tollen Empfang auf allen 3 Bereichen.

Hm, aber die Frequenzen in den oberen Frequenzen... Auf der LW paßt alles. Naja, die beiden Oszillatortrimmer der Kurz- und Mittelwelle sind taub. Sie wurden mit neuen Trimmern überlötet. Die beiden Trimmer der Zwischenkreise funktionieren. Der Vorkreistrimmer der MW wurde ebenfals durch einen anderen Trimmer gebrückt. Ich habe ja am Meßsender eine Frequenzanzeige. Nach dem Abgleich der Trimmer und Spulen empfängt das Gerät wieder wie am ersten Tag. Das Gerät hat mir einen großen Spaß gebracht. Leider ist mal wieder der Schattenzeiger defekt. Er wurde durch 10 Kiloohm gebrückt.

Das Gehäuse wurde anschließend schön poliert und mit Möbelpolitur bearbeitet. Das Radio sieht wieder aus, als ob es ewig im Wohnzimmer stand.

Hier mal das Radio von vorne. Das sieht noch sehr gut aus. Die Blende glänz wie neu. Der Lautsprecherstoff ist sehr gut erhalten

   

So wird das Radio gewartet. Die Blende ist ab.

   

Hier Ansicht von hinten. Das ist der neue Lautsprecher

   

Hier das neue Netzteil. Tja und das gerissene Seil vom Skalenantrieb.

   

   

Hier Ausbau des gesamten Holzrahmens

   

Jetzt ist das Radio fertig.

   

   

Schaut mal wie gut auch noch die Rückwand aussieht.

   

Ich weiß, wie viele jetzt denken, naja, so ein Radio... Wieder welche, man hätte ein komplettes nehmen sollen. Ja, alles richtig. Aber zum Einen ist die Reparatur eines solch komplexen Geräte mit Oszilloskop und Zubehör sehr interessant. Dann muß man den guten Zustand des Radios sehen. So ist er gerettet. Ich freue mich über das Radio und die gelungene Reparatur.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
Hallo Andreas,

sieht richtig toll aus.

Grüße von Andreas
lass mich, ich kann das,
... oh kaputt.
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#3
   
Hallo Andreas
Hier der "Steckbrief" und liebe Grüße
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#4
Tolle Arbeit, tolles Radio!
Herzliche Grüße

Pitter
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#5
Hallo, Andreas,
Eine großartige Reparatur! Ein 7kreiser mit tollem KW Empfang. Willst Du nicht den Schattenanzeiger reparieren - ist doch was besonderes.
Gruß,
Ivan
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#6
Der TFK Zeesen 875WK war das Radio meiner Großeltern Mütterlicherseits. Es ging am 20. Januar 1945 bei einem Fliegerangriff kaputt, als auch das Großelterliche Haus ausgebombt wurde. Und das kurz vor Kriegsende, das in Heilbronn am 13. April 1945 mit dem Einzug der US Streitkräfte erfolgte.

Radio kaputt, aber die Rechnung davon existiert noch. Wenigstens die.

   

Und hier noch der ART Schaltplan des Gerätes:

   

Dietmar
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#7
Schönes Gerät Andreas,
den hatte ich auch mal, habe ihn aber aus Platz Problemen Unrepariert weg gegeben. Man kann nicht alles haben. Smiley57
Gruß Detlef
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#8
Reizvoll am Zeesen ist die wirklich lehrbuchmäßige Schaltung (Siebenkreiser ohne Firlefanz, aber mit allem was eine gute Schaltung ausmacht), der ungewöhnliche Schattenzeiger und, wie ich finde, die ungewöhnliche Gestaltung mit der Skala oben. Das Hartpapier-Senkrechtchassis finde ich allerdings furchtbar. Da will man garnicht reinschauen.

Attraktiv war auch die Phonosuper-Version, die, wie wir an dem Prospektauszug oben sehen, allerdings auch teuer war - fast 140 Mark mehr.

VG Stefan
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#9
Super gemacht Andreas! Da wäre mir auch eine perfekte Rückwand wichtiger gewesen wie ein fehlender LS oder Netztrafo.
Allerdings hat Du das Gerät wohl nicht in das dafür passendere Forum (bis 1945)gestellt. Den Artikel hätte ich fast nicht gefunden, weil ich selten in das allgemeine Röhrenradioforum schaue.
Gruß
Alex

M(Ende) gut - alles gut! Smile
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#10
Hallo Freunde,

wenn man ein so etwas neuzeitlicheres Gerät vorstellt, dann denkt man immer, na wie kommt das an? Insofern danke ich sehr für Eure lobenden Worte. Das Radio bleibt aber dann auch in meiner Sammlung. Das macht wirklich Spass, damit am späten Abend auf Wellenjagd zu gehen. Der Empfang ist wirklich top. Auch ist der Klang durch die Gegenkopplung sehr schön. Natürlich macht hier die zweistufige Bandbreitenregelung viel aus.

