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Stereo in High Fidelity bei GRUNDIG
#1
Stereo in High Fidelity bei GRUNDIG

Von NF-Stereo über HiFi nach DIN 45500 bis zum Ende des grundigtypischen Design.
Untertitel: Danach folgte nur noch das japantypische Design der 1000er bis 8000er Serien und danach "Fine Arts"


Die Jahre 1964 bis 1989.

Teil 1: 1964 bis 1978/79

Hans M. Knoll

Dieser Text soll den Besuchern des Rundfunkmuseums und den Lesern der Zeitschrift zur Hand gehen, um die Jahre 1964 bis 1989 mit der Fülle von Entwicklungen und Neuheiten bekannt zu machen. Der erläuternde Text geht nur über HiFi nach DIN 45500. Die Stereomodelle sind nur angeführt, um den allmählichen Übergang von Stereo zu HiFi-Stereo des Grundig Programms zu belegen.


Der Ausgangspunkt

Als im Jahre 1958 bei Grundig das Schlagwort "STEREO" auftauchte, war das eigentlich nichts Neues mehr. Schon in den 1930er Jahren gab es diese Art der naturgetreuen Wiedergabe von Sprache und Musik, was die räumliche Zuordnung der Interpreten und Musiker anging.

Es war längstens bekannt, dass eine Wiedergabe eines Schallereignisses, wenn dieses mehr oder weniger von einem fixen Ort (also punktförmig) abgestrahlt wurde, nicht das natürliche Erlebnis nachbilden konnte. So waren Lichtspiel-Theater mit breit streuenden Lautsprecher-Systemen ausgerüstet, als Zuhause noch der Trichter bei Grammophon und Radio verbreitet war. Ich verweise dazu auf meinen Artikel in "Rundfunk und Museum" 56 (April 2006), S. 4-10. Über Stereo als Klangerlebnis gibt es zahlreiche Berichte und Artikel, dass es mir nicht angebracht erscheint, mich dazu ebenfalls zu äußern.

Was gab es da noch? In den USA, in England und Frankreich gab es damals längst eine Bewegung hin zur originalgetreuen Wiedergabe. Dabei ging es nicht nur um die räumliche Aufteilung des Schallereignisses, sondern auch um die unverfälschte Wiedergabe, was die wahre Lautheit über den gesamten Hörbereich und die Verzerrungsfreiheit der Signale anging - eben alles, was nötig war, um das Original aus dem Konzertsaal oder Studio - so wie gedacht - wiedergeben zu können. Techniker sprechen in diesem Zusammenhang gerne von Frequenzgang, Tonumfang, Dynamik, Klirrfaktor, Intermodulation, Richtwirkung und Abstrahlwinkel, Gleichlauf oder Tonhöhenschwankungen - um nur einmal die wichtigsten Begriffe zu nennen. Musikfreunde sprechen dagegen von Durchsichtigkeit, sauberer und ausgewogener Wiedergabe von Bässen, Mittellagen und Höhen, hoher Dynamik. Damit verbunden sind geringe Grundgeräusche wie Brummen, Rauschen und Rumpeln bei Schallplatten. Außerdem von "Klavierfestigkeit", das heißt kein Jaulen der Wiedergabe von Platte oder Band, also keine andauernde Änderung der Abspielgeschwindigkeit, weil die Tonhöhe damit schwankt.

Diese Anforderungen wurden in den Jahren vor 1945 in Deutschland von Groß-Geräten, die sich Kammermusik-Gerät oder Kammermusik-Schatulle nannten, ganz oder annähernd erfüllt. Danach kam der Konzertschrank statt des Musikschranks ins Gespräch.

Die Hersteller hatten die Freiheit, das zu machen, was sie für wichtig und richtig hielten. Technische Möglichkeiten, technisches Können und der Preis bestimmten letztendlich das Produkt. Das galt auch noch über die Einführung von Niederfrequenz- und Hochfrequenz-Stereophonie hinaus, also auch nach 1963/64. Ob Mono oder Stereo, es gab hervorragende Konstruktionen aller Hersteller, aber auch viel Improvisiertes. Der Kunde als Nutznießer dieser Errungenschaften war doch ziemlich allein gelassen. Er musste sich entweder das Wissen um die obengenannten Begriffe aneignen oder glauben, was Presse, Werbung und Handel versprachen.

Im Stammland von High Fidelity: den USA

Um diesem Mangel zu begegnen, gab es in den USA eine Bewegung, die sich "Consumer Report" nannte. Dieser Interessenverband hat Geräte nach einheitlichen Kriterien getestet. Bei uns hieß diese Einrichtung dann "Stiftung Warentest". Die Belange der Hi-Fi-Technik wurden in den USA vom "Institute of Electrical and Electronic Engineers Inc." als "American National Standard" herausgegeben, mit dem Titel "IEE/ IHF Standard Methods of Testing Frequency Modulation Broadcast Receivers". Dazu gab es ein "IHF"-Institute of High Fidelity. Wenn also ein Gerät nach IHF beworben wurde, war sichergestellt, dass die Werte untereinander absolut vergleichbar waren. Es wurden auch Mindestwerte angeführt, die zum Führen des Zeichens "IHF" berechtigten bzw. dafür nötig waren.

In Deutschland (BRD)

Die deutsche Rundfunk-Industrie als Ganzes konnte dem nicht einfach zusehen - ganz abgesehen davon, dass Geräte von High-Fidelity-Freunden aus den USA und anderen Ländern zu uns importiert wurden und auch schon im Handel auftauchten. Auch deutsche Firmen stellten sich als Vertriebspartner ausländischer Hersteller von Hifi-Komponenten zu Verfügung: ELAC in Kiel mit "The Fisher" aus USA und "SONY" aus Japan. Es versteht sich von selbst, dass alle diese Geräte einen Mindeststandard nach IHF aufwiesen, dem die deutschen Modelle nicht unbedingt Paroli bieten konnten.
Wie reagierte die Industrie in der BRD?
Im Rahmen der DIN-Normen wurden sogenannte "Mindestanforderungen nach DIN" geschaffen und eingeführt. Als Titel wurde DIN 45500 vergeben. Diese Norm wurde in Gruppen unterteilt, für die nach festgeschriebenen Messmethoden in diversen DIN-Normen "Mindestwerte" festgelegt wurden. Auch alle Schnittstellen waren darin genormt. Kaum waren diese Normen als Entwurf bekannt gemacht, begann eine Gegenströmung der Fans: "Viel zu geringe Anforderungen" - ohne zu beachten, dass es eben Mindestanforderungen waren, mit denen dem Verbraucher eine Handhabe gegeben wurde, dass das Gerät nicht nur aus Werbesprüchen bestand. Das führte sofort dazu, dass es in der Werbung hieß: "Besser als DIN 45500!" oder "DIN 45500 wird weit übertroffen!" Aber dass die Angaben jetzt nach einheitlichen Richtlinien erstellt und von Testern wie "Warentest" und den ersten Spezialmagazinen für HiFi nachgemessen und beurteilt wurden, war ein ganz großer Fortschritt. Der Autor hat 25 Jahre an HiFi-Einheiten nach dieser Norm gearbeitet, er kann sich daher schon ein Urteil darüber erlauben.


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An dieser Norm waren aus den Firmen erfahrene Ingenieure als Obmänner eingeteilt. Für jedes Blatt gab es einen Spezialisten aus den einschlägig tätigen Firmen. Im Bereich Verstärker war es beispielsweise die Firma Braun in Frankfurt/Main. Bei Tunern war es Grundig in Fürth, usw. Von diesen Fachleuten wurden in Abstimmung mit allen Herstellern im VDI und VDE in einer jahrelangen Prozedur (mit laufenden Erweiterungen) diese Mindestwerte erstellt, die eine hohe Qualität der Produkte bei bezahlbaren Mitteln möglich machte. Es waren ja immer noch Produkte für den Massenkonsum, keine elitären Objekte für betuchte Käufer.

Zum Beispiel kostete 1963 ein 2x12 Watt Verstärker von Braun 775 DM. Dazu kam noch ein Tuner nach DIN 45500 zu 568 DM, also insgesamt 1343 DM. Diese Anlage erfüllte aber auch die DIN 45500 und zählte als HiFi-Anlage.

Bei Grundig gab es einen Empfänger-Vorverstärkerteil HF 10 für 399 DM (der die DIN 45500 nicht voll erfüllte) und eine Endstufe NF 20 nach DIN 45500 dazu, mit 2 x 15 Watt für 240 DM.


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Grundig Hi-Fi-Stereo Endverstärker NF 2 (Haube entfernt)

Das waren 639 DM, also gut die Hälfte des Preises der Anlage von Braun. Die Grundig-Anlage musste aber, wie in den USA sehr gefragt, selbst oder von einem Schreiner in eine Schrankwand oder in ein Regal eingebaut werden können. Alles war "steckerfertig". Diese Aktivität von Grundig mit der "Baustein-Serie" war ein ganz großer Erfolg, gab es doch alles, was man zu einer eigenen Anlage brauchte, zum kleinen Preis. Das Sortiment an Bausteinen jeder Art, wie den HF 1, HF 2 und HF 10, drei AM/FM-Empfängerteile mit NF-Steuerstufen (Vorverstärkern), dazu NF-Endstufen mit Stromversorgung der HF-Teile, den NF 1 und den NF 2, waren etwas gänzlich Neues auf dem Markt. Dazu kamen Lautsprecher, Halleinrichtung, TA-Entzerrer-Vorverstärker usw. Das Programm war umfangreich, preiswert und ließ kaum einen Wunsch unerfüllt.


