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AM-Stereo-Sender mit FL2k und GNU Radio
#1
Inhalt
- CQUAM-Encoder, Blockschaltbild
- CQUAM-Encoder, finale Version mit ausführlicher Beschreibung
- CQUAM-Encoder, verbesserte Version
- AM-Stereo nach dem Kahn-Hazeltine Verfahren
- Signal-Verstärker für den FL2000, Schaltung und Leiterkarte
- Exkurs: Komplexe Zahlen

Hallo zusammen,
 
nachdem mich nun dank Bernhard45 der SDR-TX-Bug gebissen hat, dachte ich, es wäre schön, einen Sender für AM-Stereo zu "bauen". Nach einigen Rückschlägen ist es mir nun auch gelungen. Gleich zu Anfang eine Erfahrung, die ich machen musste: Man darf bei einem solchen Projekt nicht einfach Baugruppen, die man in Hardware zusammenfügen würde, in Software nachbilden. Das kann gehen, aber in diesem Fall waren die Resultate nicht gut.

Bei einer solchen Lösung muss man immer vor Augen haben, dass es hier um Mathematik geht, die elektronische Baugruppen erzeugt. Das hat den Vorteil, dass man damit Dinge machen kann, die mit Hardware nicht gehen. Oder hat hier schon einmal jemand einen Phasenmodulator mit nur einem Eingang für das Signal und einem Ausgang gebaut? Mathematisch gesehen geht das in der komplexen Zahlenebene: der Träger ist einfach 0 (Null) und die Seitenbänder bauen sich um den Nullpunkt in positiver und in negativer Richtung auf. Genauso funktioniert AM. Man kann also alle Funktionen quasi im Basisband erledigen und erst am Ende das Signal mit einem Multiplizierer auf eine höhere Frequenz bringen.

Da meine Zeit an der TH Darmstadt schon mehr als 30 Jahre zurück liegt, fiel es mir auch nicht leicht, mich wieder etwas in diese Thematik hineinzudenken...

Hier erst einmal das Blockschaltbild:

   

Diese Lösung liefert ein Signal auf 630 kHz; es kann auf jede andere Frequenz umgestellt werden. Ich werde im Folgenden die Funktionsweise erläutern, da diese von der üblichen Methode abweicht und mit einem Amplituden- und einem Phasenmodulator arbeitet. Trotzdem kommt hier CQUAM heraus, da ich das Signal vor dem Phasenmodulator noch etwas "vorbehandle". Die Idee mit der Vorverzerrung kam übrigens von Darius (Oldeurope), der das in Hardware mit enem VCA umgesetzt hat...

Und ja - die "Stereo"-Anzeigen an meinen AM-Stereo-Receivern gehen stabil an...
Viele Grüße
Semir
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"Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wußte das nicht, und hat es gemacht."
(Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)
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#2
Zum Abschluss stelle ich hier nun die finale Variante meines AM-Stereo-Encoders nach Motorola CQUAM vor. Nachdem ich einige Tests durchgeführt hatte, musste ich feststellen, dass die Variante oben mit der Vorverzerrung nicht ganz fehlerfrei arbeitete und bei extremen Situationen - wenn also nur Links oder nur Rechts ein Signal vorhanden ist - doch noch einige Verzerrungen im jeweils anderen Kanal produziert hat. Diese sind zwar praktisch im Normalbetrieb nicht hörbar, aber ich wollte einen 100% kompatiblen Encoder haben, also musste ich nochmal überlegen, wie ich das in GNU Radio umsetzen kann.

Das Problem war in erster Linie, dass in GNU Radio die Funktion eines Begrenzers nicht gut funktionierte und es zu starken Verzerrungen bzw. Störungen kam, wenn ich einen solchen mit der "Rail" oder "Threshold" Funktion umsetzen wollte. Im Motorola-CQUAM-Verfahren ist aber eine Begrenzung des Signals scheinbar nicht zu umgehen, dachte ich. Aber die Kenntnis der komplexen Zahlen (hier ein kleiner Exkurs) - insbesondere der Variante mit Polarkoordinaten - hat mir dann geholfen, das sehr elegant anders zu lösen, wie ich meine.

