Hallo Kollegen,
Andreas_P stiess bei den Restaurationsarbeiten an einem SIEMENS 56WL Aetherzepp auf folgendes Problem:
Er hatte zwar den Original SIEMENS Schattenanzeiger für dieses Gerät, aber leider hatte die Spule keinen elektrischen Durchgang. Zu blöd - was tun. Andererseits hatte er auch noch einen funktionierenden Schattenanzeiger von einem AEG - Gerät der gleichen Generation. Da sich die Siemens und AEG-Geräte dieser Serie wirklich sehr ähnlich sahen, stellte sich die Frage, ob man das Anzeigesystem vom AEG nicht einfach in die SIEMENS - Einhausung umsetzen könnte.
Die Aufgabe interessierte mich, auch weil ich doch endlich mal verstehen wollte, wie die Schattenanzeiger funktionieren und warum Schattenanzeiger in den Schaltplänen meist mit diesem Symbol gekennzeichnet werden.
Was ist die Aufgabe eines Schattenanzeigers?
Er soll auf einen Leuchtschirm (Milchglas oder Zelluloid) einen Lichtbalken projizieren, dessen Länge sich mit der Stärke eines empfangenen Radiosenders ändert.
Wie sind sie aufgebaut?
Andreas hat mir seine beide Modelle (den intakten AEG und den defekten SIEMENS) zugeschickt, und ich werde versuchen zu dokumentieren, was ich daran gelernt habe.
Hier die Frontansicht der beiden Schattenanzeiger-Modelle. Links AEG, rechts SIEMENS.
Zunächst ein paar Detailbbilder des funktionierenden AEG-Modells: Links die Außenansicht, rechts die Frontansicht mit abgezogener Frontblende. In dem schrägen Schacht auf der Unterseite steckt eine Glühbirne, die die Mechanik von hinten her beleuchtet.
Bei dem rechten Bild sieht man, wie man auf das Schaltbildsymbol gekommen ist: Eine Zunge im hellen Umfeld.
So funktioniert die Geschichte:
Eine dünne, schwach magnetisierte Stahlscheibe (das ist die rostige mit dem diabolo-ähnlichen Fensterausschnitt) ist mit zwei Spitzen drehbar in einer Stahlhülse aufgehängt. Diese dünne Stahlscheibe trägt eine hauchdünne schwarze Aluminiumzunge, die, wenn sich die Stahlscheibe um ihre Achse dreht, den von hinten kommenden Lichstrahl einer Glühbirne mehr oder weniger abblendet. Die Stahlhülse hat 2 gegenüber liegende Lagerkörnungen zur Aufnahme der Drehscheibenpitzen und sitzt stramm in einer geschlitzten Messinghülse, die wiederum durch einen Hufeisen- (oder besser Seegerring-) förmigen Stahlring unter Spannung gehalten wird. Dieser Stahlring ist magnetisch! So wie bei einem Hufeisenmagneten stehen sich an seinen Enden (rechts im Bild) Nord- und Südpol gegenüber. Das Streumagnetfeld zwischen diesen Magnetpolen greift in den Innenraum des Aufbaus und sorgt dafür, daß sich die (schwach magnetisierte) dünne Drehscheibe im Ruhezustand in eine vertikale Postion dreht - gerade so wie eine Kompassnadel im Erdmagnetfeld. So sieht man von vorn auf die Schmalseite der erwähnten Aluminiumzunge. Von hinten kommendes Licht wird demnach maximal durchgelassen und beleuchtet den Leuchschirm aus Zelluloid über die ganze Höhe. Ein schönes Bild davon sieht man übrigens in Andreas_P Beitrag "SIEMENS 56WL Aetherzepp".
Zwischen dem vorderen, also dem Betrachter zugewandten Ende des Messwerks und der Pertinax-Basisplatte trägt die geschlitzte Messinghülse eine körperlose Spule aus 70µm Draht - die Messinghülse ist also der Wickelkörper. Der Widerstand dieser Spule liegt bei ca. 3.7 kOhm... viele Windungen! Wird die Spule von einem Strom durchflossen überlagert sich das dadurch entstehende Magnetfeld dem Streumagnetfeld des "Hufeisenmagneten" und die Drehscheibe wird entsprechend der resultierenden neuen Richtung der magnetischen Feldlinien aus ihrer Ruheposition gedreht. Damit kippt auch die an der Drehscheibe befestigte schwarze Aluminiumzunge aus ihrer Ruhestellung und stellt sich nun mehr oder weniger quer in den Lichtstrahlengang -> der Leuchtschirm wird von dem von hinten kommenden Licht nur noch oben und unten angestrahlt, in der Mitte ist sie dunkel: Eine mechanische EM84.. wie Uli schon ganz richtig bemerkte! So einfach, man muss bloss drauf kommen.
Nun schauen wir uns zum Vergleich den Aufbau des defekten SIEMENS Schattenanzeigers an. Zunächst die Außenansicht mit der Rückenbeleuchtung:
Den Zelluloid-Leuchtschirm hatte ich hier schon entfernt.
