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LOEWE-OPTA 3532E UKW Pendelempfänger (1950)
#1
Hallo zusammen,

ich möchte mit diesem Löwe Einbaugerät für UKW ein Empfängerprinzip vorstellen, das heute als historisch anzusehen  und nur noch wenigen bekannt ist, aber in den Anfangsjahren des UKW-Rundfunks in der Bundesrepublik die Eintrittstür für viele in den UKW-Empfang öffnete.  AM/FM-Superhet-Empfänger waren um 1950 rar gesät und für die allermeisten zu teuer. Der AM-Empfang auf den alten Empfängern war störungsanfällig und so bot sich in dieser Zeit an, den Gerätebestand per preiswertem Einbau- oder Vorsatzgerät für die neue Welle fit zumachen. 
Um 1950 brachte Telefunken eine Röhre auf den Markt, die eine ganze Reihe von Herstellern für die Entwicklung solcher Geräte nutzten. Die Stahlröhre ECF12 war UKW-tauglich und enthielt zwei Systeme: eine Pentode und eine Triode mit hoher Steilheit.

Loewe-Opta verkaufte das Einbaugerät für 43 DM, um vieles billiger als die ersten Superhet-Vorsätze. Ein Exemplar dieses Typs 3532E im Originalzustand möchte ich hier vorstellen.

Hier zunächst die Stammdaten:

Schaltungsprinzip ........ UKW-Pendel-Empfänger (Super-Regenerativ-Empfänger)
Hersteller...................... LOEWE-OPTA, Berlin
Herstelljahr ................. 1950 (ohne Seriennummer)
Anzahl Kreise ............... 2 Kreis(e) FM
Wellenbereiche ............ UKW 87 - 100 MHz
Empfindlichkeit ............ <= 100 uV
Nf-Spannung .............. 50-100 mV
Störstrahlung ............. < 150 uV
Ausstattung ............... Einbaugerät für Loewe_Opta (Ohne Umschalter für Opta 1651W Sonatine und Opta 1651 W und 2651W Sonate) und Fremdgeräte
Spannungsversorgung 250 V Wechsel- oder Gleichspannungsspeisung
Leistungsaufnahme .... ca. 4 Watt
Abmessungen (BxHxT) 152 x 108 x 56 mm
damaliger Preis ........... 43,- DM
Röhre ........................... ECF12 bzw. UCF12 (nur als Stahlröhre)
ähnliche Typen ............Telefunken UKW 1C, Nordmende UKW E-1, Krefft UKW E, SABA UKW Z

Bei dem Gerät handelt es sich um eine handliche,  verkupferte Blechbox mit nur wenigen Ein-und Ausgängen. Alle Teile sind geschirmt. Neben dem Dipoleingang gab es 3 Leitungen für Heizung und Anode sowie eine geschirmte Leitung für den NF-Ausgang. Zur Betätigung der Variometerabstimmung wurde ein Seilzug an dem im Bild sichtbaren Hebel angebracht und mit der Drehkoachse gekoppelt, auch das flexible Masseband war am Drehkogehäuse angeschlossen. Das Folgebild zeigt, wie das Gerät bei mir ankam: 

   

Eine Besonderheit ist die hf-dichte Fassung der ECF12, die selbst einen Silberbelag am Randwulst hat, in den der Messing-Schraubring der runden Fassung  aufdrückt.

   

Das räudige Äußere der Röhre täuscht: sie hat sich auf dem Prüfstand als vital erwiesen. Zum Dank erhielt sie eine neue Lackierung und einen blinkenden Schraubring.

   

Im geöffneten Zustand sieht man, wie HF-Schaltungen in dieser Zeit frei verdrahtet wurden. Die großen Luftspulen (CuL 1,6 mm!) sind auf Pertinaxröhrchen bzw Trolitul-Spulenkörper fixiert. Für die Kondensatoren wurden - mit zwei Ausnahmen - hochwertige Ausführungen aus Keramik und Styroflex eingesetzt. Die Hochohm-Widerstände sind alle noch werthaltig und der Elko ist weiterhin nutzbar.