Zunächst ein Überblick, wie CQUAM funktioniert:

1. In einer Matrix werden L+R und L-R gebildet.
2. Das L+R-Signal wird als Realteil in normaler AM moduliert.
3. Das L-R-Signal wird als Imaginärteil in DSB moduliert.
4. Beide werden zu einem Signal addiert; damit ergibt sich ein Signal in der komplexen Zahlenebene.
5. Das Resultat wird nun begrenzt, um die AM zu entfernen und nur die Phase zu behalten.
6. Das so gewonnene Signal wird als Träger verwendet und einem weiteren AM-Modulator zugeführt.
7. Dem 2. AM-Modulator wird erneut das L+R-Signal zugeführt, und er erzeugt die Hüllkurve - eine saubere AM.

Das Verfahren ist so entworfen worden, um die Kompatibilität zu alten Hüllkurvengeräten zu wahren, die quasi 99,9% der AM-Radios ausmachen. Würde man das Signal aus Schritt 4 oben verwenden, so ergäben sich Verzerrungen, da das der AM überlagerte DSB zusätzliche Amplitudenveränderungen bewirkt. Der Begrenzer entfernt diese zwar, aber damit auch die gesamte AM, also auch die, welche wir behalten möchten - das L+R-Signal.

Einfache Verfahren arbeiten nun mit einer reinen Phasenmodulation des AM-Trägers vor dem finalen Hüllkurvenmodulator, was auch eine feste Amplitude des Trägers ergibt. Diese Methode war der erste AM-Stereo-Vorschlag in den USA und wurde nach Magnavox benannt. Sie ist recht gut mit Empfängern nach dem CQUAM-Verfahren kompatibel, aber nicht perfekt.

Nicht perfekt deshalb, weil die reine symmetrische Phasenmodulation nicht der des CQUAM-Verfahrens entspricht, welche nicht nur vom L-R-Signal, sondern auch vom L+R-Signal abhängt und damit für links und rechts unterschiedlich vorverzerrt ist. Berücksichtigt man das nicht, sind im Empfänger bei den o.g. Extremsituationen verzerrte Signale im jeweils anderen Kanal zu hören. Bei echtem CQUAM konnte ich diese komplett eliminieren und das Signal im jeweils anderen Kanal fast unhörbar machen!

Da ein Begrenzer nicht in GNU Radio funktionieren wollte, habe ich das anders gelöst: CQUAM-GNU-S; die veränderten Teile sind rot markiert:

1. In einer Matrix werden L+R und L-R gebildet.
2. Das L+R-Signal wird als Realteil in normaler AM moduliert.
3. Das L-R-Signal wird als Imaginärteil in DSB Moduliert.
4. Beide werden zu einem Signal addiert; damit ergibt sich ein Signal in der komplexen Zahlenebene.
5. Aus dem komplexen Signal aus 4 wird nur die Phaseninformation extrahiert. Das ist die "Complex to Argument"-Funktion.
6. Das so gewonnene Signal wird einem Phasenmodulator zugeführt.
7. Das reine nach CQUAM-Phasen modulierte komplexe Signal im Basisband (Träger = 0) wird mit einem Träger versehen.
8. Von dem sich ergebenden Signal wird der Realteil mit der Funktion "Complex to Real" extrahiert.
9. Das Signal aus 8 wird als Träger für den Hüllkurvenmodulator, also den 2. AM-Modulator, verwendet.
10. Dem 2. AM-Modulator wird erneut das L+R-Signal zugeführt, und er erzeugt die Hüllkurve - eine saubere AM.

Hier ein paar Bilder der Blöcke:


.png   AMSTGR_Matrix_PT.png (Größe: 23,48 KB / Downloads: 796)
Matrix


.png   AMSTGR_IQ_Mod.png (Größe: 12,83 KB / Downloads: 795)
Die Modulatoren für die Phasenmodulation


.png   AMSTGR_US_PhaseARG.png (Größe: 22,62 KB / Downloads: 793)
Abtastrate auf ca. 5x Trägerfrequenz (630kHz) "hochsamplen" und Argument (Phaseninformation) extrahieren


.png   AMSTGR_Carrier-Gen_Env-Mod.png (Größe: 17,42 KB / Downloads: 795)
Trägererzeugung und Hüllkurvenmodulation


.png   AMSTGR_Upsampl_Output.png (Größe: 13,19 KB / Downloads: 796)
Ausgabe nach weiterer Erhöhung der Abtastrate auf ca. 8Ms/s


.png   ASTGR_Accessories.png (Größe: 14,42 KB / Downloads: 795)

Zubehör, um die Signale zu kalibrieren und Pegel zu verändern

Hier ist nun die Gesamtübersicht:

   

Die .grc-Datei ist im Anhang zu finden. Die Trägerfrequenz kann man einfach durch Editieren des entsprechenden Blocks ändern.