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"Das maßgerechte Einbauprogramm": Die Hi-Fi-Stereo-Bausteinserie von Grundig


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Grundig Hi-Fi-Stereo Raumklang-Kombination LS 40

Bis 1964 /65 ging das gut. Wie bei Grundig üblich, kam über Nacht die Erkenntnis, dass jetzt auch Modelle nach HiFi-Normen gebraucht werden. Der Begriff "HiFi" als solches war Max Grundig aus seinem USA-Geschäft wohlvertraut. Trugen doch schon 1956 Schränke und Heimempfänger den Schriftzug "Hi-Fi Zauberklang" an der Frontseite. Auch gab es einen HiFi-Raumklangstrahler, welcher aus dem USA-Geschäft übernommen wurde und an viele Modelle dieser Serie anschließbar war. Aber mit HiFi im heutigen Sinn hatte das nichts zu tun. Als verantwortungsbewusste Personen auf diese Diskrepanz hinwiesen, soll Max Grundig gesagt haben: "Was HiFi ist, bestimme ich hier im Hause."

Er hat sich damit auch durchgesetzt, niemand hat ihn deshalb zur Verantwortung gezogen. Aber es muss auch gesagt werden, dass "HiFi" kein geschützter Begriff war, sondern eine Bewegung bei den Musikfreunden. Insofern lag die Bezeichnung der Geräte auch nicht daneben, 1956 gab es HiFi noch nicht als Qualitätssiegel in der BRD.

Wie schon gesagt, war der Wunsch nach HiFi nach DIN 45500 Ende 1963 aufgetaucht. Man hat auch reagiert und die Praxis hat gezeigt, dass Grundig das großartig machte! Zur Hannover Messe 1964 hat Max Grundig richtig losgelegt. Es wurden ein noch mit Röhren bestückter HiFi-Tuner nach DIN, der RT 50, ein komplett mit Halbleitern bestückter HiFi-Verstärker nach DIN, der SV 50, und diverse HiFi-Boxen mit bis zu 100 Litern Volumen und mit neun Lautsprechern entwickelt. Ab sofort mischte Grundig wie gewohnt ganz vorne mit. Beide Geräte waren, obwohl im Sauseschritt entwickelt, ausgereifte Produkte, was für die Entwicklungsabteilungen unter Hans Eckstein, dem "Vater des Heinzelmann", spricht.

Besonders der SV 50 brachte es zu hohen Ehren bei den Fachleuten in der HiFi-Szene. Mit 2 x 25 Watt Sinus Dauerleistung auf beiden Kanälen gleichzeitig, einem Frequenzumfang von 20 bis 20000 Hz +/ 1 dB, einem Klirrfaktor von 0,1% bei 1000 Hz nach DIN und 0,3% bei 30 Hz und 20 Watt (einem Wert, der mit einem Transformatorausgang nicht erreichbar war), zeigt er, was in ihm steckte. Der CSV 60 von Braun gab <1% Klirrfaktor bei 80 bis 15000 Hz an. Grundig setzte gleich am Anfang eine deutliche Marke.


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Hi-Fi-Stereo Vollverstärker SV 50

Der RT 50, mit 9 Röhren, 3 GE-Dioden, 5 Si-Dioden, 1 Stabilisator und 1 Selengleichrichter bestückt, hatte richtungsweisend zwei getrennte Empfangsteile mit je einem Dreikreisfilter für AM und FM, einen Stereo-Decoder und Pilottonfilter am Ausgang, dazu einen Impedanzwandler, um einen kleinen Ausgangswiderstand zu realisieren und damit Höhenverluste im Anschlusskabel zu vermeiden - alles Features, mit denen später andere prahlten. Bis auf ganz wenige Modelle der Oberklasse in der Zeit, als der HiFi-Anspruch bei Grundig nicht so stark von Belang war (RTV 1020, RTV 1040), hat sich dieser Vorteil bei Spitzenmodellen von Grundig bis zum Ende der HiFi-Entwicklung in Fürth gehalten.


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Grundig HiFi-Stereo-Rundfunk-Tuner RT 50

Außer bei Braun im AUDIO 1, einer Kombination von Radio und Phonoteil, gab es so etwas in der BRD noch nicht. Aus heutiger Sicht stand alles auf dem Kopf:
Röhrenklang ist jetzt wieder gefragt. Damals nannte sich der Fortschritt "Halbleiter bestückt" oder "Volltransistor". Dieser "Run" nach Halbleitern führte rasch zu mehr Geräten mit Halbleitern und HiFi-Qualität.

1965 brachte Grundig den Tuner RT 40 (27 Transistoren, 18 Dioden, 1 Gleichrichter) heraus, der zwei getrennte Empfangsteile und je einen Dreikreisfilter bei AM und FM besaß. Jetzt auch mit LW, MW und 2 x KW, NF-seitige Bandbreiten-Umschaltung mit einem 3-stufigen NF-Tiefpassfilter,
Fgr. = 3, 7 und 9 kHz. Dies war eine für echte HiFi-Fans befremdliche Tatsache, obwohl die AM-Teile in den HiFi-Empfängern zur absoluten Spitzentechnik zählten. Aber Max Grundig kannte seinen Kundenstamm. Vorher waren Versuche mit reinen FM-Radios kein großer Erfolg. Zwar wurden später die LW- und KW-Bereiche weggelassen, aber die MW blieb bis zum Ende auch in "Fine Arts"-Geräten. Die strikte Trennung von AM und FM führte aber nicht zu Komplikationen oder Kompromissen.


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Grundig RT 40 M HiFi

Die beiden Verstärker SV 40 mit 2x 15 Watt und der SV 80 mit 2x 30 Watt brachten hauptsächlich Vorteile durch die Verwendung von Silizium-Transistoren, die z.T. als rauscharm selektiert waren. In den Kleinsignalstufen für rausch- und rumpelfreies Arbeiten waren deren niedrige Werte von Vorteil. Beim SV 50 waren noch strengstens von Hand selektierte Germanium-Typen (AC151r) eingesetzt. Der Klirrfaktor wurde jetzt im Bereich von 40 bis 15000 Hz mit < 0,3% und erstmalig die Intermodulation mit =< 0,5% angegeben, um nur einige Features zu nennen.

Ein Nachteil soll aber nicht verschwiegen werden: Die Verwendung von Drift-Transistoren in der Endstufe des SV 80 brachte doch Ausfälle mit sich. Aber auch hier hat man bei Grundig reagiert, es wurde der für 1967/68 vorgesehene RTV 600, der in etwa eine Kombination des RT 40 und des SV 40 darstellt, noch in der Entwicklungsphase auf den neuesten Silizium-Wundertransistor, auch "Arbeitspferd der Industrie" genannt, den 2N3055 (BD130), umgestellt. Der Verstärker am Tuner-Entwicklungsplatz des Autors wurde nach einigen Ausfällen umfrisiert auf den 2N3055 und die Ausfälle hörten auf. Ich habe damals etwas sarkastisch formuliert: "... an den kann man einen Niedervolt-Lötkolben anschließen und damit löten!"


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Grundig RTV 600

Der RTV 600 hat sich zu einem Renner erster Klasse und zum Vater vieler Tuner-Verstärker aller Hersteller gemausert. Dieses Gerät diente auch in Behörden und Rundfunkanstalten als Gebrauchsempfänger für jede Gelegenheit. Sein Ruf war unerreicht gut. Aber es gibt nichts, was man nicht noch verbessern könnte. In Feinarbeit wurde der RTV 650 nachgeschoben, doch dazu später. Mit dem RTV 600 war eine neue Klasse von Qualitätsempfängern eingeführt. Sieht man einmal von den Hochpreis-Modellen wie bei Braun oder "The Fisher" ab, die aber nicht durchgehend Kombinationen waren, gab es nur von SABA das HiFi-Studio III Stereo und das HiFi-Studio Freiburg Stereo, die 1967/68 mit dem RTV 600 konkurriert haben. Der "Run" auf den RTV 600 auch in der Belegschaft war gewaltig. Er hatte eben alles! Wer am Fortschritt der Technik teilhaben wollte, sah im RTV 600 diesen Wunsch verwirklicht. Röhren waren damals bei allen Firmen in die untere (der unteren) Preisklasse verschrieben. Ich will sagen, Röhren waren damals der unteren Preisklasse verschrieben. Um dieses Gesetz der mit spitzem Bleistift rechnenden Kaufleute bei Grundig zu durchbrechen, wurde zeitgleich und parallel zum RTV 600 nach einer Lösung gesucht, die zum Erfolg führte. Es war ein hartes Ringen, um mit dem RTV 350 (nicht HiFi) den Preis incl. Decoder eines röhrenbestückten Steuergerätes, z.B. des Stereomeisters 300, zu erreichen. Der Aufwand bei einem Transistorgerät war damals immer viel höher als beim röhrenbestückten Modell gleicher Klasse. Es muss auch gesehen werden, dass die Anforderungen bei Stereoempfang mit Decoder sehr hoch waren.