Schaltplan

   

Der Eingangskreis ist nach den vorgefundenen Gegebenheiten im Gerät umgezeichnet, das Schaltbild von Lange-Nowisch enthält noch eine Zuleitung für eine - 1,5V-Gittervorspannung.

Schaltung

Das Schaltbild wirkt simpel, hat aber Eigenheiten, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen. Zunächst sieht man eine symmetrische Antennenspule mit den Impedanzen 240 bzw 70 Ohm, an die äußeren Kontakte ist ein Schleifendipol anzuschließen.
Die Pentode wirkt zunächst als HF-Verstärker, sie verhindert aber auch zugleich die Abstrahlung der von der Triode ausgehenden Schwingungen.
Die Triode ist ein eng rückgekoppelter Dreipunkt-Oszillator. Der Arbeitspunkt der Triode ist nicht stabil, sondern bewegt sich im Takt einer niederfrequenten Pendelschwingung (um 20 kHz), die von Lade-/Entladevorgängen des Zeitglieds C6 /R7 hervorgerufen wird. Solange C6 entlädt, ist die Gittervorspannung negativ (aufsteigende Sägezahnflanke) und die Triode sperrt. An einem Punkt reißt die Pendelschwingung ab, innerhalb eines Zeitfensters um diesen Schwingungsabriß schaltet die Triode und verstärkt das HF-Signal, der abgestimmte Oszillatorkreis wird angeregt und der Ladevorgang beginnt von neuem.
Bei einer leichten Verstimmung des Kreises erzeugt der Flankendetektor ein NF-Signal, das nach Durchlaufen eines Tiefpasses nach außen gegeben wird.
Die hohe Empfindlichkeit bringt es mit sich, dass dieser Empfängertyp ohne Sendersignal stark rauscht (Armstrong-Rauschen), erst bei einem deutlichen Abstand des Sendersignals tritt das Rauschen zurück. Ein korrekt eingestellter, starker Sender zeigt kein Rauschen.

Vorteile: ähnlich hohe Empfindlichkeit wie beim Rückkopplungsaudion bei Ein-Knopf-Bedienung. Die Einstellung an zwei Knöpfen entfällt.

FM-Empfang mit äußerst geringem Aufwand an Komponenten, daher preisgünstig.
Nachteile: Hoher Antennenpegel notwendig, wenig Selektivität, geringe Trennschärfe, sensible Abstimmung, beschränkter Audiofrequenzgang.

Inbetriebnahme

Mit einem Röhrennetzteil zunächst ohne Röhre den Strombedarf prüfen. Mit 10 mA erschien dieser zu hoch. Als Ursache zeigte sich wieder einmal erhöhter Leckstrom an Papierkondensatoren. Nach Austausch von C11 und C25  und eingesteckter Röhre zog die gesamte Schaltung wie vorgegeben exakt 9 mA bei 242 V. Mit dem Heizstrom zusammen ergibt sich ein Leistungsbedarf von ca. 4 W, den jeder AM-Röhrenempfänger zusätzlich wird liefern können.

Aufwecken

An einem Röhrennetzteil wurde die Anodenspannung langsam hochgefahren. Das typische Rauschen der Pendelempfänger beginnt bereits ab 75 V an der Netzanode und schwillt kräftig an bei 240V. Mit dem Hebel an der Schubstange kann man versuchen, Empfangsstellen zu finden. Der Ortsender kommt dann (hoffentlich) klar und voll, ohne Rauschen, entferntere Sender sind mit Rauschen hinterlegt und zeigen Fading. Außerdem ist das Abstimm-Optimum sehr schmal, wie man es von einem Flankendetektor her kennt.

