19.03.2022, 13:11
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Einleitung
Über die letzten Monate hinweg habe ich mich unter anderem sehr intensiv mit der Restaurierung eines Tefi HS Chassis beschäftigt. Inspirierts von Achims Thread zur Totalrestaurierung des KC-1 möchte ich hier nun auch relativ detailliert über die verschiedenen Bausteine des Projekts berichten. Das Ganze soll verschiedenen Zwecken dienen:
Und auch wer einfach nur gerne solche Berichte liest, darf sich über die nächsten Wochen hinweg auf mehrere Bildschirmseiten Lektüre freuen :-)
Über das Tefifon HS
Das HS ist 1954 als Nachfolger des B51 und STS erschienen. Die wichtigste Neuerung war die Unterstützung einer niedrigeren Bandgeschwindigkeit: Während das B51 und das STS ausschließlich sogenannte Schnellläufer-Kassetten mit 45,6cm/s wiedergeben konnten, war das HS mit einer Umschaltung von 45,6cm/s auf 19cm/s ausgestattet.
Ein Chassis in sehr gutem Erhaltungszustand sieht heute so aus:
[attachment=102684]
Dass sich der Eigentümer dieses HS mit Tefifionen auskennt ist übrigens daran zu erkennen, dass der Geschwindigkeitswähler links oben zwischen die beiden Positionen 19 und 45 gestellt ist: Hierdurch wird einem "Standplatten" vorgebeugt, indem das Zwischenrad abgehoben ist und der Gummi entlastet wird. Das schauen wir uns in einem späteren Beitrag noch sehr viel genauer an.
Die Grundplatte des HS scheint identisch mit derjenigen seiner Vorgänger. Wie schon beim STS ist das Abdeckblech ganz nach unten bis unter die Drehknöpfe gezogen. Die Drehknöpfe dienen für die Geschwindigkeitseinstellung und zum Anschwenken des Tonkopfs. Entfallen ist die Lichtzeiger-Skala unten in der Mitte: Sie wurde durch einen Lichtzeiger ersetzt, der unter dem Chassis nach vorne projiziert, wodurch die Bandposition auch bei Gehäuseeinbau von außen ablesbar wird. Die zuvor für die Skala genutzte Öffnung in der Mitte der Grundplatte ist durch das Abdeckblech verschlossen und mit dem Tefifon-Schriftzug verziert.
Namensherkunft
Ich habe bisher nichts dazu gefunden, was die Bezeichnungen der verschiedenen Tefifone bedeuten könnten. Naheliegend scheint mir, dass HS die Abkürzung für "Heimsender" ist - denn so bezeichnete Tefi seine Schallbandspieler. Durch die Bezeichnung sollte wohl Otto-Normalbürger verständlich gemacht werden, was diese Erweiterung zu Radiogeräten macht und wozu sie gut ist: Bei bestehenden Radiosendern hatte man keinen Einfluss auf den Inhalt. Mit einem "Heimsender" hingegen konnte man sein eigenes Programm senden und im Radio das hören, worauf man gerade Lust hatte.
Warum restauriere ich ein HS?
Wie wohl bei den meisten Tefi-Fans hat meine Bastler-Karriere im Tefi-Bereich mit dem KC-1 begonnen. Der Markt ist voll von KC-1 Chassis, die einen ausreichend guten Zustand aufweisen, um sie mit wenig Aufwand funktionsfähig zu kriegen. Doch ich wollte auch mal wieder Neuland erkunden und dabei die mit dem KC-1 gemachten Erfahrungen nutzen. Das HS kam mir da gerade Recht, denn während das KC-1 auf 19cm/s festgelegt ist (Umbauten einzelner Forums-Kollegen jetzt mal ausgenommen), eröffnet mir das HS die Wiedergabe von Schnellläufern. Das HS ist zusammen mit dem HS-AT (zu dem ich im nächsten Beitrag einen kleinen Exkurs machen werde) das universellste Tefifon, das es gibt.
Auch interessiert mich die technische Entwicklung der Tefifone: Gegenüber dem allseits bekannten KC-1 gehen wir zwei Schritte in der Entwicklung zurück (das HS-19 liegt noch dazwischen) und sehen wie die Technik zwei Generationen vorher gestaltet war.
Häufige Fehler beim HS
Wenn man sich den Markt an Geräten ansieht, dann sind nach nunmehr fast 7 Jahrzehnten folgende Fehler bei den meisten Chassis anzufinden:
Daneben sind natürlich alle Lager trocken und verharzt. Gerne fehlen auch Kappen oder Knöpfe, oder sie sind gebrochen.
Diese Fehler sind so auch bei den nahe Verwandten Chassis B51, STS, HS-AT und HS-19 vorzufinden.