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Grundig Stereomeister 300

Der Autor musste damals sein gesamtes Wissen aus allen Sparten der Rundfunktechnik aufbieten, um diese kalkulatorische Gegebenheit zu durchbrechen. Die neue Technik im RTV 350 bestand unter anderem aus einer bisher nur bei professionellen Filtern üblichen Koppel-Methode in den neuen ZF-Filter-Modulen, die, angepasst an die jeweiligen Modelle wie RTV 600, auch dort Vorteile brachte. Um eine hohe Genauigkeit zu erreichen, sind alle ZF-Spulen in einer eigenen Kammer montiert und werden kapazitiv gekoppelt. Wickeltoleranzen sind damit eliminiert, es müssen nicht eine Unzahl unterschiedlicher Spulen entwickelt und gewickelt werden. Außerdem wird aufgrund der Gleichmäßigkeit des ZF-Kanals eine gute Wiedergabequalität bei Stereoempfang gesichert. Im Gegenzug kam der Ratio-Detektor vom RTV 600 in die Stereo-Modelle. Auch der NF-Teil musste mit neuen Ideen entwickelt werden. Eine ECC 83 und eine ELL 80 waren eine einfache Angelegenheit, mit Transistoren bei den damaligen Preisen schon nicht ganz so billig. Auch hier wurde Röhrentechnik konsequent mit neuen Ideen ersetzt:
Eine Endstufe mit verstärkenden Endtransistoren macht zwei getrennte Netzteile erforderlich. Die Daten (Patent?) dazu wurden aus dem NF-Grundlagenlabor an die HF/NF-Gruppe angeliefert. Das nennt man heute Teamwork.


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Grundig RTV 350

Für die Selbstbauer der Grundig-Bausteinserie gab es noch etwas Neues: den Blockbaustein HF 500. War das wieder eine Pionierleistung von Grundig, den HF 10 und NF 10 in eine Kiste zu packen und ausschließlich mit Halbleitern bestückt zum Preis knapp über dem eines SV 80 oder des Satellit 205a in den Markt zu bringen. Wesentliche Merkmale des RTV 600 finden sich dort wieder. Nur Bestandteile wie Tunoscope und Silizium-Endstufe fehlten hier. Mit 2x10 Watt nach DIN 45500 war er aber außerhalb der Gefahrenzone von Endstufen.


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Grundig HF 500

Nicht zu vergessen: Mit den Tonband-Geräten TM 320, TS 320, TK 321, TS 340, TM 340 und TK 341 brachte Grundig nach Art des Hauses im Jahr 1967 einige Zwei- und Vierspurgeräte der Spitzenklasse nach DIN 45500 heraus und damit wieder einmal in Erinnerung, "dass Grundig ganz vorne mitreden kann". Diese Tonband-Geräte, außer dem TK 321 und 341, sind halb mit Röhren bestückt und haben die gleiche mit Halbleitern bestückte HiFi-Endstufe wie der HF 500, aber 2x 12 Watt HiFi nach DIN. Das TK 321 und das TK 341 sind komplett mit Röhren bestückt.

Das Jahr 1968 brachte neben neuen Typen bei Grundig einen wirtschaftlichen Einbruch im HiFi-Geschäft, der Folgen hatte. Grundig hat ab diesem Zeitpunkt seine Super-Geräte - ich sage es mal vorsichtig - losgeschlagen, was der Philosophie von Hi-Tech nicht gut bekam. Der Kunde müsse nur warten, dann falle der Preis schon. Und so etwas hebt nicht zwingend den Nimbus einer Firma. Grundig hat danach auch den reinen HiFi-Markt nicht mehr ganz so ernst genommen wie bisher. Es hat bis 1979 zur Serie 1000, 2000, 3000 und 5000 sowie der Mini-Serie 100, 200 gedauert, bevor Grundig wieder ganz vorne mit dabei war - bei zunehmender Konkurrenz am Markt. Da merkte Max Grundig, dass die Japaner ihn an die Wand zu drücken drohten. Schließlich war HiFi nicht das große Geschäft, das war immer noch das Fernsehen, aber das Image einer Weltfirma hing doch sehr vom Niveau und Nimbus der HiFi-Geräte ab. Diese Aufholjagd im HiFi-Metier ist nur vergleichbar mit dem, was sich bei Video mit VHS abspielte. Das alleine wäre eine Story.
Als Beispiel soll folgende Aufstellung dienen:
1965 gab es in Deutschland 24 HiFi-Tuner, davon zwei von Grundig, jeder zwölfte ein Grundig.
1976 gab es 59 HiFi-Tuner, davon keinen von Grundig.

1979/80 gab es 139 HiFi-Tuner, davon sechs von Grundig, jeder 23. Tuner ein Grundig.
Nach diesem Zeitsprung in die Zukunft wieder zurück zur Technik von 1968:

Mit dem RT 100 erschien ein neuer Spitzentuner. Ein UKW-Teil mit Feldeffekt-Transistoren, die ein wesentlich besseres Groß-Signalverhalten zeigten als bipolare, dazu eine elektronische Senderabstimmung mit Stationsspeichern wie schon im RTV 600, das zum Super-Tunoscope weiterentwickelte Abstimmanzeige-Feature, sind die hauptsächlichen Merkmale dieses Tuners. Der technische Aufwand für die Diodenabstimmung war damals noch sehr hoch. Dass das ZF-Teil, der Decoder und die NF-Ausgänge in Feinarbeit erweitert und verbessert wurden, soll nur angerissen werden. Die einzelnen Werte des Vorgängers RT 40 wurden im Detail verbessert. Auch das Durchschlagen von KW-Sendern bei MW- und Außen-Antennen konnte durch die Wiedereinführung vergessener Techniken gegen Mischmehrdeutigkeiten aus den 1930er Jahren ganz erheblich verbessert werden. Eine ZF-Bandbreitenumschaltung (schmal/breit) kombiniert mit einem Tiefpass erweitert den AM-Empfangskomfort. Dazu noch die längere Erfahrung mit HiFi und den Halbleitern, speziell in Exportgeräten, zeigten sich hier als sehr hilfreich.


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Grundig Tuner RT 100

HF 500 FET

Aus der Entwicklung des RT 100 wurde die Technik der UKW-Box für den HF 500 FET abgezweigt.
Dazu kam dann 1968 wieder eine echte Grundig-Leistung: der HiFi-Verstärker SV 140. Das war nun die Essenz aus allen Grundig HiFi-Entwicklungen auf dem Audiogebiet. Die Entwickler des SV 50, SV 40, SV 80 und des RTV 600 waren dabei federführend. Das alles geschah, wie immer bei Audio, unter der Leitung des "Grundig NF-Papstes" Heinrich Fischelmayer, der seit 1950 diese Abteilung führte. Ohne ihn gäbe es keinen 495W oder 5005W, aber auch keine vernünftigen Normen zu Audio - auch wenn diese heute von selbst ernannten Fachleuten belächelt werden. Es gab nichts mit Audio, an dem "Hei Fi" nicht mit dabei war. Alleine das Namenskürzel ist ja eine Verpflichtung.

Wie schon beim RIV 600 angedeutet, war der SV 140 ein Gerät, das nicht nur Klasse, sondern auch Masse hatte. Stabile Unterlagen bei Möbeln waren angezeigt. Die ganze Erfahrung von SV 40, SV 50 und SV 80 waren hier versammelt. Als Krone kam das Wunschklang-Register von 1957 wieder zu Ehren, natürlich jetzt als Equalizer mit 5 +2 Schiebereglern (LSR, Balance, 40Hz, 200Hz, 3000Hz, 7500Hz und 16000Hz), die gleichzeitig - wie danach bei der japanischen Konkurrenz - den Frequenzgang grob darstellten. Eine absolute Neuheit dabei war, dass in der mechanischen Mittelstellung der Verstärker "linear" war, es waren alle Klangregler umgangen. Heute würde man das "Flat" nennen.


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Grundig RT100 und SV 140

Hierbei war - soweit mir bekannt - Hans Eckstein die treibende Kraft, um erstmalig in einem Hi-Fi-Verstärker, natürlich nach DIN 45500, auch den Equalizer zu realisieren. Ebenfalls neu waren, was die Charakteristik angeht, die zwei Pegelanzeige-Instrumente mit logarithmischer Anzeige in Studioqualität. Alle anderen Daten können heute, im Jahr 2008, also nach 40 Jahren, einer kritischen Bewertung standhalten. Natürlich erscheinen seine 2x 50 Watt heute etwas mager. Das ist aber auch eine Frage der Boxen. Die Wirkungsgrade waren damals besser, nicht die Boxen als solche. Das vergisst heutzutage so mancher gerne. Die Tester in diesen Tagen konnten den SV 140 nach ihren Messungen und Hörtests nur noch "durchwinken", wie es heute in der Politik heißt.