Dies ist ein zu 100% CQUAM-kompatibler Modulator, der eine sehr hohe Kanaltrennung auf meinem Carver TX11a ("Mercedes" AM-Stereo Receiver, Neupreis 700 US$, heute ca. 200 €) erreicht. Alle anderen Verfahren, die ich bisher alternativ genutzt habe, konnten dieses Ergebnis nicht erreichen.

Hier sind die wichtigsten Links zum Thema AM-Stereo:
http://www.amstereo.org/
https://www.amstzone.org/

Viel Spaß beim Testen!


Angehängte Dateien
.zip   AMST_Single_RevB1PM_Final1.grc.zip (Größe: 1,96 KB / Downloads: 23)
Viele Grüße
Semir
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#3
Am Thema CQUAM-Modulator habe ich noch ein wenig gefeilt und das Konzept weiter optimiert. Den Block "Complex zu Argument" und den Phasenmodulator habe ich nun vor das erste Upsampling gesetzt, was nochmal ca. 10% CPU-Last eingespart hat, da diese Blöcke nun mit 44,1 kHz anstelle mit 2,2 MHz laufen. Das ist vom Resultat der Signalverarbeitung identisch, verringert aber die erforderliche Rechenleistung. Auf meinem Core i5, auf dem ich diese Zeilen schreibe, während der Modulator und VLC läuft, habe ich nun ca. 40% Auslastung. Auch auf einem älteren Core-Duo-Laptop läuft das Programm einwandfrei - hier allerdings mit ca. 65% Auslastung.

Die "krummen" Sampleraten kommen übrigens daher, dass ich eine Ausgangsrate gewählt habe, die der FL2000 exakt unterstützt, und von dieser Rate ausgehend die anderen Werte heruntergerechnet habe.

Als weiteres Feature habe ich noch eine Auswahl von 4 Frequenzen eingebaut, die per "Knopf" anwählbar sind. Wer mag, kann diese natürlich anpassen. Die aktuelle grc-Datei habe ich angehängt.

Das Programm läuft übrigens sehr stabil. Ich hatte es schon mehrfach über Nacht durchlaufen lassen, und am nächsten Morgen lief es immer noch unverändert.


Angehängte Dateien
.zip   AMST_Single_RevB1PM_Final4.grc.zip (Größe: 2,06 KB / Downloads: 24)
Viele Grüße
Semir
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#4
Oben hatte ich geschrieben, dass ich auch andere AM-Stereo Verfahren ausprobieren wollte. Nun, da meine Sony Geräte SRF-A100 und SRF-A1 auch das Kahn-Hazeltine Verfahren unterstützen, habe ich mich daran gemacht, dieses umzusetzen. Hilfreich war hier wieder das Script von DiRu (Prof. Dietmar Rudolf), in dem das Verfahren erklärt wird. Bei diesem Verfahren werden die zwei Seitenbänder genutzt, um Links und Rechts zu übertragen. Jedes Seitenband enthält einen Kanal. Das Blockschaltbild für einen Encoder kleiner Leistung habe ich hier mal aus dem Script von DiRu kopiert:

   