Der Ausgangspunkt für meine Restaurierung
HS-Chassis kriegt kann man heutzutage zuhauf für günstiges Geld erstehen, indem man sich in den bekannten Quellen mal nach Radios mit Schallbandspieler umsieht. Das M 540 wird einem fast nachgeworfen, was sicher daran liegt dass es nicht sonderlich schön und i.d.R. ganz einfach defekt ist. Mein HS-Chassis habe ich aber letztes Jahr von einem Sammler erworben, der seine überquellende Sammlung restaurierungsbedürftiger Chassis reduzieren wollte. Es ist bewusst kein Chassis, das als "quasi intakt" bezeichnet werden konnte, sondern es war stark gealtert und hilfsbedürftig. Das Genick des Tonarms war hier in Ordnung, aber ansonsten lagen natürlich alle oben beschriebenen Gebrechen vor und es fehlten auch ein paar Teile.
Leider habe ich einen ganz entscheidenden Fehler gemacht: ich habe kein einziges, gutes Foto des Chassis im Ausgangszustand, mit dem man dann auch einen vorher-nachher-Vergleich machen könnte. Daran lässt sich jetzt aber nichts mehr ändern, und deshalb müssen diese beiden Bilder für einen groben Eindruck genügen:
[attachment=102682] [attachment=102683]
Das Gerät trägt die Seriennummer 11718:
[attachment=102681]
Wer genau hinschaut sieht rechts auch noch einen Prüfstempel "4AAbb". Dieser ist identisch zu den Prüfstempeln auf Tefi-Kassetten aufgebaut und bestätigt mit der "4" das Produktionsjahr 1954 für das Chassis.
An dieser Stelle beende ich das erste Kapitel meines Berichts mit einem kleinen Aufruf: Wer sich in nächster Zeit Tefi-Chassis (egal welchen Typs) von unten ansieht, möge doch bitte die Seriennummer notieren und mir als PN zuschicken. Wenn wir genügend Seriennummern zusammenkriegen, dann können wir mit statistischen Methoden die grobe Anzahl produzierter Chassis ermitteln (Stichwort: "German tank problem").
Einleitung
Über die letzten Monate hinweg habe ich mich unter anderem sehr intensiv mit der Restaurierung eines Tefi HS Chassis beschäftigt. Inspirierts von Achims Thread zur Totalrestaurierung des KC-1 möchte ich hier nun auch relativ detailliert über die verschiedenen Bausteine des Projekts berichten. Das Ganze soll verschiedenen Zwecken dienen:
- Inspiration zum Nachmachen
- Anregung zur Nutzung der angewandten Techniken bei anderen Projekten
- Gelegenheit für mich zur Reflektion und zum Sammeln von Feedback, sowie von Tipps und Anregungen (Diskussions-Thread!)
- Dokumentation für mich, damit ich mir beim nächsten Projekt nicht wieder alles neu überlegen muss, weil ich es längst vergessen habe
- Werbung für Tefifone als interessante Sammler- und Restaurationsobjekte
Und auch wer einfach nur gerne solche Berichte liest, darf sich über die nächsten Wochen hinweg auf mehrere Bildschirmseiten Lektüre freuen :-)
Über das Tefifon HS
Das HS ist 1954 als Nachfolger des B51 und STS erschienen. Die wichtigste Neuerung war die Unterstützung einer niedrigeren Bandgeschwindigkeit: Während das B51 und das STS ausschließlich sogenannte Schnellläufer-Kassetten mit 45,6cm/s wiedergeben konnten, war das HS mit einer Umschaltung von 45,6cm/s auf 19cm/s ausgestattet.
Ein Chassis in sehr gutem Erhaltungszustand sieht heute so aus:
[attachment=102684]
Dass sich der Eigentümer dieses HS mit Tefifionen auskennt ist übrigens daran zu erkennen, dass der Geschwindigkeitswähler links oben zwischen die beiden Positionen 19 und 45 gestellt ist: Hierdurch wird einem "Standplatten" vorgebeugt, indem das Zwischenrad abgehoben ist und der Gummi entlastet wird. Das schauen wir uns in einem späteren Beitrag noch sehr viel genauer an.
Die Grundplatte des HS scheint identisch mit derjenigen seiner Vorgänger. Wie schon beim STS ist das Abdeckblech ganz nach unten bis unter die Drehknöpfe gezogen. Die Drehknöpfe dienen für die Geschwindigkeitseinstellung und zum Anschwenken des Tonkopfs. Entfallen ist die Lichtzeiger-Skala unten in der Mitte: Sie wurde durch einen Lichtzeiger ersetzt, der unter dem Chassis nach vorne projiziert, wodurch die Bandposition auch bei Gehäuseeinbau von außen ablesbar wird. Die zuvor für die Skala genutzte Öffnung in der Mitte der Grundplatte ist durch das Abdeckblech verschlossen und mit dem Tefifon-Schriftzug verziert.