Nun wieder der zentrale Blick auf die Eingeweide. Zum Vergleich links noch einmal das AEG-Modell
Sieht genauso aus wie beim AEG-Modell, oder? Nicht ganz:
(i) Die Alumiumzunge ist nach vorne hin umgebogen. Vielleicht hat sich da jemand dran vergangen, oder man hat beabsichtigt nur die eine Hälfte des Zelluloidschirms zu beleuchten. Die Blende wäre dann nur in zwei Bereichen beleuchtet worden : unten dunkel, oben hell. Wie moderne Pegelmesser mit Leuchtdiodenbändern.
(ii) Auch ist die Halterung der Messinghülse auf der Basisplatte bei AEG und SIEMENS unterschiedlich (sieht man in meinen Bildern nicht).
Tja, nun wurde es ernst: Der Spulenaufbau des defekten SIEMENS Modells wurde zerlegt. So sehen die Einzelteile aus.
.
Und hier die körperlose Spule in Nahaufnahme, die gleich anfing, sich aufzudröseln - oh welche Freude.
Deutlich sieht man die Korrosionsspuren. Ein wenig mit der Stecknadel in den grünen Stellen herumgestochert, und schon fielen mir die ersten Spulenwindungen entgegen. Da verging mir die Lust, dieses elektrische Kleinod zu reparieren.
Aber das gesamte Messswerk des AEG-Models ins SIEMENS Modell umsetzen ist auch nicht so einfach möglich! Warum? Weil die Aufbauplatte ganz anders aussieht. Die passt mechanisch nicht in die SIEMENS - Einhausung. Man kann auch nicht die Spule alleine umsetzen. Wie man an der Demontage des SIEMENS Modells sieht, zerfallen einem nicht fixierte Spulen körperlose Spulen unter den Händen.
Also neu wickeln. Ich habe zwar nur 80 µm Draht auf Spule vorrätig, macht aber nichts, werden es eben ein paar Windungen weniger. Macht den Kohl nicht fett. Im Prinzip hätte ich auch 60 µm und 70 µm Draht, aber nur auf alten Postrelais. Und die kann man nicht so einspannen, dass sich der Draht ruckfrei abwickeln lässt.... UND ES DARF NICHT RUCKEN!
So sieht der Spulenkörper aus, auf den nun viele Windungen CuL kommen. SEUFZ! Immerhin weiss ich jetzt wie die Schattenanzeiger funktionieren.
Die Messinghülse wird natürlich zunächst mit Isolierfolie 25 µm KAPTON umwickelt, bevor die Drahtwickelei beginnt.
Und wie es weitergeht, berichte ich demnächst.
Andreas_P stiess bei den Restaurationsarbeiten an einem SIEMENS 56WL Aetherzepp auf folgendes Problem:
Er hatte zwar den Original SIEMENS Schattenanzeiger für dieses Gerät, aber leider hatte die Spule keinen elektrischen Durchgang. Zu blöd - was tun. Andererseits hatte er auch noch einen funktionierenden Schattenanzeiger von einem AEG - Gerät der gleichen Generation. Da sich die Siemens und AEG-Geräte dieser Serie wirklich sehr ähnlich sahen, stellte sich die Frage, ob man das Anzeigesystem vom AEG nicht einfach in die SIEMENS - Einhausung umsetzen könnte.
Die Aufgabe interessierte mich, auch weil ich doch endlich mal verstehen wollte, wie die Schattenanzeiger funktionieren und warum Schattenanzeiger in den Schaltplänen meist mit diesem Symbol gekennzeichnet werden.
Was ist die Aufgabe eines Schattenanzeigers?
Er soll auf einen Leuchtschirm (Milchglas oder Zelluloid) einen Lichtbalken projizieren, dessen Länge sich mit der Stärke eines empfangenen Radiosenders ändert.
Wie sind sie aufgebaut?
Andreas hat mir seine beide Modelle (den intakten AEG und den defekten SIEMENS) zugeschickt, und ich werde versuchen zu dokumentieren, was ich daran gelernt habe.
Hier die Frontansicht der beiden Schattenanzeiger-Modelle. Links AEG, rechts SIEMENS.
Zunächst ein paar Detailbbilder des funktionierenden AEG-Modells: Links die Außenansicht, rechts die Frontansicht mit abgezogener Frontblende. In dem schrägen Schacht auf der Unterseite steckt eine Glühbirne, die die Mechanik von hinten her beleuchtet.
Bei dem rechten Bild sieht man, wie man auf das Schaltbildsymbol gekommen ist: Eine Zunge im hellen Umfeld.