Wie hier zu sehen ist, benötigt man wieder zwei um 90° verschobene Träger cos ωt und j sinωt, denen jeweils das L+R- und das L-R-Signal zugeführt werden. Zusätzlich wird noch der Träger zugesetzt. Es ist also im Prinzip eine QAM mit Träger. Allerdings muss das L-R-Signal - also die NF - um 90° in der Phase gedreht werden, um den Effekt der unterschiedlichen Seitenbänder zu erzielen. HAMs, die mal SSB nach der Phasenmethode erzeugt haben, wissen, dass das nicht einfach ist - gilt es doch, den gesamten genutzten Niederfrequenzbereich um exakt 90° in der Phase zu drehen. Schon bei der im Amateurfunkbereich üblichen NF, die bei Telefonie nur von 300 Hz bis 3 kHz reicht, ist das mit analoger Technik nicht einfach. Bei einem Frequenzbereich wie hier, der von 50 Hz bis 10 kHz reicht, wäre das analog noch schwieriger. Von der Genauigkeit der Phasendrehung hängt das zu erzielende Übersprechen ab, also muss diese relativ gut umgesetzt werden. Analog macht man das mit Op-Amps, die als sog. Allpass betrieben werden. Diese Schaltung dreht die Phase, ohne jedoch die Amplitude zu verändern. Die Wirkung ist aber nur in einem bestimmten Frequenzbereich genau, so dass mehrere solcher Schaltungen mit verschiedenen Zeitkonstanten hintereinander geschaltet werden müssen, um die erforderliche Präzision der Phasendrehung über den gesamten genutzten NF-Bereich zu erreichen. In der Digitaltechnik lässt sich das viel einfacher mit Hilfe eines einzigen Hilbert-Filters machen. Zum Glück gibt es diesen auch als Baustein in GNU Radio. Ein Hilbert-Filter macht genau das, was wir hier benötigen: es dreht die Phase eines zugeführten Signals für alle darin vorkommenden Frequenzen um 90° - Bingo Problem gelöst!

Der Encoder in GNU Radio ist hier zu sehen:

   

Ich habe in der hier geposteten Schaltung noch ein paar "Potis" in Form von Slidern - also veränderlichen Werten - eingebaut, um das Ganze auf minimales Übersprechen zu optimieren.

Am Anfang war ich gespannt, als ich meinen SRF-A100-Empfänger auf Stellung "B" (= Kahn-Hazeltine-Modus) umstellte und einen Kanal auf Null setzte. Das Resultat war jedoch nicht befriedigend, und der Kanal, der eigentlich nicht zu hören sein sollte, war immer noch recht gut vorhanden. Ich überlegte und kam zum Schluss, dass ja die Signalverarbeitung des Hilbert-Filters eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen musste. Das hat zur Folge, dass das L-R-Signal zu spät am QAM-Modulator ankam. Die Lösung war, eine Verzögerung in den L+R-Kanal einzufügen, um das Timing anzugleichen. Das brachte den gewünschten Erfolg - Fast perfekte Kanaltrennung und dabei einen sehr guten Klang, der nach meinem Gefühl noch etwas besser als beim Motorola-Verfahren ist - aber das ist meine sehr subjektive Meinung. Auch auf Mono-Radios klingt der Sender wie ein normaler AM-Sender; ich konnte keine Verzerrungen feststellen.

Das Kahn-Hazeltine-Verfahren ist auch weniger ressourcenhungrig als das CQUAM. Mein Laptop läuft mit ca. 35% CPU Last, während ich das hier schreibe und Shakatak auf meinem SRF-A100 in bestem AM-Stereo erklingt...

Im Anhang ist die grc-Datei.

Ohne die Möglichkeiten von GNU Radio und der Digitaltechnik wäre das hier Gezeigte nur mit viel Aufwand möglich gewesen und hätte mich einige Tage Arbeit gekostet. Vielleicht könnt ihr meine Begeisterung etwas nachvollziehen, da mit diesem Programm einfach auf dem Sofa Dinge getestet werden können, die sonst nur in der Werkstatt möglich wären und viel länger dauern würden.


Angehängte Dateien
.zip   AMST_KH_01.grc.zip (Größe: 2,11 KB / Downloads: 19)
Viele Grüße
Semir
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#5
Hier stelle ich Euch eine weitere Ergänzung dieses Projektes vor. Diese ist auch für andere Projekte mit dem FL2000-VGA-Adapter nutzbar, nicht nur mit AM-Stereo. Es handelt sich um einen Tiefpass mit Pufferstufe. Das Schöne an der Sache ist, dass diese Schaltung komplett aus dem VGA-Adapter versorgt wird und keine weitere Stromversorgung braucht. Der VGA-Standard sieht am 15-poligen Stecker auf Pin 9 eine Spannung von 5 V vor. Ich habe mal verschiedene Adapter gemessen; diese geben am Pin 9 zwischen 1,8 V (unbrauchbar) bis 5,1 V (sehr gut ) aus. Die meisten haben ca. 4,5 V und liefern genug Strom, um die Schaltung hier zu versorgen.