Pfeifstörungen
Interferenzen mit RDS oder Stereo->Pilotton zeigte dieses Gerät nicht. Auch mit dem modernen UKW-Signal kann also ein Pendelempfänger zurechtkommen. Sollten diese Störungen auftreten, kann es helfen, die Pendelfrequenz geringfügig so zu ändern, daß Interferenzen in den nichthörbaren Bereich verschoben werden.

Störpegel

Der Dipol des laufenden Vorsatzgerätes wurde eng an die Antenne eines SABA Lindau G gelegt und auf den Ortsender abgestimmt. Beim Durchstimmen des Lindau sind einige stärker verrauschte Stellen aufgefallen, aber alle empfangenen Sender wurden klar und unverzerrt wiedergegeben. Der Vorsatz seinerseits ist empfindlich gegen eingestreute Brummspannungen von Steckernetzteilen.

Fazit:
Man sollte dieses Gerät mit dem Maßstab messen, gegen den es vor über 70 Jahren angetreten ist. Die Geräte sind nicht mehr nach heutigen Maßstäben alltagstauglich. Es ist ein historischer Beleg, dass um 1950 ein annehmbarer FM-Empfang mit einfachen Mitteln bei geringen Kosten für einen Kreis von Hörern möglich war, die in ihrer näheren Umgebung eine der noch wenigen FM-Sendestationen nutzen konnten. Die Empfangsqualität lag deutlich über der der störempfindlichen Mittelwellensender. Stellt man einen der 2 Jahre später erschienenen Einbausuper daneben und vergleicht den Höreindruck, kann man einen frappierenden Qualitätsunterschied feststellen. Den Pendlern fehlt es an Audiobandbreite und Dynamik, was sich in einem Mangel an Transparenz und Volumen ausdrückt.

   

So sieht der Vorsatz nach kurzer Instandsetzung und komplettiert für den Einbau in ein passendes AM-Gerät aus.

Das Thema Pendelempfänger konnte hier nur angeschnitten werden. Für diejenigen, der sich in weitere Details vertiefen wollen, gibt es hier Literaturhinweise, weitere Fotos und Infos.
Viele Grüße, Karl-Heinz
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#2
Hallo Karl-Heinz,

danke für den interessanten Bericht.

Ich habe auch noch ein paar Pendelempfänger, von verschiedenen Herstellern, in der Ecke liegen,
vielleicht beschäftige ich mich mal mit ihnen,
zumal sich ein kräftiger UKW-Sender (Nordhelle) in Sichtweite befindet.

Jedenfalls wird mir dieser Thread, für eine spätere Reparatur recht hilfreich sein...

Viele Grüße,
Rolf
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#3
Hallo Karl-Heinz,

Ich habe auch mal mit einem Pendelempfänger experimentiert:
https://radio-bastler.de/forum/showthrea...ht=Saba+s5
(Kommt nach dem Saba).

Sooo schlecht gehen die nicht. Klar, die stören die ganze Nachbarschaft, aber sie können durchaus mehr, als den Ortssender.  Smiley20

Viele Grüße,
Axel Smile
Womit fährt der Norweger zur Mittagspause...?
...Na mit einem Fjord Siesta! Wink
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#4
Servus,
So ein Teil habe ich hier auch noch, einen Lorenz UKW FM mit 2 STück UCH71 als Allströmer. Und funktioniert bestens, empfängt jede Menge Sender, ist auch klar, bei uns sind alle Sender zwischen 300m und 1500 m entfernt als Repeater auf den Handymasten montiert.

Näheres hier:

https://www.radiomuseum.org/r/lorenz_ukw_vorsatz.html

Sind sowieso alles meine Fotos dort. Mein Gerät ist von 1950.
Gruss, Volker
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#5
Hallo Karl-Heinz,

Dein interessanter, umfangreicher Bericht hat in mir das Interesse geweckt, auch einmal einen UKW-Pendler in Betrieb zu nehmen.
Ich habe den "ULEI52" von Lorenz nur gereinigt und vorübergehend in einen Glaskasten gelegt.
Bis Anfang November ist er in der Ausstellung "100 Jahre Rundfunk" im Museumshof Chörau zu sehen.
In dem Glaskasten ist außerdem die HÜTTER UKW-Box II mit Originalverpackung.