So funktioniert die Geschichte:
Eine dünne, schwach magnetisierte Stahlscheibe (das ist die rostige mit dem diabolo-ähnlichen Fensterausschnitt) ist mit zwei Spitzen drehbar in einer Stahlhülse aufgehängt. Diese dünne Stahlscheibe trägt eine hauchdünne schwarze Aluminiumzunge, die, wenn sich die Stahlscheibe um ihre Achse dreht, den von hinten kommenden Lichstrahl einer Glühbirne mehr oder weniger abblendet. Die Stahlhülse hat 2 gegenüber liegende Lagerkörnungen zur Aufnahme der Drehscheibenpitzen und sitzt stramm in einer geschlitzten Messinghülse, die wiederum durch einen Hufeisen- (oder besser Seegerring-) förmigen Stahlring unter Spannung gehalten wird. Dieser Stahlring ist magnetisch! So wie bei einem Hufeisenmagneten stehen sich an seinen Enden (rechts im Bild) Nord- und Südpol gegenüber. Das Streumagnetfeld zwischen diesen Magnetpolen greift in den Innenraum des Aufbaus und sorgt dafür, daß sich die (schwach magnetisierte) dünne Drehscheibe im Ruhezustand in eine vertikale Postion dreht - gerade so wie eine Kompassnadel im Erdmagnetfeld. So sieht man von vorn auf die Schmalseite der erwähnten Aluminiumzunge. Von hinten kommendes Licht wird demnach maximal durchgelassen und beleuchtet den Leuchschirm aus Zelluloid über die ganze Höhe. Ein schönes Bild davon sieht man übrigens in Andreas_P Beitrag "SIEMENS 56WL Aetherzepp".
Zwischen dem vorderen, also dem Betrachter zugewandten Ende des Messwerks und der Pertinax-Basisplatte trägt die geschlitzte Messinghülse eine körperlose Spule aus 70µm Draht - die Messinghülse ist also der Wickelkörper. Der Widerstand dieser Spule liegt bei ca. 3.7 kOhm... viele Windungen! Wird die Spule von einem Strom durchflossen überlagert sich das dadurch entstehende Magnetfeld dem Streumagnetfeld des "Hufeisenmagneten" und die Drehscheibe wird entsprechend der resultierenden neuen Richtung der magnetischen Feldlinien aus ihrer Ruheposition gedreht. Damit kippt auch die an der Drehscheibe befestigte schwarze Aluminiumzunge aus ihrer Ruhestellung und stellt sich nun mehr oder weniger quer in den Lichtstrahlengang -> der Leuchtschirm wird von dem von hinten kommenden Licht nur noch oben und unten angestrahlt, in der Mitte ist sie dunkel: Eine mechanische EM84.. wie Uli schon ganz richtig bemerkte! So einfach, man muss bloss drauf kommen.
Nun schauen wir uns zum Vergleich den Aufbau des defekten SIEMENS Schattenanzeigers an. Zunächst die Außenansicht mit der Rückenbeleuchtung:
Den Zelluloid-Leuchtschirm hatte ich hier schon entfernt.
Nun wieder der zentrale Blick auf die Eingeweide. Zum Vergleich links noch einmal das AEG-Modell
Sieht genauso aus wie beim AEG-Modell, oder? Nicht ganz:
(i) Die Alumiumzunge ist nach vorne hin umgebogen. Vielleicht hat sich da jemand dran vergangen, oder man hat beabsichtigt nur die eine Hälfte des Zelluloidschirms zu beleuchten. Die Blende wäre dann nur in zwei Bereichen beleuchtet worden : unten dunkel, oben hell. Wie moderne Pegelmesser mit Leuchtdiodenbändern.
(ii) Auch ist die Halterung der Messinghülse auf der Basisplatte bei AEG und SIEMENS unterschiedlich (sieht man in meinen Bildern nicht).
Tja, nun wurde es ernst: Der Spulenaufbau des defekten SIEMENS Modells wurde zerlegt. So sehen die Einzelteile aus.
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Und hier die körperlose Spule in Nahaufnahme, die gleich anfing, sich aufzudröseln - oh welche Freude.
Deutlich sieht man die Korrosionsspuren. Ein wenig mit der Stecknadel in den grünen Stellen herumgestochert, und schon fielen mir die ersten Spulenwindungen entgegen. Da verging mir die Lust, dieses elektrische Kleinod zu reparieren.
Aber das gesamte Messswerk des AEG-Models ins SIEMENS Modell umsetzen ist auch nicht so einfach möglich! Warum? Weil die Aufbauplatte ganz anders aussieht. Die passt mechanisch nicht in die SIEMENS - Einhausung. Man kann auch nicht die Spule alleine umsetzen. Wie man an der Demontage des SIEMENS Modells sieht, zerfallen einem nicht fixierte Spulen körperlose Spulen unter den Händen.
Also neu wickeln. Ich habe zwar nur 80 µm Draht auf Spule vorrätig, macht aber nichts, werden es eben ein paar Windungen weniger. Macht den Kohl nicht fett. Im Prinzip hätte ich auch 60 µm und 70 µm Draht, aber nur auf alten Postrelais. Und die kann man nicht so einspannen, dass sich der Draht ruckfrei abwickeln lässt.... UND ES DARF NICHT RUCKEN!
So sieht der Spulenkörper aus, auf den nun viele Windungen CuL kommen. SEUFZ! Immerhin weiss ich jetzt wie die Schattenanzeiger funktionieren.
Die Messinghülse wird natürlich zunächst mit Isolierfolie 25 µm KAPTON umwickelt, bevor die Drahtwickelei beginnt.
Und wie es weitergeht, berichte ich demnächst.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
Harald