Ich habe den bewährten MAX4012 von Maxim verwendet, da dieser Videoverstärker auch bis herunter zu 3 V noch funktioniert. Bei 5 V kann man damit ca. 2 Vss an 50 Ω generieren, was ca. 10 dBm (10 mW) entspricht. Das reicht für fast alle Anwendungen im Hobbybereich völlig.

Hier nun die Schaltung, eigentlich nichts Spektakuläres, aber für den Zweck sehr praktisch.

   

Das Ganze habe ich in SMD aufgebaut und so klein bekommen, dass es in das Gehäuse eines 15-poligen VGA-Steckers passt:

   


   

Die blaue LED ist nicht nur zur Zierde da, sondern zeigt auch, dass der Adapter genug Spannung liefert. Blaue LEDs haben eine Durchlassspannung von ca. 4 V. Wenn der Adapter also nicht genug Spannung liefert, leuchtet die LED nicht.

Gestern kam von Voelkner die Lieferung mit den Gehäuseschalen für die VGA-Buchsen. Natürlich waren die etwas anders als die einzelne, welche ich für das Layout als Muster verwendet hatte. Also musste das Layout nochmal etwas geändert werden.
Hier nun das finale Teil:

   

Es macht bei 4,3 V Speisespannung ca. 6 mW; mit 5 V wären auch 10 mW möglich.

Das Layout seht ihr hier:

   

Die KiCad-Projektdateien sind im Anhang.


Angehängte Dateien
.zip   FL2k-MAX4012.zip (Größe: 78,83 KB / Downloads: 0)
Viele Grüße
Semir
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#6
Ich möchte hier auf das Thema "Komplexe Zahlen" eingehen. Das ist kein Hexenwerk, sondern sehr nützlich, wenn wir mit elektrischen Schaltungen oder deren Simulation arbeiten.

Viele Vorgänge, die mit "Wechselstrom" zu tun haben, lassen sich einfacher mit komplexen Zahlen darstellen oder berechnen. In der Nachrichtentechnik kommen ja Wechselspannungen in Form von Trägern und Signalen vor. Um nun Phase und Amplitude darzustellen, ist die komplexe Zahlenebene sehr hilfreich. Das nutze ich auch, um den AM-Stereo Modulator - der echtes CQUAM erzeugt - vorzustellen.

Aber auch in der der Energietechnik sind Phasenverschiebungen ein wichtiger Faktor. Sicher haben die meisten hier schon von Blindleistung gehört. Diese entsteht durch Komponenten im Netz, die eine induktive oder kapazitive Last darstellen, also nicht reine ohmsche Widerstände sind. Auch hier lassen sich die ohmschen und kapazitiven/induktiven Anteile sehr schön in der Komplexen Zahlenebene darstellen.

Was sind nun komplexe Zahlen? Nun fangen wir mal beim Ursprung an; es gibt bei reellen ("normalen") Zahlen das Problem, die Gleichung:

.png   1.png (Größe: 387 Bytes / Downloads: 90)

zu lösen, da diese nach x² aufgelöst ergibt:

.png   2.png (Größe: 314 Bytes / Downloads: 90)

Nun ist es aber so, dass es keine reelle Zahl gibt, die man quadrieren kann, bei der sich ein negatives Ergebnis ergibt. In der Schule haben wir ja gelernt, dass z.B.
.png   3.png (Größe: 321 Bytes / Downloads: 91) also positiv ist. Das gleiche gilt auch für alle anderen negativen reellen Zahlen. Um dieses Dilemma zu lösen, hat man in der Mathematik die imaginäre Zahl "i"  eingeführt und definiert, so dass:

.png   4.png (Größe: 314 Bytes / Downloads: 90) ist.

Die imaginäre Zahl "i" (ohne Quadrat) hat also den Wert "Wurzel aus -1" bzw.
.png   6.png (Größe: 291 Bytes / Downloads: 89) .