Das (Modell-)Jahr 1969/70

Ab hier stelle ich pro Jahr das Stereoprogramm zusätzlich numerisch dar. Es ist nicht sinnvoll, zu jedem Gerät eine Beschreibung zu bringen. Dazu sind es jetzt zu viele Typen.
Im Programm:
Stereogeräte: RTV 340, RTV 370, RTV 380,
HiFi-Stereo: HF 550, RTV 400, RTV 650, RT40 M, RT 100, SV 85, SV 140.
Tonband: TK 147 HiFi-Stereo (immer Stereo dabei) TK 222 HiFi, TK 242 HiFi, TK 246 HiFi, TK 248 HiFi, TS 600 HiFi, TK 600 HiFi-Stereo

Besonderheiten des Jahres: Box 210, zwei Sets (je 1) Duo-Boxen und (je 2) HiFi-Kugelstrahler 700, Audiorama 7000

Der schon oben erwähnte Absatz-Einbruch im HiFi-Geschäft 1968 brachte es mit sich, dass Grundig jetzt mit transistorisierten Steuergeräten breit in den Markt drängte, die wir im Labor Low-Fi nannten: Das waren der RTV 340, 370, und 380, alles Typen, die aussahen wie die Hifi-Modelle, aber damit diesen im Wege standen. Schlecht waren die auch nicht, doch der Durchschnitts-Kunde wusste leider optisch nicht so genau zu unterscheiden - HiFi or not HiFi? Als HiFi-Neuerungen kamen die beiden weiterentwickelten Modelle RTV 650, der aus dem RTV 600 entstand, und der HF 500 FET, ein modifizierter HF 500.

Neu war hingegen der RTV 400. Ein Gerät mit gleichen NF-Leistungen wie der RTV 600, aber nur mit einer einfachen Abstimm-Anzeige, nur 4 Bereiche (UKML) sowie weniger Selektion bei AM und FM. Keine Bandbreitenumschaltung und nur ein fester 5-kHz-Tiefpassfilter (stimmt hier) für AM speziell bei KW.
Weil jedoch die HiFi-Typen nicht gut aussahen (sie sahen genauso aus wie die nicht-HiFi-Typen, und das war nicht gut), war ihm nicht der große Erfolg beschieden. Das war ein Fehler, den Max Grundig immer wieder machte. Wenn ihm etwas gut gefiel, sich auch gut verkaufte, schob er ähnliches oder Nah-Verwandtes hinterher, und entzog dem einen oder anderen Modell den Boden. Da könnte man vieles anfügen, zum Beispiel den SV 85, fast ein SV 140, groß und schwer, mit weniger Komfort und einfacherer Schaltung sowie weniger Ausgangsleistung. Er war mechanisch viel zu aufwändig gebaut, um ein Renner zu werden. Es kam noch hinzu, dass die gesamte deutsche Konkurrenz jetzt auch attraktive Modelle im Programm hatte, die viel leichter gebaut und daher billiger in der Herstellung waren. Grundig beherrschte jetzt nicht mehr alleine das Feld der Durchschnitts-Kunden wie vorher bis zum RTV 600.


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Grundig RTV 400

Der HF 550 - eine Neuheit

Der Nachfolger des HF 500 von 1966 und 1968 ist 1969 der HF 550. Er sah optisch glatt und schlicht aus. Es war kein typischer Grundig mehr, aber auch noch kein Braun. Wie schon gesagt, dem wurde als Konkurrenz aus dem eigenen Hause der (nicht HiFi) HF 260 beigestellt.

Die zwei waren nur schwer auseinander zu halten, was sicher so vom Chef gewollt war. Doch ich sehe das anders. Die zwei waren als Toplader die Träger der Konzertschrank- und Studio-Modelle. Der HF 550 war eine komplette Neuentwicklung. Die Endstufe ist aufwändiger in der Stufenfolge und hat eine Kurzschlussautomatik. Die Vorstufen sind neu konzipiert und die Eingangstufe ist jetzt, wie schon beim RTV 400, umschaltbar für magnetische Niederpegel- und keramische (Kristall-) Hochpegel-Tonabnehmer. Der ZF-Verstärker ist jetzt, ebenso wie beim RTV 400, frei von der Umschaltung von Teilen der AM zur Verwendung für FM. Der AM-Teil hat jetzt eine umschaltbare Bandbreite bekommen. Er hat außerdem Schaltungsfeinheiten, die bis dahin noch in keinem Grundig zu finden sind. Erst in den späten 1970er Jahren tauchte das wieder weltweit auf und man tat so, als sei das etwas ganz Neues: eine Bandbreiten-Umschaltung auch bei FM. Bekanntlich genügt bei Monoempfang wegen der nur bis 15 kHz gehenden Übertragungsbandbreite eine geringere Bandbreite als bei Stereo, wo doch der Frequenzbereich bis 53 kHz reicht. Die Entwickler des HF 550 hatten das so gelöst, dass mit dem Pilot-Ton des Stereo-Senders die Bandbreite automatisch von schmal nach breit und wieder zurück geändert wurde. Jahre später machte das Furore, war dann aber von Hand umzuschalten.


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Grundig HF 550

Das Jahr 1970/71

In diesem Jahr gab es im Audio-Sektor keine Neuigkeiten.
Stereogeräte: RTV 340, RTV 370, RTV 380
HiFi Stereo: HF 550, RTV 400, RTV 650, RT40 M, RT 100, SV 85, SV 140.
Tonband-Stereo: TK 147 HiFi-Stereo (immer "Stereo" dabei) TK 222 HiFi, TK 242 HiFi, TK 246 HiFi, TK 248 HiFi, TS 600 HiFi, TK 600 HiFi-Stereo
Boxen: Box 210, zwei Sets (je 1) Duo-Box und (je 2) HiFi-Kugelstrahler 700, Audiorama 7000, die Kugelbox auf einem Fuß und zum Hängen. Studiotechnik für Zuhause.


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Grundig HiFi Kugelstrahler 700,
Grundig Audiorama 4000 HiFi,
Grundig Duo Bassbox und
Grundig LS 403 HiFi


Das Jahr 1971/72

Stereogeräte: RTV 370, RIV 500, RTV 700, Studio 300, Studio 310, Studio 320. Baustein: HF 260
HiFi Stereo: RT 100 HiFi, RT 200, SV 85 HiFi, SV 200 HiFi, RTV 800 HiFi, HiFi-Studio 550, HiFi-Studio 650, HiFi-Studio 2000
Tonband-Stereo: TK 147 HiFi-Stereo (immer "Stereo" dabei) TK 244 HiFi, TK 246 HiFi, TS 246 HiFi, TK 248 HiFi, TS 600 HiFi, TK 600 HiFi-Stereo fertig
Boxen: Box 210, Duobassbox 301, 302, 303, 306, 401, 402, dazu (je 2) HiFi. Box 300 (Kugel) und HiFi-Kugelstrahler 700, Audiorama 7000.

Drei neue Typen kamen 1971 heraus: RTV 800, RTV 900, RTV 900а.
Diese Reihe ist im Plastik-Look ausgeführt: eine gedruckte Holzmaserung auf einem Plastikgehäuse, wie es Kofferradios und Fernseher schon hatten. Die Typen RTV 400 und 600 hatten noch Seitenteile in Holz (furniert) und genarbte Kunststoffteile, hier war alles glattes Plastik. Eine hervorragende Technik wurde hier im Billig-Look verkauft. Mit 2x 12,5 Watt bei einem Klirrfaktor < 0,5% war der RTV 800 ausgestattet, mit 2x 25 Watt und ebenfalls mit < 0,5% Klirrfaktor der RTV 900. Der RTV 800 ging aus dem RTV 360/380 hervor, der in allen Stufen auf die HiFi Norm 45500 hoch entwickelt wurde, natürlich jetzt mit einem RIAA-TA-Vorverstärker. Der RTV 900 ist ein RTV 400 mit neuem kostengünstigen Aufbau und dem UKW-Eingangsteil der Spitzenklasse des RT 100a und RT 200 von 1970. Nun ja, die Schieberegler des SV 140 tauchten jetzt hier auf. Neu: die Skala ist von vorne und von oben ablesbar.

Das Jahr 1972/73

Stereogeräte: RTV 370, RTV 500, RTV 501, RTV 7000, RTV 701.
Studios: Studio 300, Studio 310, Studio 320, Studio 1500.
Baustein: HF 260
HiFi Stereo: RTV 800 HiFi, RTV 900 HiFi, RTV 801 HiFi, RTV 820 HiFi, RTV 901 HiFi, RTV 1020 HiFi.
Studio 2000 HiFi
Tonband-Stereo: TK 147 HiFi-
GRUNDIG 1S
Stereo (immer "Stereo" dabei), TK 244 HiFi, TK 246 HiFi, TS 246 HiFi, TK 248 HiFi, TS 600 HiFi, TK 600 HiFi-Stereo
Boxen: Neu hinzu Audiorama 4000 HiFi.