.jpg   UKW-Pendler.jpg (Größe: 122,36 KB / Downloads: 308)
Gruß Gerald
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#6
Hallo zusammen,

euer Feedback freut mich und ich bin gespannt auf eure Berichte zum Wiederbeleben eurer Pendelempfänger. Mache gerne mit, wenn die Inbetriebnahme mal nicht auf Anhieb gelingt.

Wenn ich früher mal ein Radiomuseum besuchte, hatte es mich immer gereizt, die Geräte aus der der Frühzeit - hier UKW - einmal live zu hören. Das wird selten geboten.  Wenns mein handy hergibt, hänge ich eine Hörprobe an diesen Bericht, wie sich das Abstimmen eines Pendlers gestaltet.

Natürlich hängt es sehr von den örtlichen Gegebenheiten ab, was und wie gut das Gerät empfängt. Volker hat mit seinem schönen Gerät da natürlich den Vogel abgeschossen, wenn er einen Umsetzer oben am Berg stehen hat. Daher gehen die Meinungen an dem Punkt Empfang auseinander.

Häufig lese ich die pauschale Aussage, dass Pendler die "ganze Nachbarschaft" stören. Ich kann das an dem Loewe-Gerät so nicht bestätigen.  Ein SABA Lindau hatte in unmittelbarer Nähe ungestörten Empfang.  Wenn ein gekapseltes Gerät mit Vorstufe stark streut, sollte man das genauer messen und untersuchen. Natürlich muß das Gehäuse geschlossen sein und die Siebmittel in Funktion :-)

Aus der Funk-Geschichte Heft 13 von 1950 habe ich eine Übersicht über die damals verfügbaren UKW-Pendler von Karl Tetzner.  Mein Favorit ist der knuffige Telefunken 1C (habe ich selber nicht) wegen seinem fortschrittlichen Aufbau im maßgeschneiderten Spritzgußgehäuse. Dieses Modell hat übrigens noch eine Reflexschaltung, mit der die Pentode neben der HF auch die gewonnene NF nochmals verstärkt.
Viele Grüße, Karl-Heinz
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#7
Hallo Karl-Heinz 

Von mir noch der Originalplan von Loewe

   

   

Nette Grüße - Alfons
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#8
Herzlichen Dank Alfons!
Was das Internet nicht hat, dein Archiv hats Thumbs_up
Viele Grüße, Karl-Heinz
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#9
Nettes Thema, Karl-Heinz. Danke dafür. Hatte auch schon mal zwei alte Pendler von Grundig und Philips zum neuen Leben erweckt. Damit kann man sich so richtig schön in die Frühzeit von UKW beamen.
Zu deinem letzten Beitrag: du meinst sicher die Funk-Technik aus 1950.
@Volker: dein Lorenz ist aber schon ein Super laut radiomuseum.org. Hier geht es wohl eher um Pendler.

Grüße
Frank
Grüße

Frank
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#10
Servus,
Stimmt, mein Gerät ist kein Pendler mehr sondern ein echter Super Vorsatz. Habe ich auch gerade erst festgestellt.
Gruss, Volker
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#11
@Frank: natürlich habe ich Funk-Technik gemeint, aber die ist ja auch irgendwie Geschichte Sleepy
Viele Grüße, Karl-Heinz
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#12
(23.06.2023, 11:33)EQ80 schrieb: @Volker: dein Lorenz ist aber schon ein Super laut radiomuseum.org. Hier geht es wohl eher um Pendler.

Na na,
Könnte es sein, das die ZF Stufe des Lorenz ein Pendler ist?

Viele Grüße,
Axel Smile
Womit fährt der Norweger zur Mittagspause...?
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