.png   5.png (Größe: 364 Bytes / Downloads: 88)

Eine komplexe Zahl besteht nun aus zwei Komponenten: einem Realteil und einem Imaginärteil. Das Ganze wird so geschrieben:

.png   39.png (Größe: 982 Bytes / Downloads: 86)

In der Elektrotechnik wird - um Verwechslungen mit Strömen und Zählindices zu vermeiden - für den Imaginärteil üblicherweise nicht "i" sondern "j" verwendet; das werde ich hier auch ab jetzt tun. Unsere Darstellung der komplexen Zahl sieht nun für Elektrotechniker so aus:

.png   40.png (Größe: 1.020 Bytes / Downloads: 87)

Wenn wir nun diese Zahlen in einer zweidimensionalen Ebene darstellen möchten, können wir den Realteil auf der "x"-Achse aufzeigen und den Imaginärteil auf der "y"-Achse. Der Realteil liegt also waagerecht und der Imaginärteil senkrecht. Hier eine Grafik aus Wikipedia, die das veranschaulicht:

.png   Komplexe_zahlenebene.svg.png (Größe: 6,36 KB / Downloads: 86)

Die im Bild gezeigte komplexe Zahl, nennen wir sie "z", besteht aus einem Realteil "a" mit dem Wert 3 und einem Imaginärteil "b" mit dem Wert 2. Diese Zahl kann man also so schreiben:

.png   7.png (Größe: 448 Bytes / Downloads: 88)

Das ist die kartesische Schreibweise, also mit einem waagerechten "x" Wert und einem senkrechten "y" Wert. Es gibt aber auch noch eine andere - für unsere Zwecke manchmal günstigere - Schreibweise. Das ist die Darstellung in sogenannten Polarkoordinaten - mit einem Strahl, dessen Länge den Betrag der Zahl darstellt und einem Winkel bezogen auf die x-Achse, der als Argument bezeichnet wird. Im Bild ist eine Linie zu sehen, die im Ursprung beginnt und im Punkt x=3,y=2 endet. Das Ganze bildet ein Dreieck, und deshalb können wir mit Hilfe von Herrn Pythagoras die Länge dieser Linie - die in unserem Dreieck die Hypotenuse darstellt, nennen wir sie "r" - berechnen. Sie ergibt sich zu:

.png   8.png (Größe: 460 Bytes / Downloads: 86) oder
.png   9.png (Größe: 531 Bytes / Downloads: 86)

In Zahlen:

.png   10.png (Größe: 908 Bytes / Downloads: 86) oder
.png   37.png (Größe: 538 Bytes / Downloads: 85) , was auch grafisch hinkommt.
 
Der Wert "r" wird auch Betrag der komplexen Zahl genannt. Für die Darstellung der komplexen Zahl in Polarkoordinaten reicht dieser Wert aber nicht; wir benötigen noch den Winkel "φ". Im Zusammenhang mit komplexen Zahlen wird der Winkel auch als "Argument" bezeichnet. Dieser ergibt sich zu:

.png   36.png (Größe: 1,39 KB / Downloads: 87)

Bemerkung: der Arkustangens oder arctan ist die umgekehrte Funktion zum Tangens. In Worten ausgedrückt macht sie Folgendes: "Suche den Winkel φ , der zu dem gegebenen Verhältnis Gegenkathete / Ankathete passt."

Da wir nun den  Winkel φ auch kennen, können wir unsere komplexe Zahl "z" nun so schreiben:

.png   35.png (Größe: 790 Bytes / Downloads: 88)

Warum ist das so? Nun, wir kennen den Betrag "r" der in unserem Dreieck ja die Hypotenuse darstellt, und wir kennen den Winkel φ. Aus der Schule wissen wir:

.png   15.png (Größe: 1,05 KB / Downloads: 86) oder:

.png   16.png (Größe: 1,04 KB / Downloads: 88)

Die Ankathete ist ja hier unser Realteil, der auf der x-Achse liegt.
In unserem Beispiel wäre der Realteil r * cos φ, oder in Zahlen:

.png   18.png (Größe: 790 Bytes / Downloads: 89)

Es kommt also, wie erwartet, der Realteil von 3 heraus. Da ich die Zahlen für den Betrag und den Winkel etwas gerundet habe, hier nur 2,99.