Als neue Techniken tauchen der Raumklang 4D bei den diversen Typen auf und die Zweiwege-Studios. Die neu ins Programm genommenen Zweiwege-Studios waren bei Braun schon seit 1964 mit dem Erstmodell AUDIO 1 (noch ohne HiFi) im Programm, 1966 mit dem HiFi-Stereo Modell AUDIO 2.
Man sieht daraus: So schnell, wie es oft heißt, war Max Grundig nun auch wieder nicht von einer Sache überzeugt. Der "Möbelgedanke" war bei ihm noch zu stark ausgeprägt. Es gab "Studios", also Schränke ohne Lautsprecher, in bunter Vielfalt, auch als Stilmöbel. Als erstes Tisch-Modell kam das Studio 2000 HiFi ins Programm. Das wurde dann flugs mit einem Standfuß angeboten, um es frei in den Raum zu stellen. Obwohl spät auf dem Markt, war das Studio 2000 ein echter Renner. Es war so lange im Programm (bis Index c), dass der Plattenspieler mehrfach gewechselt wurde, weil der bisherige bei DUAL auslief. Elektrisch ist das Studio 2000 in der Hochfrequenz HF ein RTV 800, in der Niederfrequenz NF in etwa ein RTV 900. Ab 1973 kam mit dem Index a und b eine Pseudo-Quadrophonietechnik hinzu, die in Anlehnung an 3D jetzt 4D hieß. Ab Studio 2000c war es auch regelbar (siehe Grundig-Taschenbuch, 1974, S. 90). Mit zwei kleinen Boxen hinter dem Hörer wurde eine Art von Raumeffekt erzeugt. Dabei machte man sich die Tatsache zunutze, dass bei der Stereophonie zwischen den Informationen L und R eine Differenzinformation vorhanden ist, in der die Rauminformation des Aufnahmeraumes versteckt ist. Diese Information wird zum Teil auch synthetisch im Studio beigefügt.


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Grundig 4 D

Das Jahr 1973/74
Das Jahr der Quadrofonie

Stereogeräte: RTV 500 RTV 501, RTV 700 und RTV 701.
Studios: Studio 320, Studio 1500, Studio 1600.
HiFi-Stereo: RTV 801 HiFi, RTV 820 HiFi, RTV 901 HiFi, RTV 1020 HiFi (kein 1040 Q).
Studios: Studio 2000 HiFi, Studio 2040 Hifi Quadro (mit SQ- Decoder nach dem CBS-4 Kanal-System).
Neu im Programm: Die Cassettengeräte CN 440 Stereo, CN 710 HiFi-Stereo DNL, CN 720 HiFi-Stereo DNL.
Tonband-Stereo: TK 147 HiFi de Luxe, TK 745 HiFi-Stereo, TK 600d HIFi-Stereo.
16 Boxen, davon 3 Duo-Bass-Boxen, dazu der HiFi-Kugelstrahler 300 (rund).
Boxen-Neuheiten: 3 Stück Audioprisma (Schallverteiler in der Front), HiFi-Box-Audioprima 506, 703, 706.
Kugelbox: Audiorama 4000 HiFi und 7000 HiFi.

Zusammen mit Ilse, Leinetal, und Rosita war Grundig der letzte Hersteller von Konzertschränken. An diese drei Firmen lieferte Grundig zum Teil auch die Radio-Chassis zum Einbau.

Quadrofonie: Die 4-KANAL-Technik mit zwei konkurrierenden Verfahren. Es wurden dazu zwei Verfahren entwickelt: ein Matrixverfahren von CBS, USA, "SQ" genannt und "CD 4" von JVC (Nivico) aus Japan. Letzteres war ein sehr aufwändiges Verfahren mit starker Verwandtschaft zum heutigen HF-Stereoverfahren. Beide (Stereo und CD 4) benutzen einen Summenkanal (CH 1 +CH 2), der kompatibel zu Monowiedergabe ist, und einen Hilfsträgerkanal, der die Differenzinformation (CH 1 - CH 2) enthält. Der Träger liegt bei Stereo bekanntlich bei 19,0 kHz, beim CD 4 Verfahren bei 30 kHz. Dazu ist die Information unsymmetrisch (CH 1 - CH) mit - 10 kHz und + 15 kHz. Die Eingrenzung nach unten ist nötig, um zur Summe bei 15 kHz einen Abstand einzuhalten.

     
Blockdiagramm des Aufnahmesystems für Quadrofonie

Abgesehen davon, dass die Platte und der Abtaster bis 45 kHz arbeiten müssen, liegen wie bei Stereo mit 45° Schrift auf den Flanken nicht nur "L", sondern "LA" und "LB", und statt nur "R" die Informationen "RA" und "RB". Dabei sind LA = CH1 + CH2, LB = CH1 - CH2, RA = CH3 + CH4 und RB = CH3 - CH4.
Dies ist ein Verfahren, mit dem wirklich unabhängig vier Informationen übertragen werden können. Die Kanaltrennung liegt bei ca. 25 dB, und ist zu Mono und Stereo kompatibel.

Die Firma Grundig hat dazu im Jahr 1975 eigenständig zwei Demodulator-Decoder für das CD 4 Verfahren entwickelt - unter Verwendung der von JVC lizenzierten und vertriebenen ICs. Ein Modell zum einfachen Einstecken im Studio 2240 HiFi Quadro, der einfach gegen den RIAA-Entzerrer getauscht wurde. Dazu kam ein universeller als Komplettmodul, der in jeder beliebigen 4-Kanal-Anlage verwendet werden konnte. Bei Grundig war dies der RTV 1040 Hifi Quadro.

Dazu war ein Plattenabtaster nötig, der bis über 45 kHz abtasten konnte, sowie ein spezieller Stylus mit einer Spezialnadel, als Shibata-Nadel bekannt. Außerdem brauchte man die Platten mit entsprechendem Programm; das hat dann zum schnellen Ende der technischen Innovation geführt, wie so oft in der Technikgeschichte der Unterhaltungsindustrie.

Zur Quadrofonie (Vierkanal-Technik) brachte Grundig anfangs das Studio 2040 Quadro mit vier Endstufen je 12,5 Watt Dauerleistung nach DIN 45500. Das Modell hatte einen eingebauten SQ-Decoder nach dem CBS-System. CBS war eine Schallplattenfirma. Dessen Hauptfunktion übernahm ein in Lizenz von Motorola entwickelter und produzierter IC: MC1312P. Dieses SQ-System brachte in zwei Stereorillen einer Platte vier Kanäle unter. Das geschah mit Hilfe einer Matrixtechnik, die mit 90°-Phasenverschiebung im gesamten Tonbereich arbeitete (siehe Grundig-Taschenbuch 1974, S. 91). Die Schallplatten in SO-Technik waren kompatibel zu NF-Stereo. Das Verstärkerteil konnte daher vor dem Decoder zweikanalig und nach dem Decoder vierkanalig ausgelegt sein.
Bei Stereobetrieb standen 2 x 16,5 Watt Dauerleistung und bei Quadro 4 x 12,5 Watt Dauerleistung zu Verfügung. Wegen der vier Lautsprecher, die dazu nötig waren, kam die 4-Kanaltechnik nicht am Markt an. Der "Run" auf den Rundumeffekt war damals noch nicht von den Kinos ins Heim übergesprungen. Ein Manko waren die Leitungen quer durch den Raum. Infrarot- oder gar Funk-Übertragung vom Verstärker zur Box waren damals genauso unbekannt wie Sockelleisten mit eingebautem Kabelschacht. Der Autor war zu dieser Zeit der Quadrophonie-Experte bei Grundig und hatte oft Anlagen zuhause aufgebaut. Die Hausfrau war jedes Mal begeistert. Als von ihm der Vorschlag kam, ähnlich der damals üblichen Stegleitungen eine Plastiksockelleiste von der Rolle anzubieten, wurde er von den Verantwortlichen ausgelacht!
So spielt das Leben! Ein tüchtiger Ingenieur löst eben alle Probleme im Kopf (ohne Leisten).

Neue Steuergeräte: Eine völlige Abkehr vom weltweiten HiFi-Look waren die pultförmigen Receiver RTV 820 HiFi und RTV 1020 HiFi. Zu dieser Zeit kamen auch die Sensortasten (RTV 1020) zur Senderwahl in Mode.


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Grundig Steuergerät RTV 820

Die beiden RTV 1020 (1972) und 1040 Quadro (1974), obwohl schon fast fertig, mussten daher trotz der großen Tasten auf Sensortechnik umentwickelt werden. Diese Geräte waren überhaupt nicht dazu geeignet, in einer Schrankwand zu stehen. Schrankwände waren aber die Standard-Einrichtung dieser Jahre. Man sah vom Standort des Bedienenden nur die "Zähne" der Tastatur, nicht die Skala, Instrumente usw. Dazu kam noch, dass die Senderwahl seitlich erfolgen musste. Ein RTV 1020 auf einem Sideboard? Schön, aber wer hatte das schon? Nur die Stereogeräte RTV 500 und 700, und die HiFi-Typen RTV 801 und RTV 901 blieben als Regalgeräte übrig. Die Spitzenklasse in konventioneller Bauweise war im eigenen Hause "stillgelegt".