Namensherkunft
Ich habe bisher nichts dazu gefunden, was die Bezeichnungen der verschiedenen Tefifone bedeuten könnten. Naheliegend scheint mir, dass HS die Abkürzung für "Heimsender" ist - denn so bezeichnete Tefi seine Schallbandspieler. Durch die Bezeichnung sollte wohl Otto-Normalbürger verständlich gemacht werden, was diese Erweiterung zu Radiogeräten macht und wozu sie gut ist: Bei bestehenden Radiosendern hatte man keinen Einfluss auf den Inhalt. Mit einem "Heimsender" hingegen konnte man sein eigenes Programm senden und im Radio das hören, worauf man gerade Lust hatte.
Warum restauriere ich ein HS?
Wie wohl bei den meisten Tefi-Fans hat meine Bastler-Karriere im Tefi-Bereich mit dem KC-1 begonnen. Der Markt ist voll von KC-1 Chassis, die einen ausreichend guten Zustand aufweisen, um sie mit wenig Aufwand funktionsfähig zu kriegen. Doch ich wollte auch mal wieder Neuland erkunden und dabei die mit dem KC-1 gemachten Erfahrungen nutzen. Das HS kam mir da gerade Recht, denn während das KC-1 auf 19cm/s festgelegt ist (Umbauten einzelner Forums-Kollegen jetzt mal ausgenommen), eröffnet mir das HS die Wiedergabe von Schnellläufern. Das HS ist zusammen mit dem HS-AT (zu dem ich im nächsten Beitrag einen kleinen Exkurs machen werde) das universellste Tefifon, das es gibt.
Auch interessiert mich die technische Entwicklung der Tefifone: Gegenüber dem allseits bekannten KC-1 gehen wir zwei Schritte in der Entwicklung zurück (das HS-19 liegt noch dazwischen) und sehen wie die Technik zwei Generationen vorher gestaltet war.
Häufige Fehler beim HS
Wenn man sich den Markt an Geräten ansieht, dann sind nach nunmehr fast 7 Jahrzehnten folgende Fehler bei den meisten Chassis anzufinden:
- Das System TC-12 ist defekt, weil sich der Kristall aufgelöst hat:
[attachment=102680]
- Das Zwischenrad ("Reibrad") ist ausgehärtet und porös, so dass der Antrieb nicht mehr funktioniert oder zumindest sehr laut ist:
[attachment=102679]
- Die Gummis der Andruck- und Führungsrolle sind defekt:
[attachment=102686]
- Seltener, aber doch recht oft: Der Tonkopf als Schwachstelle hat Genickbruch erlitten:
[attachment=102685]
Daneben sind natürlich alle Lager trocken und verharzt. Gerne fehlen auch Kappen oder Knöpfe, oder sie sind gebrochen.
Diese Fehler sind so auch bei den nahe Verwandten Chassis B51, STS, HS-AT und HS-19 vorzufinden.
Der Ausgangspunkt für meine Restaurierung
HS-Chassis kriegt kann man heutzutage zuhauf für günstiges Geld erstehen, indem man sich in den bekannten Quellen mal nach Radios mit Schallbandspieler umsieht. Das M 540 wird einem fast nachgeworfen, was sicher daran liegt dass es nicht sonderlich schön und i.d.R. ganz einfach defekt ist. Mein HS-Chassis habe ich aber letztes Jahr von einem Sammler erworben, der seine überquellende Sammlung restaurierungsbedürftiger Chassis reduzieren wollte. Es ist bewusst kein Chassis, das als "quasi intakt" bezeichnet werden konnte, sondern es war stark gealtert und hilfsbedürftig. Das Genick des Tonarms war hier in Ordnung, aber ansonsten lagen natürlich alle oben beschriebenen Gebrechen vor und es fehlten auch ein paar Teile.
Leider habe ich einen ganz entscheidenden Fehler gemacht: ich habe kein einziges, gutes Foto des Chassis im Ausgangszustand, mit dem man dann auch einen vorher-nachher-Vergleich machen könnte. Daran lässt sich jetzt aber nichts mehr ändern, und deshalb müssen diese beiden Bilder für einen groben Eindruck genügen:
[attachment=102682] [attachment=102683]
Das Gerät trägt die Seriennummer 11718:
[attachment=102681]
Wer genau hinschaut sieht rechts auch noch einen Prüfstempel "4AAbb". Dieser ist identisch zu den Prüfstempeln auf Tefi-Kassetten aufgebaut und bestätigt mit der "4" das Produktionsjahr 1954 für das Chassis.
An dieser Stelle beende ich das erste Kapitel meines Berichts mit einem kleinen Aufruf: Wer sich in nächster Zeit Tefi-Chassis (egal welchen Typs) von unten ansieht, möge doch bitte die Seriennummer notieren und mir als PN zuschicken. Wenn wir genügend Seriennummern zusammenkriegen, dann können wir mit statistischen Methoden die grobe Anzahl produzierter Chassis ermitteln (Stichwort: "German tank problem").