Ein besonderer Dank geht wieder an Alfons. Er hat aber auch zu fast jedem Radio solch eine Werbung. Toll!

Ja und auch Dir, lieber Dietmar vielen Dank für das Zeigen der Anschaffungsrechnung Deiner Großeltern. Ich bin dazu über gegangen, seit Alfons immer Firmenwerbung etc. präsentiert, solche Sachen in einem Ordner zusammen zu tragen. So hat man dann zu einem Gerät immer eine schöne Dokumentation.

Übrigens will ich Euch dann noch ein Bild präsentieren. Das Gehäuse erscheint ja nach Fertigstellung etwas blaß. War es auch. Man glaubt nicht, wie das nach einer Behändlung mit Möbelöl, in einer schönen, dezenten Optik erstrahlt. Auch habe ich die winzige Furnierbeschädigung rechts entfernt. Die Knöpfe wurden auch schön gesäubert. Mehr geht nicht.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#11
...toller Bericht, ich les sowas immer gerne !!
Bei mir sind die technischen Dinge immer etwas im Vordergrund, deshalb freue ich mich natürlich über Details zu Funktion, spezieller Schaltungstechnik und Kunstgriffe, Tücken, spezielle Bauteilprobleme wie defekte BF-Kondis (z.B!) uswl ... Inbetriebnahmen, Messungen...

...Und die scans vom Schaltplan und sogar eine Originalrechnung... erste Sahne !

Gruß Ingo
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#12
Wie immer Andreas, großes Lob für eine tolle Arbeit.

Thumbs_up Thumbs_up Thumbs_up

Viele Grüße

Peter
Es grüßt freundlich aus dem Siebengebirge

Peter

Der Optimist sitzt auf der Wolke, unter der die anderen jammern.
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#13
Ein toller Bericht über ein schönes Radio, das auch noch eingelagert bei mir steht. Übrigens mein erstes Gerät mit Schattenzeiger. Bin mal gespannt ob dieser in meinem Gerät noch funktioniert!
Gruß aus Bremen

Enno
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#14
Andreas,

noch eine technische Frage:

"Was genau versteht man unter einem Schattenzeiger?"

Wo Licht ist, ist auch Schatten und der Schattenzeiger zeigt ihn...kleiner Scherz.

Viele Grüße

Peter
Es grüßt freundlich aus dem Siebengebirge

Peter

Der Optimist sitzt auf der Wolke, unter der die anderen jammern.
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#15
Hallo,

ich wußte es auch nicht ^^ man findet einen link zum rm, wo die Anzeigesysteme vor den magischen Augen erklärt sind, ist sehr interessant ! ...Ich hab aber noch nicht alles verstanden ^^

Gruß Ingo
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#16
Danke für den Hinweis Ingo.

Habs gelesen, verinnerlicht aber....so ganz kapiert...nööööh.
Man müßte doch mal so ein Ding auf dem Seziertisch liegen haben, um wirklich zu verstehen.

Viele Grüße

Peter
Es grüßt freundlich aus dem Siebengebirge

Peter

Der Optimist sitzt auf der Wolke, unter der die anderen jammern.
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#17
Hi zusammen,
schaut mal den Bericht zum Schattenzeiger vom 27.8.14 von radioljub01 (Harald) an. Sehr gut beschrieben und bebildert. Smiley43 Smiley20 
LG aus Schwerin, Holger
Smiley47
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#18
Links zu verschiedenen Abstimmungs-Anzeigen.

siemens: Das Wellenlot der SIEMENS Großsuper-Schatullen 540 (G)WLK

Entwicklung der Abstimm-Anzeigen, Meter, Neon, Mag. Auge etc

Schattenzeiger von außen:

   

Funktionsweise des Schattenzeigers:

   

MfG DR
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#19
Danke Holger, ist schon lange her und bei den vielen Beiträgen im RBF geraten die alten Berichte dann irgendwann in Vergessenheit. So auch dieser hier über die Schattenzeiger:

https://radio-bastler.de/forum/showthread.php?tid=1751
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#20
Hallo Harald,
dank Dir. Habe G.. aufgemacht und da war ziemlich weit vorne Dein Beitrag vom RBF drin>>war überrascht. Ich habe mir die beiden Beiträge von DR auch angesehen/ durchgelesen. Solche Anzeigen kannte ich auch nicht>>nie gesehen. Trotzdem ist das echt interessant solche Teile in diesem Beitrag zu sehen und dadurch auch angeregt zu werden, mal zu GOO..
Sollte ich ein altes Radio o. Ä. mal auf einem Trödelmarkt sehen, in dem eine solche Anzeige verbaut ist,  werde ich es kaufen. Dann sehe ich weiter. Auf jeden Fall gefällt mir das hier vorgestellte Radio. Smiley20
LG aus Schwerin, Holger
Smiley47
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