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Grundig Steuergerät RTV 1040 Quadro

Boxen-Neuheiten: Ein neuer Trend bei GRUNDIG, die Boxen "Audioprisma" (mit einem Schallverteiler in der Front). Diese vier Boxen hatten im oberen Teil einen Plastikeinsatz mit wabenförmigen Kammern, die in verschiedene Richtungen zeigten, um die Höhenabstrahlung im Raum zu verbessern. Die Firma Altec-Lansig stellte das schon 1972 in ihrem "Horn 1205" vor. Diese Firma hat viel Erfahrung auch bei Kinolautsprechern, wo ja breite Säle beschallt sein wollen. Das hatten bei Grundig bis dahin die HiFi-Strahler als Würfel oder Kugel hervorragend gelöst. Aber ewig ging das nicht, der Kunde wollte auch Neues sehen. Diese HiFi-Strahler und Audiorama gab es auch noch. Letztere jetzt zweifach, als 4000 HiFi und 7000 HiFi.

Das Jahr 1974/75

Stereogeräte: RTV 500, RTV 720.
Studio: 3000, 1520, 1600.
HiFi-Geräte: RTV 801 HiFi, RTV 820 HiFi, 901 HiFi, 1020 HiFi.
Studios: HiFi Studio 2000, HiFi Studio 2040 Quadro, Studio 2220 HiFi, Studio 2240 HiFi Quadro.
Tonbandgeräte: TK 545 HiFi-Stereo, TK 747 HiFi-Stereo, TK 847 HiFi-Stereo, TK 850 HiFi-Stereo.
Cassetten: CN 440 Stereo-Automatic, CN 430 Stereo, CN 700 Stereo DNL.
HiFi: CN 720 HiFi DNL, CN 730 HiFi DNL/Dolby.
Boxen: Neu hinzu kam Audio-Prisma 503, damit sind 5 dieser Вохen (503, 506, 703, 706, 707) im Programm.
Neuheit: Der RTV 1040 HiFi Quadro.
Der RTV 1040 HiFi Quadro (siehe Grundig: Technische Informationen 4-74) war in der HF ein RTV 1020; das NF-Teil war völlig neu, mit vier getrennten Kanälen je 25 Watt Sinusleistung nach DIN 45500 von den Audio-Buchsen bis zu den vier Lautsprechern. Dazu kamen ein organisch eingebauter SQ-Matrixdecoder (System CBS), vier Pegelanzeigeinstrumente, acht Schieberegler (2 x Lautstärke V/ H, Bass V/H, Höhen V/H, mit Balance links/ rechts und vorne/ hinten, um nur weniges zu nennen, das sich da hinter der biederen Form verbirgt). Weiterführendes zu Quadro findet man in Grundig: Technische Information Nr. 4/1974 (K. Traub, G. Benecke von Grundig).

Das Jahr 1975/76

Stereogeräte: RTV 720, RTV 730.
Studio: 3000, 1550, 1620.
HiFi-Geräte: RTV 820 HiFi, RTV 901 HiFi, RTV 1020 HiFi.
Studios: HiFi Studio 2000, HiFi Studio 2040 Quadro, Studio 2220 HiFi, Studio 2240 HiFi Quadro.
Tonbandgeräte: TK 545 HiFi-Stereo, TK 747 HiFi-Stereo, TK 847 HiFi-Stereo, TK 850 HiFi-Stereo.
Cassetten: CN 440 Stereo-Automatic, CN 430 Stereo, CN 700 Stereo DNL.
HiFi: CN 720 HiFi DNL, CN 730 HiFI DNL/ Dolby.
Boxen: HiFi Box 510, Audiorama 4000 HiFi, und 8000 HiFi.

Neuheiten in diesem Jahr sind die Dreiwegestudios mit Radio, Plattenspieler und Cassettenspieler. Nach den Erfolgen mit den Zweiwegestudios kam jetzt was Neues, auf das die Kunden freudig zugingen. Mit dem Modell Studio 3000 wurde eine Lawine á la Grundig losgetreten. 1976 gab es neben den RPCs (Radio, Platte, Cassette) noch eine Version: R, RP, RC und RPC. Es war schon fast immer so: Max Grundig kennt keine Lücken, es sei denn, er kann sie nutzen. 1975 blieb es jedoch noch bei einem Modell. Es kamen noch zwei neue Zweiwegemodelle, das Studio 2220 HiFi und das Studio 2240 HiFi Quadro, ins Programm. Letzteres war ein echtes Vierkanalgerät mit einer ebenso kompletten Ausstattung wie der RTV 1040 Q, mit eingebautem SQ-Matrixdecoder, 7 Schiebereglern und vielem mehr.
(Mehr Infos in Grundig: Technische Informationen 4/75.) Ein Spitzenmodell, das weit über dem Studio 2040 Quadro angesiedelt war. Da fehlte wirklich nichts von dem, was die Technik zu bieten hatte. Der steckbare RIAA-Entzerrer konnte einfach mit einem Grundig CD 4-Demodulator/ Decoder ausgetauscht werden, der auch die Funktion des RIAA-Entzerrers übernahm.

Das Jahr 1976/77

Stereogeräte: RTV 720, RTV 730, RTV 740.
Studio: 3010, 1550, 1620.
HiFi-Geräte: RTV 820 HiFi, RTV 901 Hifi, RTV 1020 Hifi, RTV 1040 HiFi Quadro.
Studios: Studio 2220 HiFi, 2240 HiFi Quadro.
Neue Receiver: HiFi Receiver 20, 30, 40, und 40 M.
Neue Studios: HiFi-Studio RC 300, RP 300, RPC 300, RPC 500.
Tonbandgeräte: TK 547 HiFi-Stereo, TK 747 HiFi-Stereo, TK 847 HiFi-Stereo, TK 850 HiFi-Stereo FM.
Cassetten: CN 435 Stereo, CN 700 Stereo DNL.
HiFi: CN 720 HiFi DNL, CN 730 HiFi DNL/ Dolby.
Neu: CN 500 HiFi-Stereo, CN 820 HiFi-Stereo, CN 830 HiFi-Dolby, CN 930 HiFi-Dolby.
Boxen: Außer Regalboxen gab es keine Neuheiten.

Auf das Studio 3000 (Stereo) folgte wegen des großen Erfolges das Studio 3010. Statt eines Dualwechslers mit einem Keramiksystem als Tonabnehmer wie beim 3000 hatte das 3010 einen "Dual" mit einem Magnetsystem mit Diamant von Shure und einem RIAA-Entzerrer. Das war eine Verbesserung, die den Verkaufserfolg noch steigerte. In Hi-Fi-Qualität kamen ins Programm drei Studios der Mittelklasse mit RC 300 bis RPC 300 und eines der Spitzenklasse mit HiFi Dolby Cassette, dem RPC 500, das im Laufe der Zeit mit diversen Plattenspielern von DUAL bestückt wurde.


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Grundig Steuergerät RPC 500/600

Mit diesen Studios wurde wie bei den nachfolgenden Receivern eine eigene Linie für Grundig geschaffen. Sie waren mit modernster Technik auf der Höhe der Zeit, egal ob HF, NF oder Tonspeicherung. So wurde zum Beispiel das Abspeichern von AM-Sendern in Vorwahlspeicher möglich, weil neue Techniken bei Abstimm-Dioden das möglich machten. Oder Entwicklungen im RPC 500, wo eine vollendete Technik mit Dioden und Schalter-ICs jede Funktion - außer Lautsprecherwahl und Bereichsvorwahl - per Tipptasten löste. Selbst der Netzschalter wurde als "Tipper" ausgeführt.

Die Entwicklungsabteilung für HiFi wurde ungefähr auf das Vierfache ausgedehnt. Solche Programme konnten nicht mehr "SO nebenbei" geschaffen werden. Klare Formen, ausgeklügelte Bedienung und Funktionalität zeichneten die neue Linien aus. Ab diesem Zeitpunkt stieg der Aufwand in der Designabteilung und der Konstruktion gewaltig, aber auch der von Herrn Max Grundig persönlich. Da wurden keine "Holzkisten" hingestellt und mit Skizzen der Rest erläutert, da standen alle Modelle egal welcher Sparte so da, dass man meinte, man müsse jetzt nur noch den Einschalter betätigen.

Die Räumlichkeiten der Chefebene waren zum größten Teil dem Design gewidmet - mit fast täglichen Meetings der Beteiligten. Max Grundig hatte hier das große Sagen, und es war aus meiner Sicht seine "Erfüllung", wie es früher die Werksgründungen und Vertriebstellen waren. Viele Fotos von ihm und seiner Umgebung geben mir da recht. Die Firma entwickelte jetzt eine enorme Schlagkraft auf allen Ebenen der Unterhaltungs-Industrie. Aber die Konkurrenz aus Fernost war jetzt im Anflug auf Europa wie zuvor auf die USA. Noch war zumindest im Hauptgeschäft Ruhe. Aber die Spitzentechnik HiFi war schon zu Ungunsten der europäischen Hersteller am Abbröckeln. Eine vollkommene Umkehr wurde wie schon bei den Studios mit den neuen Receivern eingeleitet. Was ich bei den Modellen 1020 und 1040 beklagt hatte, dass es keine Regalgeräte seien, wurde hiermit korrigiert. Diese Optik oder das Design, das war etwas ganz Neues bei Grundig. Anfangs etwas bieder, wurde es laufend im Aussehen verbessert. Zum Ende hin waren es in jeder Hinsicht respektable Anlagen. Die Gehäuse bestanden aus Blech als verrundete Kassetten mit Luftschlitzen, je nach Audio-Leistung in Metall oder Kunststoff gehalten. Versuchsweise gab es eine Holzzarge beim Receiver 40M, was aber kein Erfolg war. Die Vorderseiten waren funktional geordnet, klar und übersichtlich die Anzeigen.

