Gestern kam das Gehäuse wieder nach Hause. Die Frischzellenkur ist ihm ganz gut bekommen. Die Montage der Schallwand war etwas knifflig, ging aber letzten Endes glatt über die Bühne.
Am Abend konnte ich mich dann endlich dem Skalenhintergrund widmen. Der alte, brüchige Lack ließ sich schnell runterschleifen. Etwas Filler aus der Sprühdose, etwas Heißluftföhn und eine Deckschicht hellelfenbeinfarbener Lack (ebenfalls aus der Dose) und der alte Glanz war wieder hergestellt.
Als nächstes sollte die Skalenkulisse wieder beseilt werden. Die Seilpläne, die ich von Jupp (Saarfranzose) bekam allein, halfen mir nicht weiter. Die Fotos vom Urzustand brachten Licht ins Dunkel. Das UKW-Seil war der schlimmste Teil. Doch bevor ich mich dem Skalenantrieb widmete zog ich erst die Kulissen der Klangregelpotis auf. Wie sich später noch herausstellen sollte, war dies nicht die einzige unausgereifte Konstruktion an dem Gerät. Die eine Hälfte des Seils, muss einmal um die Poti-Achse gewickelt werden, die andere nicht. Das Seil ist "endlos", hat also keine Feder und keine Öse zum Öffnen.
Bis ich wieder verstand wie das zusammengehörte, was ich selbst abgebaut hatte... Nach einer halben Stunde war diese Hürde gemeistert. Im Vergleich zu den folgenden Arbeiten sollte sich diese Hürde jedoch als ziemlich mickrig erweisen.
Das UKW-Skalenseil ist nicht geteilt. Die Nadel ist angeklebt, der Seilanfang wird mit einer Feder und das Seilende mit einem Haken in die Klauen im Seilrad am Drehko eingehängt.
Laut Plan soll man mit der Feder beginnen. Diesen Sinn verstehe ich nicht: Da hängt man nun also die Feder ein, zieht den Draht zwischen Blechen und Stegen hinter Streben und Schrauben hindurch, wickelt ihn anderthalbmal um die Antriebsachse, zieht ihn über die Skalenkulisse um eine Umlenkrolle zurück zum Drehko-Seilrad. Dann soll man den Draht spannen. Aber wie soll das gehen, wenn die Feder am Anfang des Seils ist und man über mehrere Umlenkpunkte das Seil, bis zur Feder zurück, strammziehen soll?!?!
Nachdem ich in einem Anfall brachialer Verzweiflung das Seil wutentbrannt herausgerissen hatte, weil der fünhundertelfundneuzigste Versuch des Aufziehens scheiterte, brach ich die Arbeit irgendwann zwischen 0:00 Uhr und 1:00 Uhr ab.
Heute morgen um 7:00 Uhr versuchte ich es nochmal ganz von vorn. Die finale Lösung: Das Seil ist zweigeteilt, wird starr und ohne Federn am Seilrad eingehängt und direkt neben der Anzeigenadel mittels zweier Ösen durch eine Feder verbunden, die nun die nötige Seilspannung liefert.
Dabei stellte sich die linke Umlenkrolle am Skalenrand im wahrsten Sinne des Wortes quer: Die Rolle ist von der Gehäusefront betrachtet liegend angeordnet, das Seil kommt aber nicht waagrecht sondern von rechts nach links fallend. Nach langen fehlerfreien Tests sprang das Seil zweimal von der Rolle. Schließlich ließ sich die Rolle so ausrichten das ihr Winkel nicht mehr kritisch ist. Eine vorhandene Blechlasche neben der Rolle, die über dem Seil liegt und scheinbar werksseitig nach hinten umgebogen wurde, dient jetzt als Umlenkung des Seils, da es eine leichte Winkeländerung von 3-5 Grad bewirkt. Als Scheuerschutz dient hauchdünnes Alublech aus einem Teelicht-Becher - wenigstens dazu sind diese Dinger gut!
Das Seil des AM-Bereichs lag zwar im Gehäuse, die Nadel jedoch fehlte. Ich ersetzte das Seil durch neues Material, da das alte Seil mehrfach verknotet war. Diese Arbeit ging ganz einfach von der Hand.
Als Nadel wählte ich 1,5mm² Kupferdraht, der entsprechend abgewinkelt und gebogen leicht einzubauen war. Statt roten Lack aufzupinseln, wählte ich rote Adernisolierung.
Eine weitere konstruktive Umständlichkeit ist die Anordnung der Skalenseile an sich:
Auf der Skala hat man den UKW-Bereich an den oberen Rand gelegt, die AM-Bereiche logischerweise darunter. Die Seile der beiden Bereiche legten die Konstrukteure allerdings umgekehrt! Das heißt, dass die beiden Anzeigenadeln sich kreuzen. Man ist dem Problem zwar aus dem Weg gegangen, in dem die AM-Nadel vor der UKW-Nadel vorbei läuft, dies lässt jedoch den Umstand zu, dass beide Nadeln übereinander stehen können, die AM-Nadel also die UKW-Nadel überdeckt. Dazu kommt, dass die AM-Nadel auch im UKW-Bereich zu sehen ist. Daher habe ich im UKW-Sichtbereich auf die Nadel ein Stück weiße Adernisolierung aufgeschoben.
Das Seil der Peilantenne soll als nächstes an seinen Platz. Dann ist auch das Kapitel erledigt.
von der UKW-Nadel sieht man durch das Skalenglas später übrigens nur den Teil unterhalb des Seils
Anmerkung: Wenn ich an Skalenseilen Schlaufen anlegen möchte, schließe ich diese nicht mehr mittels Knoten, das ist zu ungenau. Ich verwende Adernendhülsen, die ich mit einer Miniatur-Rundzange quer zweifach quetsche. Das hat den Vorteil das sie sich wieder aufdrücken lassen, wenn die Schlaufe nochmal verschoben werden muss.
Das Chassis braucht noch drei neue Kondensatoren. Die anderen sind ja schon getauscht. Außerdem müssen die beiden abgebrannten Widerstände im Schaltplan lokalisiert und erneuert werden. Danach steht dem Zusammenbau nichts mehr im Wege.
Ich befürchte, dass, in Anbetracht der starken Gebrauchsspuren, auch Röhren fällig sind. Das wird der Testlauf und die Messungen zeigen.
Fortsetzung folgt...