Analog wäre der Imaginärteil:

.png   19.png (Größe: 1,13 KB / Downloads: 88)

Die Gegenkathete ist ja hier unser Imaginärteil, der auf der y-Achse liegt.
In unserem Beispiel wäre der Realteil r * sin φ, oder in Zahlen:


.png   21.png (Größe: 787 Bytes / Downloads: 87)

Es kommt also, wie erwartet, der Imaginärteil von 2 heraus. Da ich die Zahlen für den Betrag und den Winkel etwas gerundet habe, hier nur 1,99.

Man kann
.png   22.png (Größe: 743 Bytes / Downloads: 88) mathematisch auch so schreiben:

.png   rmalehochifi.png (Größe: 646 Bytes / Downloads: 89)

Das möchte ich hier nicht näher erläutern, da es für unsere Anwendungen nicht erforderlich ist, die Herleitung zu kennen. Nur soviel für Interessierte: Die Funktionen cos, sin und e können auch durch sog. Reihen dargestellt werden; damit ist die Herleitung recht einfach verständlich hier nachzulesen.


Wozu ist nun das Ganze für unser Hobby nützlich? Hier ein paar Beispiele:

Beispiel 1: NTSC Farbfernsehen

Hier wird die Farbe in Form eines Farbträgers übertragen in der Form:

.png   22.png (Größe: 743 Bytes / Downloads: 88) , wobei bei NTSC folgendes gilt:

r = Betrag oder in diesem Fall Amplitude des Farbträgers. Das Entspricht der "Stärke" der Farbe.
φ = Art der Farbe (rot, grün, gelb blau...). Ein Winkel von 0° entspricht blau, einer von 90° rot. Purpur liegt bei ca 45° und grün bei ca. 225°.

Was hat das mit der Formel oben zu tun? Nun, die Farbe wird mit zwei um 90° versetzten Trägern übertragen:

.png   23.png (Größe: 1,44 KB / Downloads: 88) ,

wobei hier im Term
.png   24.png (Größe: 448 Bytes / Downloads: 88) f die Farbträgerfrequenz ist - bei NTSC ist das 3,57454 MHz. Alle Phasen sind also im Verhältnis zur momentanen Phase des Farbträgers zu betrachten. Als Referenz wird hier der Wert auf der Blauachse verwendet.

Der Betrag r (= Amplitude des Farbsignals) ist hier

.png   38.png (Größe: 866 Bytes / Downloads: 86)

Die Phase φ bzw. Farbart ergibt sich zu:

.png   25.png (Größe: 1,06 KB / Downloads: 87)


Beispiel 2: AM Stereo

hier wird auch mit der Form
.png   22.png (Größe: 743 Bytes / Downloads: 88) gearbeitet. Die Seiteninformation wird folgendermaßen als Phaseninformation erzeugt:

.png   26.png (Größe: 1,86 KB / Downloads: 86) ,

wobei der Term 
.png   27.png (Größe: 847 Bytes / Downloads: 87) eine simple AM des Summensignals beschreibt und der Term
.png   28.png (Größe: 795 Bytes / Downloads: 87)  eine AM mit unterdrücktem Träger (DSB) des Differenzsignals ergibt.

Ich hoffe, ich konnte etwas Licht in das Thema "komplexe Zahlen" bringen. Im Bastelkeller kann man sich das mit Realteil und Imaginärteil noch anhand der Trägerphasen veranschaulichen und sich z.B. merken, das ein Träger mit 0° der Cosinus-Träger ist und der mit 90° der Sinus-Träger. Wenn aber in einer Simulation gearbeitet wird und der Träger gar nicht vorhanden ist, sondern mit den reinen Phasen gearbeitet wird, ist das Denken in komplexen Zahlen meist hilfreich, da man hier alle Rechenoperationen auf dem Papier durchführen kann. Das einzige, was beachtet werden muss, sind die Rechenregeln für die imaginäre Komponente j - also dass z.B.
.png   30.png (Größe: 328 Bytes / Downloads: 87) ist und j³ = -j  (weil:
.png   34.png (Größe: 547 Bytes / Downloads: 87) )...

Wer dazu mehr wissen möchte, kann hier bei Wikipedia nachlesen.
Viele Grüße
Semir
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