Dies war aus meiner Sicht eine eigene ansprechende Serie, die man trotzdem sofort als Grundig erkennt, bei der man ohne Wehmut die Vorgänger vergessen kann. Im Inneren kommt eine vollkommen neue Schaltungs- und Aufbau-Technik zur Anwendung, wie sie schon im RPC 500 zu finden ist. Die Geräte: Receiver 20, Receiver 30, Receiver 40 und 40 M. Universelle Modultechnik in Form von standardisierten Bausteinen ist dort zu finden. Ohne diese Maßnahme wäre das ausgeweitete HiFi-Programm gar nicht zu meistern gewesen. Nur so war eine ausgeglichene Qualität zu sichern. Dazu wurden zwei neue UKW-Teile, zwei AM-Teile und zwei neue ZF-Verstärker mit eingebautem Stereodecoder geschaffen. Sie wurden als die Säulen in allen HiFi-Komponenten, die noch folgten, verwendet.
Eine 2x30-Watt-Sinus-Endstufe und eine 2x50-Watt-Sinus-Endstufe wurden neu geschaffen. Viele Tests bewiesen, dass diese Technik bis 1979/80 und darüber hinaus zur HiFi-Spitzenklasse zählte. Technisch sind hervorzuheben: das Tunoscope zur Abstimmanzeige, der Mittenregler im Audioteil beim Typ 20 und 30 und ein 5-fach-Klangselektor, mit dem je nach Bedarf eine Frequenz im Bereich um 160, 400, 1000, 2500 oder 6300 Hz um bis zu 15 dB angehoben oder abgesenkt werden konnte.


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Grundig Receiver 40

Wie bei den Grundig-Satellit-Weltempfängern wird hier ein Frequenzzähler zur Stationsanzeige bei MW und UKW benutzt. Bei UKW gab es die Anzeige "Multipath", um Reflexionen der Funkwellen durch das Umfeld am Empfangsort zu erkennen, die bei UKW zu starken Verzerrungen führen. Das IRT hat allerdings in einer aufwändigen Studie ein abwertendes Urteil dazu abgegeben. Ein eingebautes Mischpult erlaubte es, bei Tonband-Aufnahmen ein Mikro einzublenden. Im UKW-Antenneneingang wurde erstmalig in der Unterhaltungsindustrie eine PIN-Dioden-Regelung verwendet. Damit konnten verzerrungsfrei starke HF-Signale bis 2,0 Volt auf einen Normpegel gebracht werden. Der Stereodecoder von Motorola MC 4500 besaß einen gleitenden Übergang Mono/Stereo. Es gab also kein hartes Umschalten mehr, das oft zu früh kam, um dann doch ein gestörtes Klangbild zu bieten, sondern einen langsamen Übergang von Mono bis 40 dB Kanaltrennung (Bild TI 3/78 S. 160). Bei den Autosupern war dies bald der "Standard", um im Fahrbetrieb das ständige Umschalten zu übergehen.

Das Jahr 1977/78

Stereo: Studio 3010. Receiver: R 100, RC 100, RPC 100.
HiFi Geräte: Receiver 20, 30, 40.
Studios: HiFi-Studio RC 300, RPC 300, RPC 400, RPC 600TP.
Neue Receiver: 25, 35, 45 und 50.
Tonband: TK 547 HiFi-Stereo, TK 747 HiFi-Stereo, TK 847 HiFi-Stereo, TK 850 HiFi-Stereo-FM, TS 1000 Hifi.
Cassetten: CN 460 Stereo.
HiFi: CN 500 HiFi-Stereo, CN 820 HiFi-Stereo, CN 830 HiFi-Dolby, CN 930 Hifi-Dolby, CN 1000 HiFi-Dolby.
Boxen: Außer Regalboxen keine Neuheiten.

In diesem Jahrgang wurden die Modelle Receiver 20, 30 und 40 von neuen Typen wie Receiver 25, 35, 45 und 48 abgelöst. Diese Nachfolger wurden optisch neu gestaltet, wobei auch die Sensorfelder der Bedienung durch Tipptasten ersetzt wurden. Damit waren Fehlbedienungen und selbständiges Umschalten durch elektrostatische Entladungen der durch Teppiche aufgeladenen Personen nicht mehr möglich.
Im Programm kam der Receiver 48 hinzu, eine Variante des R 40 ohne Audioprozessor, dafür mit Frequenzzähler für AM und FM zur Anzeige der Empfangsfrequenz - umschaltbar auf Kanalanzeige bei FM. Eine weitere Neuheit war der RC 60, ein HiFi-Receiver 30/35 (2x30 Watt Sinus) mit einem integrierten HiFi- Cassettendeck CBF 20, mit mechanischer Tastenbedienung. Das war quasi ein Studio ohne Plattenspieler für die Regalwand. Was beim RPC 500 von mir als Fortschritt bezeichnet wurde, wurde im RPC 600 TP (Telepilot) weiterentwickelt, wenn es auch noch Schwachpunkte dabei gab.
Bei TV-Geräten war es längst die Norm, nahezu alles via Fernbedienung zu handhaben. Was man bei einem Dreiwegestudio mit Cassettengerät und Plattenspieler bedienen können soll, ist durchaus diskussionsfähig. Es ist aber nicht ganz billig, hier etwas zu machen. Einiges davon wurde bei den Nachfolgern nachgeholt.
Für die gesamte Audioebene in "Stereo-HiFi" genügt es nicht, wie im TV-Gerät im ZF-Teil den Ton laut und leise zu stellen. Das muss zweikanalig bei Lautstärke, Bass, Höhen und Balance L-R geschehen. Dazu wurden Schieberegler aus deutscher Produktion benutzt. Der Vorteil war, dass man aus der Ferne sehen konnte, wo der steht oder wohin er geht. Vor dem Gerät stehend wurde der gleiche Knopf benutzt, der dazu automatisch das Getriebe und den Motor abkoppelte. Das war doch eine arg hakelige Angelegenheit, so man nicht die Fernbedienung benutzte. Dazu wurde die eigentlich schon veraltete Technik, die Fernbedienung mit Ultraschall zu machen, benutzt.
Aber man muss erst die Technik haben, um alles via Infrarot zu machen. Bekanntlich hat Grundig keine ICs gebaut, und die Halbleiter-Industrie wollte Stückzahlen sehen, was mit einem oder ein paar Typen von HiFi-Studios nicht möglich war.
Die vom TV-Gerät kommende IC-Technik der Fernbedienung musste erst mit großem Aufwand an Peripherie für Audio nutzbar gemacht werden. Die Leiterplatte der Fernbedienung ist fast so groß wie die des Rundfunkteiles.

Das Jahr 1978/79

Stereo: Receiver: R100, RC100, RPC100, Studio 3010.
HiFi-Geräte: Receiver 20, 30, 40.
Receiver 200, RC 200, RPC 200.
Studios: HiFi-Studio RPC 310, RPC 350, RPC 450, RPC 6501P.
Neue Receiver: 25, 35, 45 und 48, RC 60 (Radio-Cassette).
Tonband: TS 925 HiFi-Stereo, TS 945 HiFi-Stereo, TS 10000 HiFi.
Cassetten: CN 480 Stereo.
HiFi: CN 510 HiFi-Dolby, CN 830 HiFi-Dolby, CN 930 Hifi-Dolby, CN 1000 HiFi-Dolby, CNF 300 HiFi-Dolby, CNF 350a HiFi.
Boxen: Säulenbox (passiv) SL 1000, vier HiFi-Aktiv-Boxen Professional 20, 30, 40 und 50.


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Grundig Aktivbox 30


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Grundig Aktivbox 50

Dieses Jahr stieß Grundig in eine neue Welt der Wiedergabetechnik vor. Das wurde mit der Entwicklung von aktiven Lautsprecherboxen möglich, wie sie in der professionellen Studiotechnik üblich waren. Man könnte jetzt einen eigenen Artikel dazu schreiben, so viel gäbe es da zu berichten (Näheres in Grundig:
Technische Information 3/78, Dr. B. Schwäbe). Die Gesamtschau einer Firma ist da nicht der rechte Ort. Aber ganz ohne soll es doch nicht abgehen.


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Prinzipschaltung einer aktiven Dreiweg-Lautsprecherbox


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Prinzipschaltung einer passiven Dreiweg-Lautsprecherbox

Ein Text, den niemand versteht, verfehlt seinen Zweck. Deshalb: Eine gängige HiFi-Anlage braucht einen Verstärker, der den gesamten Tonbereich der Musik fehlerfrei von der Quelle zum Lautsprecher übertragen kann. Dazu muss der Verstärker die notwendige Ausgangsleistung liefern können, um mit den Lautsprechern zusammen im Raum die Originallautstärke des Musikwerkes zu reproduzieren. Beide - Verstärker und Lautsprecher - können bis zu einer Qualität gebracht werden, die fast keinen Wunsch mehr offen lässt. Aber eben nur fast. Die Engstellen sind die Verbindungsglieder vom Verstärker zu den Lautsprechern, die als Tief-, Mittel- und Hochton bekannt sind. Vor 30 Jahren gab es hierbei noch Defizite bei den eingebauten Schaltmitteln, um den Verstärker je nach Tonlage mit dem richtigen Lautsprecher zu verbinden. Man benutzt da den Begriff "Weiche" aus der Verkehrstechnik. Es besteht allerdings der Unterschied, dass alles blitzschnell und ohne Verfärbung der Töne gehen muss, was nicht ganz einfach zu lösen ist. Heute im Jahr 2009 sieht das schon anders als damals aus. Die Techniker haben natürlich weiter gemacht. Das sage ich, um die Frage zu vermeiden, wieso man jetzt wieder das meiste passiv und nicht aktiv mache. Es gibt immer noch beides. Weil ich aber hier Chronist bin, halte ich mich an die Fakten von vor 30 Jahren.

Warum war eine Aktivbox ein technischer Fortschritt? Dazu eine allgemein verständliche Erklärung, um eine unendliche Geschichte zu umgehen. Wie oben gesagt, ist im Normalfall zwischen dem Verstärkerausgang und dem jeweiligen Lautsprecher ja nach dessen Tonlage eine Weiche eingefügt. Die besteht mindestens aus einer Spule und einem Kondensator. Aus der Elektrotechnik ist bekannt, dass mit Spulen und Kondensatoren die zeitliche Verschiebung einer Sinuskurve erfolgt, sobald der Wechselstrom durch eine Spule oder von einem Kondensator verarbeitet wird. Diese Verschiebung wird als Phasenverschiebung bezeichnet. Das Problem dabei ist, dass man die Bereiche nicht so scharf trennen kann und daher auch die Nachbarweiche etwas durchlässt, so dass beide Lautsprecher die gleiche Information abstrahlen und damit einen Phasenfehler erzeugen. Werden nun aus einem Klangbild einzelne Bereiche zeitlich verschoben, und das in kleinsten Abständen, wird das Klangbild verändert. In einem engen Raum wie einem Zimmer kann das enorm störend sein. Diese Verschiebungen werden auch noch von den Verlustwiderständen der Spulen und Kondensatoren beeinflusst. Obendrein ist das nicht immer bei jeder Frequenz gleich. Gerade dort liegt heute der Fortschritt bei den Passivboxen. Es werden extrem gute Bauteile geschaffen, an die früher niemand Hand anlegen wollte. Wenn auch die Lautsprecher verbessert werden, kommt oder kam das allen Boxentypen zugute.

Was war es denn, was so neu war? In einer Aktivbox hat jede Lautsprechergruppe, wie Tiefst-Ton, Tief-Ton oder Bass, Mittelton und Hochton einen eigenen zugeordneten Verstärker in der Box. Eine Dreiwegebox hat eben drei davon, eine Vierwegebox vier usw. Damit wird es möglich, jeden Lautsprechertyp direkt ohne Weiche mit seinem Verstärker zu verbinden. Damit ist alles, was vorher zu Phasenverschiebungen und Verlusten in der Weiche gesagt wurde, eliminiert. Aber nicht nur das - der Verstärkerausgang kann jetzt gezielt das Ein- und Ausschwingen der Lautsprechermembrane kontrollieren. Er wirkt quasi als Bremse für Eigenbewegungen des Systems, das wie jedes bewegte Teil sich diesbezüglich unterschiedlich verhält. Einfach gesagt, die Membrane wird vom Strom in der Schwingspule im Lautsprecher nach vorne oder hinten bewegt, sie soll dabei exakt dem Strom folgen. Das tut sie auch, bis auf den Fall, dass der Strom Null wird. Dann macht die Membrane, was sie aufgrund mechanischer Gegebenheiten machen muss. Sie schwingt wie die Schaukel aus, wenn man sie nicht abbremst. Das soll der Verstärker machen, wird aber durch die Weiche dabei etwas behindert. Die Aktivboxen benötigen daher keinen Leistungsverstärker im Steuergerät, lassen sich aber über einen Anpassungsteiler auch von einem Gerät mit einem solchen ansteuern. Grundig hat zum Start dieser Technik ein eigenes Steuergerät der Spitzenklasse entwickelt, den PreCeiver X 55. Er ist bis auf die Leistungs-Ausgangsstufen ein R 45 mit hochwertigen Ausgangsstufen kleiner Leistung, die auch die zwei Paar Kopfhörer ansteuern können.


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Grundig PreCeiver X 55

Aber wo sind jetzt die Weichen, und sind die besser?
Die Weichen sind jetzt im Elektronikteil der Boxen zu finden. Dort werden sie mit aktiven und passiven Bauteilen wie Transistoren, Widerständen und Kondensatoren ausgeführt. Diese Bauteile müssen keine Ströme weiterleiten, Verluste treten daher nicht auf. Es können damit steile Trennungen zwischen den Kanälen realisiert und Phasenfehler z.B. im Tiefton-Mittelton-Bereich reduziert werden. Der Hauptvorteil ist jedoch, dass die Endstufe direkt das Bewegen und Ausschwingen der Membrane steuern oder kontrollieren kann. Das ist ein Vorteil, der auch zu hören ist und nicht nur im Prospekt steht.

Die Boxen:
Als erste Serie von Aktivboxen erschienen die Aktiv-Box 20, eine Dreiwege-Box mit 50/40 Watt im Tieftonzweig, 25/20 im Mittelton- und Hochtonzweig (MP/Sinus),
Aktiv-Box 30 mit Daten wie Box 20,
Aktiv-Box 40 mit einem Tieftonlautsprecher "Tiefstbass" mit 50/40 Watt, "Tiefbass" mit 50/40 Watt, Mittel- und Hochtonkanal mit 25/20 Watt,
Aktiv-Box 50, Daten wie Box 40.

Der Frequenzbereich beträgt für alle Typen 30 Hz bis 26000 Hz.
Die von mir dem Modell RPC 600 TP nachgesagten kleinen Unzulänglichkeiten, wurden fast alle beim Modell RPC 650 TP beseitigt. Die Motorregler wurden durch eine komplett elektronische Variante ersetzt. Lautstärke und alle Klangregler werden von einem Prozessor gesteuert, der auch die Anzeigen mit Leuchtdiode steuert, von denen grob die Stellung der Regler und die Richtung der Änderung angezeigt wird. Die Audio-Funktionen werden mit MOS-Schaltern in IC-Form in feinen Stufen geschaltet. Die schalten wiederum Widerstände, mit denen die Regelung der Lautstärke- und Klang-Parameter verändert wird.
Um eine exakte Lautstärkeregelung zu erreichen, wie sie bei einem mechanischen Potentiometer mit 2 oder 3 Abgriffen zur gehörrichtigen Regelung üblich ist, wird ein zweiter Lautstärkeregler mit Bass- und Höhen-Anhebung parallel zum linearen Regler benutzt. Insgesamt ist dies ein riesiger Aufwand, um ein mechanisches Teil zu ersetzen.
Beim Plattenspieler und Cassettengerät werden der Lift und die Pausentaste fernbedient. Damit können die Platte und bei Aufnahme und Wiedergabe die Cassette aus der Ferne angehalten werden.
Als zusätzlicher Komfort wird - wie bei den Grundig-Satellit-Weltempfängern - ein Digitalzähler zur Anzeige der Frequenz bei AM und FM oder des Kanals bei FM benutzt.


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Grundig PreCeiver XC 65


Nachwort des Autors

Lieber Leser, bis hierher, zeitlich gesehen, bis zum Geschäftsjahr 1978/79, hat die Firma Grundig die HiFi-Geräte streng nach eigenen Vorstellungen entwickelt bzw. sie nach den mit ihr in Konkurrenz stehenden europäischen Firmen ausgerichtet. Im Laufe dieses Jahres ist der Führung bewusst geworden, dass die Europäer nicht mehr alleine auf dem Markt das Sagen haben. Mit einer gewaltigen Kraftanstrengung wurden zum Jahr 1979/80 neue, international ausgerichtete Programmlinien entwickelt, die 100-mm-Serie "1000", "2000", "3000" und "5000" mit Tunern, Verstärkern, Receivern und Cassettengeräten. Eine weitere Linie, die 50/100-mm-Serie, wurde "Minis" genannt und besteht aus Tuner, Vorverstärker, Endverstärker, Receiver und Cassettengeräten. Aus diesen Serien heraus entstanden wieder neue Typen in einer großen Vielfalt. Testsieger und Topmodelle waren ein T 6000, T 6500, T 7500 als Tuner oder SXV 6000 und SV 2000 als Vorverstärker und Endverstärker. Dazu kamen entsprechende Cassettengeräte.

Hans M. Knoll, Jahrgang 1932, ehemals Entwicklungsingenieur bei Firma Grundig.
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